Predigten von Pfarrer Stefan Wagener            -Ev. Kirchengemeinde Bechtelsberg-


PRedigt 26.06.2022

Predigt: Jona 3,1-10 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

26.06.2022

 

Sonntag: 2. Sonntag Nach Trinitatis

Wochenspruch: „Kommt her alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. (Mat.11,28)

Lesung: Lk.14,(15)16-24 Das große Abendmahl

Wochenpsalm: Psalm 37/ EG 7720

 

Lied: EG 277,1-5 Herr, deine Güte reicht ….

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Jona 3,1-10 Jonas Predigt und Ninives Buße

3,1 Und es geschah das Wort des HERRN zum zweiten Mal zu Jona: 2 Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!

3 Da machte sich Jona auf und ging hin nach Ninive, wie der HERR gesagt hatte. Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tagereisen groß. 4 Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. 5 Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und riefen ein Fasten aus und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.

6 Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche 7 und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe etwas zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; 8 und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und heftig zu Gott rufen. Und ein jeder kehre um von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände!

9aWer weiß, ob Gott nicht umkehrt und es ihn reut und er sich abwendet von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. 10 Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat's nicht.

 

Gott ruft uns zur Umkehr

 

Liebe Gemeinde,

 

der Wochenspruch dieser Woche gibt das Thema des Gottesdienstes. Gott ruft uns. Ruft uns zur Umkehr zu ihm. Jesus ruft die Menschen zu sich im Auftrag Gottes, indem er uns zuruft: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt.11,28) Nach einer moderneren Übersetzung heißt es: „Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch abmüht und belastet seid! Ich will euch Ruhe schenken.“ (BasisBibel)

Gott ruft uns! Christus ruft uns! Können wir uns das vorstellen? Haben wir schon einmal den Ruf Gottes vernommen?

 

Für viele von uns ist Gott schweigsam geworden. Gottes Stimme wird nicht mehr gehört. Das ist die Erfahrung unserer Zeit. Wir haben vermutlich auch verlernt auf Gott zu hören. Die vielen Stimmen und das, was auf uns einströmt, verdeckt oft die Stimme Gottes in unserem Alltag.

 

Wir können es selbst prüfen, wann ist es bei uns wirklich still? Wie oft läuft das Radio oder der Fernseher in unserem Alltag. Erst gestern habe ich auf meine Tochter im Auto gewartet. Ich hatte mir ein Buch mitgenommen und wollte die Wartezeit mit Lesen verbringen. Neben mir wartete auch eine Person im Auto. Sie ließ lange Zeit das Radio laufen. Es war warm. Bei mir und bei ihr waren die Fenster heruntergekurbelt. Ich brauchte Zeit, um mich wieder auf das Lesen zu konzentrieren und hatte schon überlegt, mein Auto woanders hinzufahren, damit ich von der Musik nicht gestört werde. So ist unser Alltag. Wir sind ständig Geräuschen ausgesetzt. Stille gibt es selten.

 

Dagegen hat man den Eindruck, dass die Bibel eine ganz andere Welt ist. Dort redet Gott mit den Menschen. Er sendet Propheten und Engel und spricht zu den Menschen. So ist es auch in unserem Predigttext. Der Prophet Jona predigt den Menschen in der Stadt Ninive.

 

Jona kennen wir vielleicht. Bestimmt haben wir von ihm gehört. Im Kindergottesdienst wird diese Geschichte gerne erzählt. Es ist der Prophet, der den Auftrag von Gott bekommt, den Untergang der Stadt Ninive den Menschen dort anzusagen, weil die Stadt so böse ist. Jona aber will diesen Auftrag nicht ausführen und er flieht vor Gott. Er findet ein Schiff, das ihn genau in die entgegengesetzte Richtung mitnimmt. Mitten auf dem Meer erfasst ein Sturm das Schiff. Das Schiff droht zu sinken, obwohl alle Ladung über Bord geworfen wird. Zuletzt fragen sich die Matrosen, wer ist schuld an diesem Unglück? Das Los fällt auf Jona und sie werfen ihn auf sein Geheiß hin ins Meer. Augenblicklich beruhigt sich der Sturm und die heidnischen Matrosen sind erschrocken und beten den Gott von Jona an.

 

Jona versinkt in das aufgewühlte Meer und wird von einem Fisch verschluckt. Drei Tage ist er im Fisch. Eindrücklich sind diese Erfahrung und das Gebet von Jona im Bauch des Fisches im 2. Kapitel überliefert. Nach drei Tagen spie der Fisch Jona auf das Land und er geht nach Ninive. Dort predigt er den Menschen in der Stadt. Das ist unser Predigttext heute.

 

Ninive ist die Hauptstadt von Assyrien. Das erste Großreich, das sich vom heutigen Irak aus immer weiter nach Westen ausdehnte und an der Grenze zu Israel stand. Alle Königreiche wurden von der gewaltigen Armee der Assyrer hinweggefegt. Assyrien war berüchtigt für die Brutalität, mit der es die Feinde behandelte. Ein Schrecken ging vor ihm her. Kein Wunder, dass Jona keine große Lust verspürte in die Hauptstadt des Feindes zu gehen. Soll sie doch untergehen. Das konnte ihm und seinem Volk Israel nur Recht sein, wenn die verhasste Stadt vernichtet wird.

 

Die Berufung Jona zum Propheten erfolgte vermutlich in der Regierungszeit von Jerobeam II (787-747 v.Chr.). Israel ist in der damaligen Zeit schon im Machtbereich von Assyrien. Sie müssen Tribut zahlen. Noch können sie so ihre Selbstständigkeit bewahren.

Trotz der Bedrohung durch Assyrien ist die Erzählung vom Propheten Jona bemerkenswert. Nicht die grausame Göttin Ischtar und der Gott Midrasch der Assyrier, die die unterlegenen

Völker von nun an anbeten müssen, sind die Herren dieser Welt, sondern der Gott Israels, der sein Gericht durch seinen Propheten ankündigen lässt.

 

Jona geht in die Stadt, bis er das Zentrum erreicht hat und verkündigt die kurze und bedrohliche Botschaft Gottes: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“ (V.4)

Die Botschaft von Jona schlägt ein wie eine Bombe. Die Menschen hören ihm zu und die Botschaft erreicht den König. Als der König die Botschaft hört, legt er seinen Purpurmantel ab und zieht ein schlichtes Bußkleid an und bestreut sein Haupt mit Asche, als Zeichen der Trauer und Buße. Desgleichen befahl er auch allen Menschen der Stadt es ihm gleich zu tun und Mensch und Tier sollen fasten. Seine vage Hoffnung: „Wer weiß, ob Gott nicht umkehrt und es ihn gereut und sich abwendet von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.“ (V.9)

 

Und so geschieht das Unmögliche und am Ende heißt es: „Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat´s nicht.“ (V.10)

 

Gott gereute es. Er tat es nicht. Ist das Ausdruck der Schwäche Gottes? Dass er immer so schnell nachgibt und nachsichtig ist! Dass er nicht wahrmacht, was er androht! Genau das ist es, was Jona Gott vorwirft und warum er diesen Auftrag nicht ausführen wollte. Er hat es befürchtet, dass Gott „… gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich das Übel gereuen.“ (Jona 4,2) Doch Gott antwortet Jona: „ … mich sollte es nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts noch was links ist, dazu auch die Tiere?“ (Jona 4,11) Mit dieser Aussage Gottes endet das kleine Prophetenbuch Jona.

 

Die Geschichte von Jona wird von Jesus aufgenommen (vgl. Mt.12,38-41). Die Pharisäer wollen von Jesus ein Zeichen sehen, dass er der ist auf den sie warten. Jesus lehnt dies ab und verweist auf die Bürger von Ninive, welche nach den Gerichtsworten Jona Buße getan haben. Sie haben auf ihn gehört und haben das Gericht über die Stadt verhindert mit ihrer Buße und mit ihrem Fasten.

 

Wir wollen noch einmal genau betrachten, was Buße ist, warum Gott erbarmen hat mit der Stadt Ninive und sie nicht zerstört.

 

Buße heißt Umkehr zu Gott. Das heißt, mein Leben erfährt eine neue Ausrichtung. Die Richtung, die ich bisher eingeschlagen habe, führt von Gott weg. Gottes Rufen will bewirken, dass wir vom falschen Weg umkehren und uns wieder zu Gott hinwenden. Damit ist Buße nicht nur ein innerer Prozess, sondern beinhaltet auch Taten. Das heißt, dass was nicht gut ist, dass was mich von Gott wegbringt, dass lasse ich und tue das, was mich Gott näher bringt, was Gott gefällt und seinem Willen entspricht. Dieser ganze Prozess ist Buße, ist Umkehr.

 

Jesus selbst ist gekommen, um uns Menschen zur Umkehr zu rufen. Sein Auftrag fasst er selbst kurz und bündig zusammen in seiner ersten Predigt, nachdem er der Versuchung des Teufels in der Wüste widerstanden hat: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ (Mt.4,17)

 

Die Buße der Menschen in Ninive ist diese Umkehr ohne Wenn und Aber. Sie verhandeln nicht mit Gott, sondern fasten und ändern ihr Leben. Das rettet die Stadt. Das ist Kennzeichen echter Buße. Das Betroffen sein durch Gottes Wort. Das Erkennen, was nicht gut ist. Das bewirkt der Ruf Gottes an uns.

 

Liebe Gemeinde ich möchte sie ermutigen. Wenn sie Gottes Ruf vernehmen und sie erkennen, dass etwas zwischen ihnen und Gott nicht stimmt, dann wird es als Solches auch deutlich. Wenn wir nicht nach dem Willen Gottes Leben, wird es uns das Wort Gottes aufdecken. Dann ist es gut, wenn wir Gott um Vergebung bitten damit er uns die Kraft der Veränderung schenkt durch seinen Heiligen Geist.

 

Jeus will uns zur Buße, will uns zum Leben nach dem Willen Gottes ermutigen. Er erzählte einmal eine Geschichte von einem Sohn, der von seinem Vater sein Erbe fordert und dann sein Elternhaus verlässt. In der Fremde kommt er auf die schiefe Bahn, verprasst sein ganzes Erbe und zum Schluss landet er bei den Schweinen. Tief ist er gefallen. In diesem Elend gereute es ihn und er erinnert sich an seinen Vater und beschließt, ihn um Vergebung zu bitten. Als er sich seinem Vaterhaus nähert sieht der Vater ihn von Ferne und läuft seinen verlorenen Sohn entgegen und umarmt ihn und freut sich, dass er wieder da ist. Der Vater veranstaltet ein Freudenfest und setzt ihn wieder als Sohn ein. Diese Geschichte erzählt Jesus in Lk.15,11-32. Es ist die bekannte Geschichte vom verlorenen Sohn.

 

Sie ist eine Ermutigung an uns, wenn uns Gottes Wort trifft und bei uns aufdeckt, was Gott nicht gefällt. Er ruft uns zur Umkehr auf. Ich habe aber den Eindruck, dass wir heutzutage oft unser Verhalten entschuldigen oder gar rechtfertigen. Wir meinen, dass Gottes Wille nicht mehr zeitgemäß ist und sich unserer Zeit anpassen müsse. Wir beginnen allzu gerne mit Gott zu verhandeln.

 

Ich bin aber gewiss, dass Gott uns aufzeigt, was er meint und was zwischen ihm und uns steht. Wir werden im Gespräch und Hören auf Gott wissen, was Gott will oder nicht. Zuweilen kann es auch hilfreich sein mit einem gläubigen Christen darüber zu reden, um mehr Klarheit zu bekommen. Aber wenn es klar ist, dass mein Verhalten nicht dem Willen Gottes entspricht, dann soll ich mich davon abwenden und es sein lassen. Und Gott oder auch den Mitmenschen, an dem ich schuldig geworden bin, um Vergebung bitten.

 

Das ist kein leichter Weg, wenn uns unsere Schuld deutlich wird. Jesus ermutigt uns aber den Weg der Buße, der Umkehr, der Versöhnung zu gehen. Die Geschichte vom verlorenen Sohn will uns dazu ermutigen. Es wird für uns ein Segen sein und uns zum Heil führen. So wie damals die Menschen in Ninive, die mit ihrer Umkehr ihre Stadt vor der Zerstörung bewahrt haben.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: +135,1-3 So ist Versöhnung … / EG 353,1-4 Jesus nimmt die Sünder an …

 


Predigt 19.06.2022

Predigt: Lukas 16,19-31 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

Sonntag: 1. Sonntag nach Trinitatis

Wochenspruch: „Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich.“ (Lukas 10,16a)

Lesung: 1. Joh.4,(13-16a)16b-21 und Jeremia 23,16-29

Wochenpsalm: Psalm 119 / EG 748

 

Lied: 452,1-5 Er weck mich alle Morgen, …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Lukas 16,19-31 Vom Reichen Mann und armen Lazarus

16,19 Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. 20 Ein Armer aber mit Namen Lazarus lag vor seiner Tür, der war voll von Geschwüren 21 und begehrte sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tisch fiel, doch kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. 22 Es begab sich aber, dass der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. 23 Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.

24 Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. 25 Abraham aber sprach: Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. 26 Und in all dem besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, dass niemand, der von hier zu euch hinüberwill, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber. 27 Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; 28 denn ich habe noch fünf Brüder, die soll er warnen, damit sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. 29 Abraham aber sprach: Sie haben Mose und die Propheten; die sollen sie hören. 30 Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. 31 Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.

 

Auf Gottes Wort hören

Liebe Gemeinde,

 

mit dem heutigen Sonntag beginnt die lange Trinitatiszeit und somit haben wir Zeit, das noch einmal zu bedenken, was uns die großen christlichen Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten verkündigt haben. Wir können nun uns den Themen ausführlicher zuwenden und deren Bedeutung für unser Leben bedenken.

Mit dem heutigen Predigttext erzählt Jesus ein Gleichnis. Er ist im Streitgespräch mit Pharisäern (Lk.16,14) und es geht um das Gesetz, es geht um ihre Forderung nach Wundern und um das wohlgefällige Leben vor Gott. Jesus greift mit seinem Gleichnis vom reichen Mann und den armen Lazarus das Thema auf und will daran verdeutlich, was wichtig ist.

 

In der Geschichte werden drei wichtige Aussagen von Jesus genannt:

1. Aus dem Hören auf Gottes Wort ergibt sich, dass jeder sein Leben einmal vor Gott verantworten muss. Dabei ist es zweitrangig, ob er an Gott glaubt oder nicht. Und diese Verantwortung vor Gott hat Konsequenzen.

2. Auf das Wort Gottes hören bedeutet auch, dass wir eine Verantwortung für unseren Nächsten haben. Inwieweit wir darin gehorsam waren wird das Gericht vor Gott zeigen.

3. Gottes Wort reicht aus, damit wir um unsere Verantwortung wissen und erkennen, wie wir ethisch leben sollen. Dieses Wort steht jedem offen und man soll daran sein Leben orientieren.

Gehen wir nun diesen Themen etwas ausführlicher nach.

 

1. Aus dem Hören auf Gottes Wort ergibt sich, dass jeder sein Leben einmal vor Gott verantworten muss. Dabei ist es zweitrangig, ob er an Gott glaubt oder nicht. Und diese Verantwortung vor Gott hat Konsequenzen.

 

Jesus erzählt ein Gleichnis, um ein Thema zu veranschaulichen. Er gebraucht dabei die Bilderwelt seiner Zeit. Ein Gleichnis ist kein dogmatischer Lehrsatz, indem Jesus etwas juristisch erklärt. Das kann und will das Gleichnis nicht leisten, jedoch ist es so erzählt, dass wir uns mit unseren Leben und Denken darin wiederfinden sollen.

 

So hat der reiche Mann keinen Namen, der Arme dagegen wird Lazarus genannt, was so viel bedeutet wie „Gott hilft!“. Die Geschichte umschreibt schemenhaft mit wenigen Worten die Lebenssituation des reichen Mannes und die des armen Lazarus. Der Reiche lebt ein Leben in Saus und Braus und „alle Tage herrlich und mit Freunden“ (V.19). Der Arme dagegen liegt vor dem Eingang des Hauses des Reichen. Er lebt von den Brotkrümeln, die bei der Feierei vom Tische fallen. Er ist krank. Die Straßenhunde lecken seine Wunden.

 

Hier wird offensichtlich der krasse Gegensatz ihres Lebens deutlich, was noch dadurch gesteigert wird, dass beide Schicksale so nahe beieinander sind, Tür an Tür. Der Arme, der vor der Tür des Reichen sein armseliges Leben fristet und der nimmt davon keine Notiz. Das ist wirklich – so wird jeder Hörer denken – unglaublich, wie man nur so ignorant leben kann und die Welt um sich ausblendet und verdrängt vor lauter Party.

 

Und wer die Geschichte hört merkt sofort: Das ist keine wahre Geschichte, aber eine Geschichte mit einer Botschaft an mich! Wo verorte ich mein Leben in diese Geschichte? Bin ich der Arme oder der Reiche oder etwa in einer Grauzone! Ehrlichkeit ist hier gefragt. Mit ein paar Brotkrumen, die sowieso vom Tisch fallen ist es nicht getan, um mein Gewissen zu beruhigen.

 

Aber uns allen ist klar: Es muss eine Gerechtigkeit geben. Es muss einen Ort geben, wo Recht gesprochen wird. Ein Ort, wo Recht und Unrecht ausgesprochen und beurteilt wird. Und es muss einen Ort geben, wo die Konsequenzen für unser Handeln folgen.

 

In der weiteren Erzählung werden die Konsequenzen genannt. Der arme Lazarus wird von den Engeln in Abrahams Schoß gelegt (V.22). Bei dem Reichen heißt es nur nüchtern: „Er starb auch, wurde begraben. Als er nun in der Hölle war …“ (V.22-23) kommt für ihn das böse Erwachen. Nun dreht sich das Blatt, nun ist der Lazarus im Schoß Abrahams, ein Ehrenplatz,

den sich alle frommen Juden erhofften, und er ist im Totenreich (so Hölle wörtlich übersetzt). Auch hier sind sie in Sichtweite. Der Reiche kann den Lazarus sehen, aber er kann nicht herüber. Es gibt eine unüberwindliche Grenze. Lazarus kann ihm keine Abkühlung schaffen, um seinen Durst zu stillen. Abrahams Antwort auf seine Bitte ist: „Gedenke, Kind, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, du aber leidest Pein.“

 

Das „Totenreich“, so wörtlich, das im Luthertext mit „Hölle“ übersetzt ist, ist der Ort der Gottesferne. Wer hier im Leben Gottes Nähe nicht will, dem wird sich Gott nicht aufzwingen, auch nicht in Ewigkeit. Die Liebe Gottes zu den Menschen lässt ihnen die Freiheit, setzt sich nicht über ihren Willen hinweg. Jesus ruft zur Umkehr und Hinwendung zu Gott. Unser himmlischer Vater hat als Ziel die Gemeinschaft mit den Menschen. Das ist die frohe Botschaft, das Evangelium, das Christus nicht müde wird uns zu verkündigen. Er ruft uns zur Entscheidung auf, ermutigt uns, unserem Vater im Himmel zu vertrauen.

 

Hölle und die bunten Phantasiebilder, die sich Menschen im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder gemacht haben, sind nicht biblisch. Gottes Wort ist recht sparsam, was die Darstellung und Lehre der Hölle angeht. Das ist nicht ihr Interesse, sondern dass alle Menschen gerettet werden und zum Glauben kommen.

 

Dass Gottes Liebe in Christus mächtig ist, das bekennen wir in unserem Glaubensbekenntnis, wenn wir sagen: Er ist „gekreuzigt, gestorben, begraben und hinabgestiegen in das Reich des Todes…“ Das Totenreich, der Ort der Gottesferne ist durch Christus durchbrochen Im Bekenntnis Jesu am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk.15,34) betritt Jesus auch diesen Ort der Gottverlassenheit und erfüllt ihn mit der Gegenwart der Liebe Gottes. Die Macht des Bösen ist auch hier im Totenreich gebrochen (vgl.1.Petr.3,19;4,6). Ist deshalb die Hölle leer? Wie gesagt, Gottes Liebe wird niemanden zwingen und Jesu Verkündigung bezieht sich auf unser Leben hier und jetzt. Heute, jetzt, sollen wir Jesu Wort hören, der Liebe Gottes vertrauen und gehorsam unserer Leben nach dem Geboten Gottes ausrichten, was nichts anderes heißt, als dass wir den überreichen Segen Gottes an andere weitergeben.

 

2. Auf das Wort Gottes hören bedeutet auch, dass wir eine Verantwortung für unseren Nächsten haben. Inwieweit wir darin gehorsam waren wird das Gericht vor Gott zeigen.

 

Wir wollen nicht vergessen, dass Jesus ein Gleichnis erzählt. Aber zugleich relativiert er es nicht. Er macht deutlich, dass das, was uns anvertraut ist nicht uns allein gehört, sondern dass wir eine Verantwortung haben gegenüber dem nächsten Mitmenschen, der unsere Hilfe braucht. Anders gesagt, den Segen Gottes in unserem Leben sollen wir mit anderen teilen, der ist nicht nur für uns allein da. Das Lied EG 170 „Komm Herr segne uns …“ singen wir gerne und da heißt es in Vers 3: „Keiner kann allein Segen sich bewahren. Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen. Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen, schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.“

 

Jesus wurde einmal von einem Schriftgelehrten gefragt, wer denn unserer Nächster sei (vgl. Lk.10,29). Jesu antwortet mit einem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk.10,30-36), der einem hilft, den Räuber überfallen haben und der schwer verwundet im Straßengraben liegt. Er geht nicht achtlos an ihm vorüber, wie z.B. der Priester oder der Tempeldiener, sondern er versorgt ihn und bringt ihn zu einem Gasthof, damit er dort weiter versorgt wird. Der

Samariter ist dem, der unter die Räuber gefallen ist, sein Nächster geworden. Und zu den Schriftgelehrten sagt er zum Schluss: „So geh hin und tu desgleichen!“ (Lk.10,37)

 

Wer Jesu Wort hört, kann nicht wie der Reiche im Gleichnis in Saus und Braus feiern und die Armen und Kranken vergessen. Der Reiche hat nicht nur den Armen vergessen, er hat auch den Sinn vom Segen vergessen, dass Gott uns in die Verantwortung hineinnimmt, seinen Segen weiterzugeben.

 

Das Thema wird in Zukunft noch wichtiger werden, wenn die Ressourcen dieser Welt knapp werden, weil Klimaveränderungen, Kriege und Pandemien uns zusetzen. Und die Menschheit wird nur überleben können, wenn wir endlich lernen verantwortlich mit dem Segen der Schöpfung Gottes dieser Erde umzugehen. Im Zeitalter des globalen Zusammenlebens ist die Tür der Armut gefühlt weit weg und doch so nahe und unsere Verantwortung hat sich geändert aber die Aufgabe bleibt. Jesu Gleichnis will uns wachrütteln.

 

3. Gottes Wort reicht aus, damit wir wissen um unsere Verantwortung und wie wir ethisch Leben sollen. Dieses Wort steht jedem offen und man soll daran sein Leben orientieren.

 

Zurück zum Gleichnis. Der Reiche bittet Abraham, dass er Lazarus zu seinen Brüdern schicken soll, damit er sie warne, damit sie nicht an diesem Ort kommen, an dem er ist! Im Totenreich nimmt der Reiche den Lazarus wahr. Er kennt ihn sogar mit Namen. Hier auf einmal entdeckt er seine Fürsorge für andere, was er zu Lebzeiten vermissen ließ und nun ist es zu spät. Das Wunder der Totenauferstehung des Lazarus, so die Hoffnung des Reichen, wird seine Brüder wachrütteln und sie werden ihr Leben ändern. Doch die Antwort Abrahams ist ernüchternd: „Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.“ (V.31)

 

Wir haben das Wort Gottes, Christus ist das Wort Gottes an uns. Spektakuläre Wunder bewirken kein Vertrauen zu Gott. Auch ich wünsche mir manches Mal, dass Gott sichtbarer Zeichen und Wunder machen würde, sodass Menschen an Gott glauben müssen – aber Gott will es nicht. Er will uns nicht an die Wand drücken, nicht zwingen, so dass wir keine andere Wahl hätten. Das wäre kein Glaube, das wäre Unterwerfung, auf Grund der Machtverhältnisse. Der Mensch hätte keine andere Wahl.

 

So eine Beziehung will Gott nicht. Er liebt jeden einzelne Menschen und er wirbt um die Liebe und das Vertrauen des Menschen. Der Mensch hat diese Freiheit und somit auch die Verantwortung. Darin besteht die Würde des Menschen und die tastet Gott nicht an – auch wenn viele Zeitgenossen gerade das Gott vorwerfen, dass er nicht mit Macht die Freiheit der Menschen einschränkt, damit das Böse, das Leid in dieser Welt, weniger würde. Aber, er hat uns überreich gesegnet mit seiner vergebenden Liebe, mit den persönlichen Begabungen und Fähigkeiten, die jeder von uns hat und mit vielen Gütern, die wir zum Leben brauchen, oft viel mehr als das – damit wir diesen Segen an andere weitergeben. Dazu will uns Christus und das Wort Gottes ermutigen. Lasst uns auf sein Wort hören und danach leben.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: 295,1-4 Wohl denen, die da wandeln …

 


Predigt 12.06.2022

Predigt: Römer 11,(32)33-36 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

12.06.2022

 

Sonntag: Trinitatis

Wochenspruch: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2.Kor.13,13)

Lesung: Johannes 3,1-8 (9-10) Jesus und Nikodemus

Wochenpsalm: Psalm 113 / EG 745

 

Lied: 140,1-5 Brunn alles Heils, dich ehren wir …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Römer 11,32-36

11,32 Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.

33 O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! 34 Denn "wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen"? (Jesaja 40,13) 35 Oder "wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?" (Hiob 41,3) 36 Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

 

Gott ist auch Geheimnis

Liebe Gemeinde,

 

heute feiern wir das Trinitatisfest. Wir beten an die Wesenseinheit Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott Heiliger Geist. Trinität nennen wir das und auch wenn wir es versuchen mit unserem Denken zu durchdringen, stoßen wir hier doch an das Geheimnis Gottes. Soviel wir auch von ihm wissen, alles wissen wir nicht. Er entzieht sich uns und lässt sich nicht von unserem Denken be-griff-lich festmachen. Wir können ihn nicht „be-greifen“. Dem menschlichen Festhalten und Bestimmen entzieht sich Gott. Wir haben ihn nicht in der Hand. Ich denke, das ist auch gut so.

 

Und so ist das Trinitatisfest ein Schlusspunkt. Der Festkreis mit den drei großen Festen Weihnachten, Ostern und Pfingsten geht zu Ende und es beginnt die lange Trinitatiszeit, die auch die festlose Zeit genannt wird. Ich aber würde es eher positiv nennen, dass jetzt die Zeit beginnt, in der wir aus verschiedenen Blickwinkeln das Geheimnis Gottes betrachten. Was bedeutet das, dass Gott Vater und Schöpfer ist? Was bedeutet es, dass Gott Menschen wird in Jesus Christus? Was bedeutet das, dass Gott durch den Heiligen Geist in uns wohnen will?

 

Wir bekennen die Trinität in unserem Glaubensbekenntnis und die Sonntage, die nun folgen, wollen dieses Bekenntnis unseres Glaubens an den dreieinigen Gott in unser Leben und Alltag übersetzen.

 

Gott ist Geheimnis. Gott ist unsichtbar. Das ist die Wirklichkeit unseres Glaubens. Im Hebräerbrief heißt dazu: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebr.11,1) Die feste Zuversicht ist darin begründet, dass wir um Gottes Liebe zu uns wissen, dass wir darauf vertrauen, dass Gott gnädig, barmherzig und vertrauenswürdig ist. Diese Grunderfahrungen mit Gott lassen uns die Unsichtbarkeit Gottes aushalten. Wir müssen nicht alles über Gott wissen, um ihm vertrauen zu können. Was wir wissen, das genügt.

 

Dennoch, blind ist unser Glaube nicht. Die großen Feste Weihnachten, Ostern und auch Pfingsten sind Feste des Sehens. Gott lädt uns ein: Kommt und seht!

 

Weihnachten ist ein Fest zum Sehen. Die Engel verkündigen in der Nacht den Hirten auf dem Felde: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ (Lk.2,10-11) Und wenig später sprechen die Hirten untereinander: „Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.“ (Lk.15-16) Nachdem die Hirten alles gesehen haben, wird weitererzählt: „Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.“ (Lk.2,20).

 

Weihnachten ein Fest zum Sehen. Das Kind in der Krippe. Gott gibt seine Unsichtbarkeit auf. Er bekommt ein Angesicht in diesem kleinen Kind und später als Jesus Christus, der durch das Land zieht vom Vater im Himmel erzählt und Menschen gesund macht.

 

Ostern sind wir wieder eingeladen zu sehen. Nachdem Jesu gekreuzigt und begraben wurde kommen die Frauen frühmorgens ans Grab. Sie wollen dem Leichnam ihres Herrn noch einmal nahe sein, ihn salben und sich verabschieden. Doch sie finden das Grab leer. Der große Stein ist hinweggerollt. Es kommen zwei Männer in glänzenden Kleidern auf sie zu und sprechen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lk.24,5-6) Wenig später tritt der auferstandene Herr mitten unter seine Jünger und spricht: „Fasst mich an und seht …“ (Lk.24,39) und zeigt ihnen seine Hände und Füße. Bekannt ist uns, wie der sogenannte „ungläubige Thomas“ seine Hände in die Wundmale seines Herrn legt und ertasten darf und ihn als seinen Herrn und Gott erkennt und bekennt. (vgl. Joh.20,24-30). Jedoch weist Jesu Thomas zurecht und sagt: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ (Joh.20,29)

 

Und was sehen wir Pfingsten? Am Pfingsttag erfahren Männer und Frauen, die im Gebet versammelt sind, wie der verheißende Heilige Geist Gottes auf sie herabkommt (vgl. Apg.2,1-21). Gleichsam wie Feuerzungen kommt er auf die Betenden. Dieses Erlebnis ist so stark, dass die ängstlichen Jünger Jesu hinausgehen und in den Sprachen der Menschen das Evangelium von Jesus Christus verkündigen. Die Menschen sind erschrocken darüber, dass jeder in seiner eigenen Sprache diese reden hört (vgl. Apg.2,12). In der Pfingstpredigt des Petrus nimmt er

darauf Bezug, wenn er sagt: „Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus von Nazareth, von Gott unter euch ausgewiesen durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst …“ (Apg.2,22).

 

Viele Menschen haben also Gottes mächtige Taten, Wunder und Zeichen durch seinen Sohn Jesus Christus gesehen. Paulus schreibt an die Korinther: „Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas (Petrus), danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.“ (1.Kor.15,3-6)

 

Paulus macht noch einmal deutlich, dass Gott sich sichtbar gemacht hat und das vor allem durch seinen Sohn Jesus Christus. Er selbst hat ihn gesehen in der Begegnung vor Damaskus, als Jesus sich ihm in den Weg stellte. Seine Christusbegegnung wird in Apg.9,1-19 erzählt. Und somit gibt es viele, die die mächtigen Taten, Wunder und Zeichen Gottes gesehen haben.

 

Trotz dieser vielen Zeugen, trotz der Glaubensgeschichte der Christen, trotz allem bleibt Gott auch der verborgene Gott. Gott, den wir nicht verstehen, der uns rätselhaft ist und der sich uns entzieht, an dem wir Irre werden, weil wir in einer Welt leben, in der wir viel Böses, Schweres, Ungerechtigkeit und Willkür erfahren, was uns das Vertrauen zu einem Gott der allmächtig und ein Gott der Liebe ist, erschüttert.

 

In Zeiten der Anfechtung, in Zeiten des Leides, in dunklen Zeiten unseres Lebens, da drängt sich der verborgene Gott in den Vordergrund. Dann ist alles vergessen, was wir sonst noch über Gott wissen und was wir erfahren haben. Fragen zu Gott drängen sich uns auf. Wir vermissen das tätige Eingreifen Gottes in dieser Welt, in der Politik, in das Tun der Menschen, was Leid und Zerstörung über sie bringt.

 

Auch Paulus kennt das. Der Predigttext steht am Ende einer langen Betrachtung, die er vornimmt, als er über sein Volk Israel nachdenkt, dem er angehört (vgl. Rö.9,1-11,36). Viele Fragen bewegen ihn. Z.B. Warum die Juden Jesus nicht als Messias annehmen? Haben sie damit den Status als erwähltes Gottesvolk verloren? Sind nun die anderen Völker, genauer die Christen, das neue auserwählte Gottesvolk? Sind die Juden aus dem Heil Gottes durch Jesus Christus ausgeschlossen? In all den Fragen, die Paulus im Herzen bewegt, leidet und ringt er mit Gott. Auf seine Fragen findet er keine Antwort.

 

Bemerkenswert ist, dass er doch an Gott festhält und in Lob und Gebet einstimmt: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn "wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen"? (Jesaja 40,13) Oder "wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?" (Hiob 41,3) Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. (Rö.11,33-36)

 

Paulus stimmt in den Lobpreis Gottes ein. Ja, er hat Fragen. Ja, er versteht vieles nicht und zugleich gesteht er ein, dass sein Denken Gott nicht erfassen kann. Aber durch das, was er von

Gott weiß, wie er ihn erfahren hat, vertraut er auf Gottes Weisheit, die unser Denken und unsere Vorstellung weit übersteigen. Nicht alle Wege Gottes mit den Menschen sind verständlich, sie bleiben unerforschlich. Zugleich erkennt er auch an, wer er vor Gott ist. Wir haben Gott nichts gebracht und wir haben deshalb auch keinen Anspruch auf irgendetwas. Sondern vielmehr gilt, was Paulus zuletzt schreibt: „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (V.36)

 

Anbetung ist die Antwort von Paulus auf den Teil des verborgenden Gottes. Und ich denke, damit gibt er uns einen guten Umgang mit den Fragen, die uns manches Mal umtreiben, wenn wir Gott und die Welt nicht verstehen. Wenn wir in Anfechtung geraten, so lasst uns auf das sehen, was uns Gott zu sehen gibt.

 

So ist auch der Rat Martin Luthers, den er den Menschen mitgibt, wenn sie im Wort Gottes lesen. Auch darin gibt es vieles was wir nicht verstehen und uns auch erzürnt, wie Gott das zulassen kann, ja sogar es so wollte! Manche Bibelstellen machen uns schwer zu schaffen. Die würden wir am liebsten aus der Bibel verbannen. Luther gibt den Rat, sich an solchen Bibelstellen nicht festzubeißen, sondern dorthin sich wenden, wo das Licht des Evangeliums leuchtet. Mit den Worten Luthers „das was Christus treibet“, das sollen wir lesen und bedenken, denn dahin will Gott unseren Blick lenken und unseren Glauben stärken.

 

Also sollten wir im Umgang mit dem verborgenen Gott dem folgen, was uns Paulus und Martin Luther mit auf den Weg geben: Gott loben für das was wir von Gott wissen, dass er uns liebt, wie er uns mit seiner Gnade und Barmherzigkeit begegnet und annimmt durch seinen Sohn Jesus Christus. Und wir sollen Gott suchen indem, wie er uns in Jesus Christus erscheint. Das stärkt unseren Glauben.

 

Liebe kann auch Verborgenes verborgen lassen. Liebe kann Geheimnisse aushalten und bleibt im Vertrauen doch verbunden. So handhabend es Paulus und Luther und so sollten wir es auch einüben. Sich daran zu erfreuen, was Gott für uns in seiner Liebe ist und seiner Weisheit und seinen Gedanken vertrauen: „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (V.36)

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: 139,1-5 Gelobet sei der Herr, mein Gott …

 


Predigt Pfingsten

Predigt: Rö.8,1-2(3-9)10-11 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

05.06.2022 Sonntag: Pfingstsonntag

Wochenspruch: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth.“ Sacharja 4,6b

Lesung: Apg.2,1-21

Wochenpsalm: Psalm 118 / EG 747

 

Lied: EG 124,1-4 Nun bitten wir den Heiligen Geist …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

 

Predigttext: Rö.8,1-2(3-9)10-11

8,1 So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. 2 Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. (3 Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: Er sandte seinen Sohn bin der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, 4 damit die Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, in uns erfüllt werde, die wir nun nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist.

5 Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. 6 Denn fleischlich gesinnt sein ist der Tod, doch geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. 7 Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch sich dem Gesetz Gottes nicht unterwirft; denn es vermag's auch nicht. 8 Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. 9 Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, da ja Gottes Geist in euch wohnt. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.)

10 Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. 11 Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.

 

Was der Geist Gottes bewirkt!

 

 

Liebe Gemeinde,

 

viele Menschen tun sich schwer mit den Pfingsttag. Was feiern wir Pfingsten? Vielleicht wissen noch viele, dass Pfingsten etwas mit dem Heiligen Geist zu tun hat. Wieder andere wissen, dass Pfingsten auch der Geburtstag der Kirche ist, dass es bei der Pfingstgeschichte um Feuer und Sprachen geht. All das ist Pfingsten und viel mehr.

Die Pfingstgeschichte haben wir eben in der Lesung des Evangeliums gehört. In der Apostelgeschichte 2,1-21 wird uns das alles sehr anschaulich erzählt. Die verängstigten Jünger und Jüngerinnen Jesu haben sich in Jerusalem zurückgezogen. Ihre Angst war verständlich. Ihr Herr wurde gekreuzigt. Die Massen haben seinen Tod gefordert und so endete ihre Hoffnung am Kreuz. Und nun droht die Gefahr, dass auch sie bald Opfer des Mobs auf der Straße werden, dass die Anhänger Jesu verfolgt werden um sie ebenfalls zu töten. All das lag in der Luft und ihre Ängste waren verständlich. Hinzu kam, dass sie ihrer Zukunft beraubt waren. Sie hatten alles aufgeben, um ihrem Herrn zu folgen und sie hofften, er würde der Messias sein, der das neue Gottesreich aufrichtet. Doch jetzt standen seine Jüngerinnen und Jünger mit leeren Händen da und sie hatten Angst um ihr Leben.

 

Doch während sie verängstigt versammelt waren geschah etwas mit ihnen. In Apg.2,2-3 wird davon berichtet: „Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer und setzen sich auf einen jeden von ihnen und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden gab.“ Die Folge war, dass die ängstlichen Jünger und Jüngerinnen hinausgingen auf die Straßen und predigten den Menschen das Evangelium ihres auferstandenen Herrn Jesus Christus. Das ist die Geburtsstunde der Kirche, die durch den Heiligen Geist von nun an in dieser Welt wirkt, bis in unsere Tage.

 

Die Pfingstgeschichte erinnert daran, dass der Geist Gottes die ängstlichen Jüngerinnen und Jünger belebt. Aus ängstlichen Nachfolgern Jesu werden Menschen, die den auferstanden Herrn verkündigen. All das ist das Werk des Heiligen Geistes.

 

Aber damit nicht genug. Pfingsten ist nicht nur ein Geschehen in längst vergangen Zeiten, sondern geschieht immer wieder bis in unsere Tage. Es belebt die Kirche, belebt die Christen, auch in unserer Zeit, wenn wir uns ängstlich zurückziehen wollen aus dieser Welt, weil Kirche kleiner wird, Mitglieder austreten, schwerer Kritik ausgesetzt ist, die Gottesdienste am Sonntag kaum noch besucht werden und wir zu Anfang der Corona-Pandemie feststellen mussten, dass vom Staat Baumärkte erlaubt wurden zu öffnen und Kirchen und Gottesdienste geschlossen wurden. Auch wir sind den Anordnungen in unserer Gemeinde gefolgt, um den Schwachen in unserer Gesellschaft zu schützen und wir haben andere Formen gesucht, Menschen das Evangelium zu verkündigen.

 

Ich habe aber den Eindruck, dass unsere gegenwärtige Situation in unserer Kirchengemeinde der der Jünger und Jüngerinnen von damals nach der Kreuzigung Jesu gar nicht mehr so unähnlich ist. Gut, wir müssen nicht um unser Leben fürchten. Aber wir sind mutlos geworden. Verunsichert, was all die Veränderung für uns als Kirche und Kirchengemeinde vor Ort bedeuten. Wir sind kraftlos geworden und wir haben keine Ideen, wie sich die kirchliche Situation ändern lassen könnte.

 

Deswegen ist es gut, auf Paulus zu hören, der mit seinem Brief an die Römer auch auf den Heiligen Geist zu sprechen kommt. Und was er den Christen in Rom schreibt, ist eine weitere Vertiefung von dem, was seit Pfingsten mit uns Christen geschieht. Denn Christsein und Kirche ohne Heiligen Geist gibt es nicht. Wenn der Heilige Geist uns und die Kirche verlässt, dann gibt es keine Christen und keine Kirche mehr. Warum ist das so?

 

Paulus nennt die Gründe:

1. Durch den Heiligen Geist weiß ich: Ich gehöre zu Jesus Christus.

2. Durch den Heiligen Geist ist Christus mir gegenwärtig.

3. Durch den Heiligen Geist werde ich Leben.

 

1. Durch den Heiligen Geist weiß ich: Ich gehöre zu Jesus Christus.

 

Durch den Heiligen Geist wissen wir, dass wir zu Christus gehören. Er hat uns nicht verlassen, sondern er ist bei uns. Das Gefühl von Christus verlassen zu sein kann immer wieder in unserem Leben mächtig werden. Besonders dann, wenn wir in Not sind. Dann fragen wir: Christus wo bist du? Warum hast du mich verlassen? Warum bist du mir jetzt in meiner Not nicht nahe? Diese Erfahrung kennt jeder Christ, jeder Glaubende. In der Bibel, vor allem in den Psalmen, wird diese Not offen ausgesprochen (z.B. Ps.13;121;126). Diese Erfahrungen gehören zum Glauben an Gott dazu.

 

Jedoch der Heilige Geist führt uns, wenn unsere Gefühle in uns in Aufruhr sind, wieder zurück zum Vertrauen, dass Christus da ist. Er führt uns wieder zu Christus zurück, sodass wir unseren Zweifel überwinden können. Ich gebe aber zu, dass wir nicht einfach über das Wirken des Geistes Gottes verfügen können. Zeiten der Anfechtung, der Zweifel, dass nicht mehr spüren können der Nähe Gottes, diese Zeiten können wir nicht beenden, auch nicht die Länge der Phase verändern. Geduld und bei Gott bleiben, das Vertrauen, dass auch in dieser Zeit ich doch von Gottes Geist gehalten und geführt werde, das ist einüben des Glaubens. Das Bleiben bei Gott, das Klagen und Jammern bei Gott ausschütten, mein Seufzen vor Gott bringen und darauf zu vertrauen, dass Gottes Geist es recht übermittelt.

 

Wir bestimmen nicht den Zeitpunkt, wann das lebendig machende Brausen des Heiligen Geistes in unser Leben hineinweht, wann der belebenden Geist uns endlich wieder durchweht und die trüben Gedanken hinwegnimmt, uns die Gewissheit von Jesu Gegenwart schenkt, mit neuer Kraft uns beflügelt und Mut schenkt, das Evangelium, die frohe Botschaft des auferstandenen Herrn, zu verkündigen. Wer aber im Glauben lebt, weiß, dass das immer wieder am Ende einer dürren Phase kommt.

 

Aber unabhängig davon, ob wir in der Dürre unterwegs sind oder aus dem Vollen schöpfen dürfen – der Heilige Geist gibt uns die Gewissheit, dass wir zu Christus gehören. Paulus schreibt: „Es gibt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ Das ist mit dem „Bleiben in Christus“ gemeint. In Zweifel, in Trostlosigkeit, in unserer Angst und Sorge, in allem, was uns berührt und bewegt – in Christus bleiben, wie uns das die Beter in den Palmen vorleben. Mit Gott im Gespräch bleiben, beten und darauf vertrauen, dass der Heilige Geist es recht vor Gott bringen wird. Das bewirkt der Heiligen Geist.

 

2. Durch den Heiligen Geist ist Christus mir gegenwärtig.

 

Viele Menschen denken, wenn ich den Heiligen Geist Gottes habe, dann lebe ich schon in einer besonderen göttlichen Atmosphäre oder heiligen Raum und die Welt kann mich nicht mehr erschüttern. Ich gehöre quasi gar nicht mehr zu dieser Welt und bin schon in Gottes Welt. Das ist ein Irrtum, dem Christen aber immer wieder erlegen sind. Wir haben aber die Welt nicht hinter uns, wir sind immer noch ein Teil dieser Welt. Wir nehmen wahr, dass wir Dinge tun und sagen, die nicht nach dem Willen Gottes sind. Wir nehmen es schmerzlich wahr, dass wir auch böse sein können, dass wir schlecht über andere reden, dass wir nicht verzeihen können, wo es doch Christus von uns fordert.

 

Durch den Heiligen Geist ist Christus in uns gegenwärtig. Der Geist will uns zu Christus hin verändern und zugleich zeigt er auch unsere Schatten auf, die in seinem Licht erscheinen. Die „Sünde“ zeigt sich und auch unsere „Fleischlichkeit“, was mit anderen Worten umschreibt, wonach uns gelüstet, Süchte und Gewohnheiten, die uns zerstören und die uns nicht guttun. Wir wissen es und können es doch nicht lassen. Darin spüren wir zuweilen in aller Deutlichkeit, dass wir noch in Sünden verhaftet sind und doch gerecht gesprochene Sünder sind. Das ist manchmal schwer auszuhalten und es macht uns traurig.

 

Jedoch, der Heilige Geist bleibt auch in unserer zerrütteten und von Stürmen gebeutelten armseligen Hütte weiter wohnen. Er will nicht ausziehen, es sei denn, wir setzen ihn vor unsere Herzenstür! Der Heilige Geist ist kein „gewalttätiger Hausbesetzer“. Wo er nicht erwünscht ist, da geht er. Wo er kein Raum zur Entfaltung hat, zieht er sich zurück und wartet auf bessere Zeiten.

 

3. Durch den Heiligen Geist werde ich Leben.

 

Und doch ist Pfingsten der Anfang eines Wunders: Der Heilige Geist lebt und wohnt in mir. Ich bin das Haus, der Tempel, in dem der Heiligen Geist, d.h. die Liebe des Sohnes und des Vaters, bei mir einziehen will (vgl. 1.Kor.3,17; 6,19). Diese neuen Mitbewohner in meinem Herzen helfen, dass er sich bei mir einrichten und sich entfalten kann. Da beginn das Reich Gottes, mein Christsein, da beginnt Kirche und dort geschieht „erfülltes Leben“ das uns Christus vorgelebt und von dem er gesprochen hat (vgl. Joh,1,16).

 

Pfingsten kann ich nicht intellektuell oder mit meinem Denken erfassen, sondern nur, indem ich mein Herz öffne, damit der Heilige Geist bei mir einkehre, indem ich mich darauf einlasse, dass er mein neuer Mitbewohner wird, dass er mich mit seiner Gegenwart verändert. Ich werde dann entdecken, dass seine Gegenwart mir gut tut – auch dann, wenn ich Zweifel habe, weil ich dann doch in den dunklen Tagen nicht allein bin. Er ist ja in mir da. Ich bin nicht allein.

 

Und noch was zum Schluss: Es ist derselbe Geist, der Christus von den Toten auferweckt hat und der wird auch mich an Gottes gutes Ziel bringen und mich zum ewigen Leben führen und mich von den Toten auferstehen lassen.

 

All das ist Pfingsten, das wir heute feiern. Das ist das letzte der drei großen Feste. Weihnachten und Ostern und diesmal sind wir mitten drin, jeder von uns ist Teil der Pfingstgeschichte. Wir sind ermutig und berufen, den Heiligen Geist in uns wohnen und wirken zu lassen – damit bei uns das Pfingstfest beginnt. Dazu möchte ich sie herzlich ermutigen und das Lied, das wir jetzt singen wollen, ist ein Willkommenslied an den Heiligen Geist, damit er bei uns einzieht. Lasst uns das Lied von Herzen und mit Gottvertrauen singen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: EG 134,1-2+4 Komm, o komm du Geist des Lebens …

 


Predigt Himmelfahrt

Predigt: Dan.7,1-3(4-8)9-14 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

26.05.2022

 

Sonntag: Himmelfahrt

Wochenspruch: „Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ (Johannes 12,32)

Lesung: Apostelgeschichte 1,3-11 Christi Himmelfahrt

Wochenpsalm: Philipper 2,5-11 / EG 760

 

Lied: EG 123,1-4 Jesus Christus herrscht als König …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Daniel 7,1-3(4-8)9-14 Daniels Vision vom Menschensohn

7,1 Im ersten Jahr Belsazars, des Königs von Babel, hatte Daniel einen Traum und Gesichte auf seinem Bett; und er schrieb den Traum auf:

2 Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht, und siehe, die vier Winde unter dem Himmel wühlten das große Meer auf. 3 Und vier große Tiere stiegen herauf aus dem Meer, ein jedes anders als das andere. 4 Das erste war wie ein Löwe und hatte Flügel wie ein Adler. Ich sah, wie ihm die Flügel ausgerissen wurden. Und es wurde von der Erde aufgehoben und auf die Füße gestellt wie ein Mensch, und es wurde ihm ein menschliches Herz gegeben. 5 Und siehe, ein anderes Tier, das zweite, war gleich einem Bären und war auf der einen Seite aufgerichtet und hatte in seinem Maul zwischen seinen Zähnen drei Rippen. Und man sprach zu ihm: Steh auf und friss viel Fleisch! 6 Danach sah ich, und siehe, ein anderes Tier, gleich einem Panther, das hatte vier Flügel wie ein Vogel auf seinem Rücken und das Tier hatte vier Köpfe, und ihm wurde Herrschergewalt gegeben.

7 Danach sah ich in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, ein viertes Tier war furchtbar und schrecklich und sehr stark und hatte große eiserne Zähne, fraß um sich und zermalmte, und was übrig blieb, zertrat es mit seinen Füßen. Es war auch ganz anders als die vorigen Tiere und hatte zehn Hörner. 8 Als ich aber auf die Hörner achtgab, siehe, da brach ein anderes kleines Horn zwischen ihnen hervor, vor dem drei der vorigen Hörner ausgerissen wurden. Und siehe, das Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul; das redete große Dinge.

9 Da sah ich: Throne wurden aufgestellt, und einer, der uralt war, setzte sich. Sein Kleid war weiß wie Schnee und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle; Feuerflammen waren sein Thron und dessen Räder loderndes Feuer. 10 Da ergoss sich ein langer feuriger Strom und brach vor ihm hervor. Tausendmal Tausende dienten ihm, und zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm. Das Gericht wurde gehalten und die Bücher wurden aufgetan.

11 Ich sah auf um der großen Reden willen, die das Horn redete, und ich sah, wie das Tier getötet wurde und sein Leib umkam und in die Feuerflammen geworfen wurde. 12 Und mit der

Macht der andern Tiere war es auch aus; denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt, wie lang ein jedes leben sollte.

13 Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. 14 Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.

 

Christus ist der HERR!

Liebe Gemeinde,

 

es ist immer etwas Besonderes hier oben auf dem Plateau der Burg Herzberg den Himmelfahrtsgottesdienst zu feiern. Hier oben sind wir dem Himmel näher als in unseren Dörfern, die in den Tälern rings um die Burg liegen. Vielleicht kommen wir deshalb auch so gerne an diesem Tag hier herauf zur Burg. Wir wollen dem Himmel näher sein und die irdischen Dinge, die uns belasten hinter bzw. unter uns lassen. Gerade in dieser Zeit, in der uns vieles runterziehen und unser Leben beschweren will.

 

Große Themen bewegen uns: Klimawandel und dessen Folgen, die Corona-Pandemie und, als wäre das nicht genug, schafft ein Mensch noch eine weitere Katastrophe, den Krieg in der Ukraine. Das haben wir alle nicht gebraucht und der Krieg ist so sinnlos. Kein Mensch versteht, warum er geführt wird. Die Gründe, die genannt werden überzeugen mich zumindest nicht und rechtfertigen nicht das Ausmaß des Leides der Menschen, die Zerstörung des Landes und die Toten auf beiden Seiten, die dieser Krieg nun schon fordert.

 

All diese Herausforderungen zerren an uns. Viele von uns können die Nachrichten nicht mehr ansehen, bekommen schlaflose Nächte und Ängste gehen um, Alpträume plagen uns in den Nächten und die bange Frage beschäftigt uns: Was hat alles das für uns zu bedeuten? Was kommt da auf uns zu?

 

Und heute sind wir hier und feiern den Gottesdienst Himmelfahrt Christi. Der Text, der uns heute mitgeben ist, ist aus dem Buch Daniel, der selbst in einer unruhigen und bewegten Zeit lebte. Seine Heimat ist vom Krieg zerstört. Jerusalem liegt in Schutt und Asche. Der Tempel liegt in Trümmern. Er wird nach Babylonien verschleppt. Dort in der Fremde muss er für den Besatzerkönig arbeiten. Er bleibt seinen Glauben treu, auch wenn er bedroht wird. Die meisten kennen die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Er überlebt die Verfolgung und Gott bewahrt ihn und er wird als Ratgeber geschätzt. Er ist aber nicht nur Ratgeber, sondern er hat auch Träume, die er aufschreibt, die eine Botschaft haben an sein Volk Israel, an die Menschen, die Gott vertrauen.

 

Er erlebt mit, dass das einst mächtige Babylon von den Persern erobert wird. Wie die Reiche und Mächtigen dieser Erde kommen und gehen und keinen Bestand haben, das wird in seinen Träumen angesagt. Das was uns Menschen vor Augen ist, die Mächtigen dieser Welt, ihre großen Reiche, ihre riesigen Armeen, ihr Unrecht, ihre Kriege, all das Leid, das sie über Menschen bringen – all das muss und wird kommen vor Gott den HERRN. Ihm müssen sie sich beugen. Der HERR ist der Richter, der Menschensohn, der vom Himmel kommt, dem müssen sich alle beugen. So wie wir es eben gesungen haben.

 

Doch zunächst erlebt Daniel einen Alptraum: Vier Tiere steigen herauf aus dem Meer, das aufgewühlt ist von vier Winden. Dieses aufgewühlte Meer erinnert an den Anfang, als nichts war außer Chaos und Tohuwabohu. Gott hatte noch nichts Gutes geschaffen, die Welt ist sich selbst überlassen. Ein Tier ist schrecklicher als das andere, das erste bekommt noch menschliche Züge, das vierte hingegen kennt nur noch Zerstörung und Gewalt.

 

Um diesen Alptraum richtig zu verstehen, müssen wir uns die Situation des Volkes Israel vergegenwärtigen. Immer wieder im Laufe seiner Geschichte wurde dieses kleine Land überrollt von den mächtigen Völkern ringsum. Die Assyrier und Babylonier, die Meder und Perser, sie alle brachten Not und Elend in und über das Land.

 

Für Daniel aber war wohl einer der schlimmsten Herrscher ein König Antiochus IV Epiphanes, ein König der Seleukiden, die auf das Reich Alexanders des Großen folgten. Besonders schwerwiegend war, dass er den neu aufgebauten Jerusalemer Tempel plündern ließ und das Allerheiligste betreten haben soll – deshalb die Gleichsetzung mit dem schrecklichen vierten Tier aus dem Meer.

 

Welcher Herrscher genau mit den anderen Tieren gemeint ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten, aber eines haben alle gemeinsam: Diese menschlichen Herrscher regieren mit Gewalt und Brutalität. Diese Herrschaften sind ein Alptraum.

 

Aber ihre Macht hat ein Ende, denn es wird Gericht gehalten: einer, der uralt war, der also seit Urzeiten war und ist, nimmt auf dem Thron Platz, an seiner Seite Abertausende himmlische Wesen. Sie schauen in die Bücher, denn alles ist aufgeschrieben, nichts bleibt vor Gott verborgen. Denn dieser ist es, der da Gericht hält. Der Albtraum hat ein Ende.

 

Das ist tröstlich zu wissen, wenn wir an die Gräueltaten in Butscha oder anderswo denken, die von Menschen verübt werden. Wenn wir an die Herrscher der Vergangenheit denken, an Hitler, Stalin und wie sie auch alle heißen mögen, auch diese müssen durch das Gericht. Aber auch wir, die wir verstrickt sind in globale Ungerechtigkeiten, die vielen toten Geflüchteten, die im Mittelmeer ertrunken sind, unsere verschlossenen europäischen Grenzen, die Näherinnen in Bangladesch, die für Sklavenlöhne unsere Mode nähen, für die vielen Toten in der Welt, weil sie keinen Zugang zur medizinische Versorgung haben oder weil die reichen Länder zuerst sich selbst versorgen. Und was wird auf uns zukommen, wenn die Weizenlieferung aus der Ukraine nicht nach Afrika und in den Nahen Osten kommen und es dort vor allem die ärmeren Menschen treffen wird?

 

Die Frage der Schuld, die Frage der Verantwortlichkeit ist heute schwer festzulegen, weil wir miteinander vernetz sind und letztlich jeder an sich selbst denkt. Das merken wir auch bei dem großen Thema des Klimawandels. Hier ist jeder gefragt, seinen Beitrag zu leisten unseren Lebensstandard zu hinterfragen, erste Schritte mutig zu gehen und vor sich selbst und vor unserem Gott, unserem Nächten und der anvertrauten Schöpfung verantwortlich zu leben. Alles wird dann im Buch stehen, dass vom HERRN eingesehen wird.

 

Der Traum von Daniel geht weiter. Nach dem Alptraum der vier Tiere und dem Gericht über sie kommt noch einer. Diesmal nicht aus dem aufgewühlten Chaosmeer, also nicht von unten, sondern er kommt mit und aus den Wolken des Himmels. Wie eines Menschen Sohn ist er und

bekommt von dem, der uralt ist, alle Macht und Ehre. Die Völker werden ihm dienen und sein Reich, seine Macht wird kein Ende haben.

 

Was für ein Traum: Dieses Reich am Ende der Zeit wird ein menschliches sein, ein Reich der Menschlichkeit, ohne Unterdrückung und Gewalt! Die irdischen Reiche und Mächte sind endlich, dieses Reich der Menschlichkeit hat kein Ende. Was für ein Hoffnungsbild!

 

Das, was Daniel im Traum sieht, das beginnt 180 Jahre später Wirklichkeit zu werden. Jesus, der Sohn Gottes, die Hände gefesselt, gezeichnet von der Folter der Soldaten, steht er dem Hohen Rat und später Pilatus gegenüber und deren menschlicher Macht. In Mt. 26,64 bezieht sich Jesus auf den Traum von Daniel, in dem er bekennt: „Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels.“ Seine Ohnmacht, das Erleiden von Spott und Folter, den Tod am Kreuz, der Macht der Menschen ausgeliefert, scheinbar machtlos – und doch der Sieger!

 

Es ist der auferstandene Herr von den Toten und der Überwinder aller menschlichen Gewalt und Mächte der Welt, der auf einem Berg in Galiläa unter den Jüngern steht und sie in die Welt hinaussendet mit den Worten: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf dem Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Mt.28,18-20)

 

Als nun Jesus mit einer Wolke hinweggenommen wird stehen die Jünger da. Und mitten unter ihnen stehen zwei Männer mit weißen Gewändern und sie sagen zu ihnen: „Ihr Männer und Frauen von Galiläa, von Lingelbach, Grebenau, Berfa, Merlos, Bieben, Ottrau, Hattendorf, Breitenbach und woher ihr auch alle seid, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ (Apg.1,11)

 

Das ist die Botschaft von Himmelfahrt: Trotz Tod am Kreuz geht es weiter. Christus ist auferstanden. Ihm ist alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. Er hat auch die Fäden meines Lebens in seiner Hand. Auch wenn mir vieles unbegreiflich scheint – am Ende deckt er auf. Auch wenn hier heimliche Tränen geweint werden – er wird richten. Auch wenn manches Unrecht ungesühnt bleibt – am Ende wird er zurechtbringen, was verloren ging.

 

Somit ist Christi Himmelfahrt kein Abschiedsfest, sondern ein Hoffnungsfest. Das ist Grund genug, Himmelfahrt froh zu feiern. Ihm wollen wir heute neu unser Leben anvertrauen. Unserem Herrn Jesus Christus, der für uns gekreuzigt und uns vorangegangen ist. Er regiert. Er wird wiederkommen zu richten die Lebenden und die Toten, wie wir es in unserem Glaubensbekenntnis bekennen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: EG 354,1-3 Ich habe nun den Grund gefunden …

 


predigt vom 22.05.2022

Predigt: Lk.11,1-4 (5-13) (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

22.05.2022

Sonntag: Rogate (Betet!)

Wochenspruch: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ (Ps.66,20)

Lesung: Lukas 11,1-4 Das Vaterunser

Wochenpsalm: Psalm 102 / EG 741

 

Lied: 344,1-4 Vater unser im Himmelreich …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Lukas 11,1-13

11,1 Und es begab sich, dass er an einem Ort war und betete. Als er aufgehört hatte, sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte. 2 Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht:

Vater!

Dein Name werde geheiligt.

Dein Reich komme.

3 Gib uns unser täglich Brot Tag für Tag 4

und vergib uns unsre Sünden;

denn auch wir vergeben jedem,

der an uns schuldig wird.

Und führe uns nicht in Versuchung.

5 Und er sprach zu ihnen: Wer unter euch hat einen Freund und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 7 und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. 8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, so viel er bedarf.

9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

11 Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange? 12 Oder gibt ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!

 

Herr, lehre uns beten

 

Liebe Gemeinde,

 

über den heutigen Predigtabschnitt bin ich sehr dankbar und ich lese ihn immer wieder gerne, weil es ums Beten geht. Ich bin dankbar, dass uns Jesus das Vaterunser gegeben hat. Aber mehr noch, dass er uns auch was Allgemeines zum Wesen des Gebets sagt. Denn Beten ist das Zentrum unseres Glaubens, die Beziehung zu Gott. Jede Beziehung – das wissen wir aus unserem Alltag – lebt vom Gespräch. Ohne miteinander im Gespräch zu sein, kann keine Beziehung aufgebaut und erhalten werden. Und was für das Zwischenmenschliche gilt, das gilt auch für unsere Beziehung zu Gott.

 

So wichtig Beten ist, so machen wir alle doch die Erfahrung, dass es uns nicht leicht fällt ein regelmäßiges Gebetsleben zu führen. Viele von uns beten nur, wenn sie in Not sind oder wenn sie einen Gottesdienst besuchen. Doch beten will viel mehr sein und das spüren auch die Jünger. Deshalb richten sie die so wichtige Bitte an Jesus: „Herr, lehre uns beten.“ (V.1)

 

Ich freue mich, dass Jesus die Bitte der Jünger nicht abwertet, so nach dem Motto, ihr seid doch gläubige Juden und wisst nicht was beten ist? Nein, er nimmt die Bitte ernst und gibt auf dreierlei Weise Antwort auf die Bitte der Jünger.

1. Er gibt uns ein Gebet, dass wir sprechen können.

2. Wir dürfen Gott um alles bitten und zu jeder Zeit.

3. Wir dürfen mit Zuversicht beten.

 

1. Er gibt uns ein Gebet, dass wir sprechen können.

Ich bin so dankbar, dass uns Jesus ein Gebet geben hat: das Vaterunser. Das Vaterunser ist ein besonderes Gebet, weil die Worte von Jesus selbst sind. Er hat uns das Gebet geschenkt. In diesem Gebet ist alles enthalten, was für uns wichtig ist: Die Beziehung zu Gott, die Beziehung zu unseren Mitmenschen und die Beziehung zu uns selbst.

 

Vielleicht ist ihnen aufgefallen, dass das Vaterunser im Lukasevangelium anders ist, als das was wir sprechen. Diese Beobachtung ist richtig. Wir beten das Vaterunser mit den Worten aus dem Matthäusevangelium 6,9-13. Wir sehen, dass es unterschiedliche Traditionen der Überlieferung des Gebets Jesu gibt. Wichtig ist aber: Jesu hat uns ein Gebet gegeben.

 

Weiter ist wichtig, dass in diesem Gebet alles enthalten ist, was für die Beziehung zu Gott, zu unseren Mitmenschen und zu mir selbst wichtig ist. Mit diesem Gebet fangen wir an, können wir jeden Tag beten und zugleich – wenn es uns sehr vertraut ist – ermutigt es uns zum selbstständigen Beten. Wir können es ganz leicht erweitern durch persönliche Hinzufügung und so bekommt unser Gebetsleben zu Gott eine Freiheit, als würden wir mit einem anderen, uns lieben und vertrauten Menschen sprechen. Oder wir sagen Gott alles, was uns auf dem Herzen liegt und schließen das Gebet mit den Worten Jesu, dem Vaterunser.

 

Wie geht das? So können wir bei der Bitte „vergib uns unsere Schuld, denn wir vergeben jedem, der an uns schuldig wird“ (V.4) unsere Schuld einfügen und benennen oder die Vergebung aussprechen für die Menschen, die an uns schuldig geworden sind. Bei der Bitte um das tägliche Brot können wir andere Fürbitten hinzufügen und zugleich auch den Dank für alles, was wir täglich zur Verfügung haben. Bei der Bitte, dass das Reich Gottes komme, können wir die Bitte einfließen lassen, dass wir offen dafür sind zu sehen, wo Gott in dieser Welt wirkt, dass wir uns in Anspruch nehmen lassen, damit sein Wille in dieser Welt Wirklichkeit wird, in dem wir tun, was unser Herr getan hat.

Ich denke, die Beispiele zeigen und ermutigen uns, dass das Vaterunser ein wunderbares Gebet ist und uns ermuntert, es persönlich zu erweitern. Es können aber auch schlicht nur die Worte Jesu gebetet werden. Gewiss ist, es wird unser Leben verändern, denn der Anfang erinnert uns daran, dass wir einen Vater im Himmel haben.

 

2. Wir dürfen Gott um alles bitten und zu jeder Zeit.

 

Nachdem Jesus den Jüngern das Vaterunser gegeben hat, erzählt er ihnen eine merkwürdige Geschichte von einem Menschen, der um Mitternacht sich an seinen Freund wendet, weil er in Not ist. Die Geschichte will verdeutlichen, für Menschen ist die Zeit unmöglich und eine Zumutung für den Bittenden für den, der gebeten wird. Dem Bittenden ist es peinlich, so spät noch seinen Freund zu bitten und zu belästigen, und für den Gebetenen ist es mit vielen Unannehmlichkeiten verbunden, dieser Bitte nachzukommen. Er liegt schon im Bett. Die Kinder schlafen. Die Tür ist schon verschlossen. Er war schon mitten im Schlaf. Mit anderen Worten, das was wir Menschen nicht zumuten würden, all diese Bedenken sollten wir beim Beten zu Gott nicht haben.

 

Es gibt keine peinlichen Bitten. Alles was uns bewegt und beschäftigt, das dürfen wir vor Gott unserem Vater aussprechen. Es müssen keine wohlformulierten Gebete sein, wie wir es oft in den Gottesdiensten hören. Wir können mit unseren eigenen Worten, zuweilen auch stammelnden Worten, Schweigen, Worten der Wut oder der Anklage beten. Die Beter der Psalmen ermutigen uns darin und wenn wir diese Gebete lesen, dann werden wir ermutigt auch all unsere Anliegen vor Gott zu bringen. Es gibt im Gebet keine Zensur.

 

Es gibt auch keinen falschen Zeitpunkt. Beten können wir überall und zu jeder Zeit. Ob es bei der Autofahrt ist, bei der Arbeit, in der Prüfung, ein stilles Gebet im Streit, abends im Bett, wenn uns Ängste plagen oder wir mit dem Fahrrad unterwegs sind und an den einen oder anderen denken, dessen Not wir kennen. Es ist gut, wenn wir so beten können, dass wir jederzeit mit Gott sprechen, dass es uns zu einem Bedürfnis wird. Viele Worte sind dazu nicht notwendig. Dazu will uns Jesus mit der Geschichte vom bittenden Freund ermutigen.

 

3. Wir dürfen mit Zuversicht beten.

Die Verse 9 und 10 wollen wir noch einmal hören und auf uns wirken lassen. Hier sagt Jesus grundsätzliches zum Gebet: „Bittet, so wird es euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan. Denn der da bittet, der empfängt; und wer da suchet, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“ Welch große Verheißungen gibt uns Jesu mit diesen Worten! Das ist eine große Ermutigung zum Gebet.

 

Dennoch irritieren uns diese Worte, wenn wir die Erfahrung machen, dass wir beten und uns doch nicht geben wird, worum wir baten. Wir beten um Heilung und der Mensch stirbt. Wir beten um Wegweisung und doch können wir den Weg nicht erkennen, den wir gehen sollen. Wir bitten um Frieden und doch schweigen die Waffen in der Ukraine nicht.

 

Dann kommen Fragen in uns auf. Hat uns Gott nicht erhört? Gibt es Gott, oder sind unsere Worte nur bis zur Decke gegangen? Erfahrungen von nicht erhörten Gebeten sind schwer zu ertragen und können Zweifel an unserem Vertrauen zu Gott säen oder es gar erschüttern.

 

Was wird uns gegeben? Was werden wir finden? Wo klopfen wir an, dass uns aufgetan wird? Fragen, die uns bewegen. Jesus gibt diese Antwort auf die Bitte der Jünger: „Herr lehre uns beten.“ (V.1) Was haben Jesu Worte der Verse 9-10 zu bedeuten?

 

Beten ist Gott um etwas bitten. Das ist uns verständlich und die meisten von uns verstehen in erster Linie das als Sinn des Gebets. Aber das ist eine sehr starke Verkürzung vom Gebet. Wir würden vermutlich eine Beziehung auch nicht mögen und schätzen, wenn der „Freund“ nur zu uns kommt, weil er etwas von uns will. Auf die Dauer würden wir sagen, diese Beziehung ist einseitig und sie geht nicht in die Tiefe. Wenn er etwas von mir will, dann kommt er, ansonsten lässt er sich nicht blicken! Das leuchtet uns allen ein. Das Gebet ist also nicht nur auf das Bitten beschränkt. Wie könnte es das auch sein, wenn es das Zentrum des Glaubens bedeutet, nämlich die Beziehung zu Gott pflegen.

 

Deswegen, so Jesus, gehört das andere dazu. Beten ist ein Gott suchen, es ist ein „anklopfen“ oder wenn man ein anderes Wort gebrauchen möchte, ein „kennenlernen wollen“ Gottes. All das ist Gebet. Das ist nur zu verständlich, wenn man bedenkt, dass Beten die Brücke zu Gott ist.

 

Jesus verheißt uns also, dass unsere Bitten erfüllt werden, dass wir im Gebet Gott finden werden und dass sich Gott uns gegenüber öffnen wird. Das ist die Verheißung des Gebets. Bitten ist da nur ein kleiner Aspekt vom Beten. Dass Jesus so Beten verstanden wissen will, das wird am Vaterunser deutlich. Die Bitte, dass Gottes Reich komme. Die Bitte, dass Gottes Wille geschehe. Die bitte, dass er uns nicht in Versuchung führe. Darin wird deutlich, dass das Vaterunser weit über die Bitte um das tägliche Brot, oder wenn man will, für das zum Leben notwendige, hinaus geht. Beten will uns in die Wirklichkeit Gottes hineinführen. Beten hilft uns, in unserem Alltag Gottes Gegenwart wahrzunehmen und zu erkennen.

 

Konkret heißt das, dass es gut ist, dass wir für den Frieden in der Ukraine oder anderen Konfliktherden beten. Auch wenn ich öfters die Kritik höre: Beten hilft auch nicht! Und ich werde darauf hingewiesen, dass der Krieg nicht aufgehört hat und schon fast 90 Tage mit Brutalität weitergeführt wird. Aber deswegen ist das Friedensgebet nicht vergeblich.

 

Im Gebet nehmen wir Gottes Gegenwart in diesem Krieg war. Im Gebet setzen wir uns der Wahrheit Gottes aus und lassen uns nicht von den Stimmen und Lügen über den Krieg beeinflussen, sondern suchen die Botschaft Gottes, dass er den Frieden will und in seinem Licht das Böse erkannt wird. Es bewahrt uns davor Feindbilder in uns zu festigen und öffnet unsere Augen für Versöhnung, Vergebung und Frieden, was ja nach jedem Krieg folgen muss, sonst verstricken wir uns immer weiter in der Macht des Krieges, des Bösen, der Gewalt, dem Hass und der Zerstörung und das gibt uns keine Zukunft. Das kann nur Christus, der unser Friede ist, der uns Kraft gibt zur Versöhnung und Vergebung. Das Gebet ist der Zugang dazu, weil es uns mit Gottes Liebe verbindet. Deshalb ermutigt uns Jesus zum Beten. Schön, dass es den Sonntag Rogate gibt. Das erinnert und ermutigt uns zum Beten.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: EG+54,1-3 Unser Vater … / EG 131,1-3+6 O Heiliger Geist, o heiliger Gott


Predigt vom 24.04.2022


 

Predigt: Jeremia 29,13-14; Markus 9,23; Psalm 139,5; Psalm 36,6

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 24.04.2022

Sonntag:                             Konfirmation in Hattendorf 

 

Quasimodogeniti (Wie die neugeborenen Kindlein. 1.Petrus 2,2)

 

Wochenspruch:   Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ 1.Petrus 1,3

 

Lesung:  Johannes 20,19-29

Der Auferstandene erscheint den Jüngern und Thomas

 

Wochenpsalm:                                Psalm 116   / EG 746

 Lied: EG 168,1-3 Du hast uns Herr gerufen …

 Kanzelgruß: Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater

                           und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

 Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

 und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

 sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 Predigttext:

 Karoline Merle /Jeremia 29,13-14: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.“

 Luis Heinrich Wagner / Psalm 139,5: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“

 Lea Sophie Neumann und Emilia Tontsch / Markus 9,23: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“

 Johanna Bernhardt / Psalm 36,6: „HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.“

 Konfirmation heiß: Mit Gott leben wollen!

Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde, heute feiern wir Konfirmation. Das ist ein besonderes Fest für Euch Konfirmanden. Denn mit der heutigen Konfirmation werdet Ihr eingesegnet und gehört von nun an als Gemeindeglieder zur Kirche vor Ort. 1 1/2 Jahre habt Ihr in der Vor- und Konfirmandenzeit die Gottesdienste besucht und Konfirmandenunterricht gehabt. Ihr konntet sogar eine Konfirmandenfreizeit erleben. Ich bin sehr dankbar, dass Ihr fast wieder eine normale Konfirmandenzeit hattet.

Heute nun ist der große Tag, an dem Ihr konfirmiert werdet. Was heißt das?

Das Wort „Konfirmation“ leitet sich vom lateinischen Wort „confirmatio“ ab und bedeutet wörtlich „Befestigung“, „Bekräftigung“ oder „Bestätigung“. Mit dem heutigen Tag sollt Ihr also etwas bekräftigen und bestätigen, nämlich Euer Vertrauen zu Gott und dass Ihr Christen sein wollt. Deswegen sind wir heute hier und feiern mit euch diesen Gottesdienst.

Aber was wird bekräftigt und bestätigt? Ihr bestätigt Eure Taufe, die Ihr als kleines Kind empfangen habt. Damals haben Eure Eltern und Paten und die ganze Gemeinde stellvertretend  für Euch „ja“ gesagt und auf Gottes Zuspruch geantwortet.

Wir haben in der Konfirmandenfreizeit viel über die Taufe nachgedacht. Ihr erinnert Euch an die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer im Jordan. Als Johannes Jesus tauft spricht Gott, der Vater vom Himmel herab: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Mk.1,11) In der Taufe spricht seitdem Gott zu jedem Menschen: „Du bist mein geliebtes Kind !“ Daran haben wir uns erinnert auf der Freizeit und haben uns dieses Wort gegenseitig zugesprochen und zugleich mit Wasser ein Kreuzzeichen auf die Handfläche gezeichnet als Erinnerung an unsere eigene Taufe.

Gottes Ja hat Euch bis zu dem heutigen Tag begleitet und es will Euch weiter begleiten. Wichtig ist dabei, dass dieses Ja Gottes zu Euch auf ein Ja von Euch an Gott wartet. Denn Gott ist unser Vater und das heißt, dass er eine Beziehung zu Euch will. So wie ein Kind zu seinem Vater eine Beziehung hat, so will auch Gott Vater zu einem jedem von Euch als Gottes Kind eine Beziehung haben.

Was eine Beziehung ist, dass wisst Ihr. Die Beziehungen in der Familie, zu Mutter und Vater, zu den Geschwistern und den Großeltern und natürlich auch die Beziehungen zu Euren Freunden. Ohne Beziehungen kann kein Mensch leben. Wir brauchen Sozialkontakte, sonst können wir uns nicht entwickeln und zu einer Persönlichkeit werden. Ohne Beziehung würden wir verkümmern und sterben. Deswegen ist es das Schlimmste, was man einem Menschen antun kann, dass er isoliert wird, dass man über mehrere Tage, Wochen und Monate nicht mit ihm spricht und er allein ist mit sich selbst. Andere aus der Gemeinschaft ausschließen, ist schlimm. Ihr kennt das, wenn alle einem meiden und niemand unser Freund sein will.

Beziehungen pflegen wir, indem wir miteinander reden, etwas Gemeinsames erleben, gemeinsam Essen, füreinander sorgen und uns gegenseitig helfen. So pflegen wir unsere Beziehung, halten sie lebendig. Sie tun uns gut und wir suchen den anderen, weil wir diese Beziehung brauchen. Gewiss, die Beziehungen ändern sich. Ihr seid in einer Lebensphase, in der neue und andere Beziehungen wichtiger werden, als die zu den Eltern. Dennoch ist es gut, wenn neben vielen neuen Freundschaften auch der Kontakt zur Familie gepflegt wird und gut bleibt.

 

Aber wie lebt man eine Beziehung zu Gott? Darüber haben wir in der Konfirmandenzeit vieles gehört und nachgedacht. Aber im Grunde ist es nicht anders, als wie mit Menschen. Wenn ich eine Beziehung, eine Freundschaft zu einem Menschen haben möchte, dann nehme ich mir Zeit für ihn. Ich möchte ihn gerne kennenlernen, suche den Kontakt mit ihm und spreche mit ihm und erfahre, welche Hobbies er hat, welche Musik er gerne hört , so wird er mir mit der Zeit vertraut. D.h. ich kann dem anderen immer mehr anvertrauen, er kennt meine Stärken und meine Schwächen. Wenn es gut läuft, wird der andere mein bester Freund, der immer für mich da ist.Nicht anders ist die Beziehung zu Gott, unserem Vater und zu seinem Sohn Jesus Christus. Wie das geht, dass kommt wunderbar in dem Konfirmationsspruch von Karoline Merle zum Ausdruck.

 

Karoline Merle / Jeremia 29,13-14: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.“ Gott gibt uns die Verheißung, dass er sich von uns finden lassen will. Also Gott lässt sich finden. Das ist eine wundervolle Verheißung und Ermutigung. Das heißt, die Konfirmandenzeit ist zwar zu Ende, aber jetzt beginnt das Wesentliche: Die Beziehung zu Gott zu leben. Ihn mehr und mehr kennenzulernen. Zu Hören was er sagt, seinen Worten zu vertrauen und zu leben. Hören tun wir Gott in seinem Wort, im Gottesdienst, in den Gruppen unserer Kirchengemeinde, also in Gemeinschaft mit anderen, die Gott kennen und mit ihm leben. Oder zuhause, wenn wir mit ihm sprechen, dass was die Christen Beten nennen. Die Beziehung zu Gott will gepflegt werden und sie will wachsen, so weit, dass er uns vertraut wird und er unser bester Freund wird. Der mit uns durch Dick und Dünn geht und immer an unserer Seite ist.

Damit kommen wir zu dem Konfirmationsspruch von Luis Wagner.

Luis Heinrich Wagner / Psalm 139,5: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.“ Möchten wir nicht so einen Freund haben? Einer, der immer bei uns ist, nicht nur dann, wenn es uns gut geht, sondern auch dann, wenn es uns schlecht geht! Wenn andere uns verlassen oder meiden – unser Vater im Himmel verlässt uns nicht. Er ist bei mir. Ja, mehr noch, er hält seine schützende Hand um und über mir. So ein Freund ist uns der Vater im Himmel. Mit ihm sind wir niemals allein!

Das ist eine wunderbare Verheißung an uns. Gott, unser Vater ist auch dann bei uns, wenn wir unser Elternhaus verlassen müssen, weil wir woanders arbeiten und lernen wollen oder einen Menschen getroffen haben, mit dem wir zusammenleben möchten und deshalb aus dem Elternhaus ausziehen. Vieles kann sich verändern, aber Gott, unser Vater bleibt an unserer Seite und verlässt uns nicht.

Und doch gibt es manchmal Zweifel, ob das wirklich stimmt. Dass Gott, der Vater uns so sehr liebt und uns ein so guter Freund ist. Besonders dann, wenn uns etwas Schlimmes widerfährt, was wir nicht verstehen, warum Gott das zugelassen hat, dass uns traurig macht. Wir fragen dann: Wo bist du Gott gewesen? Warum hast du das nicht verhindert? Wenn du mich liebst, warum lässt du das zu? Solche Fragen und Erlebnisse können unser Vertrauen zu Gott erschüttern. Wir wissen dann nicht mehr, ob wir Gott vertrauen können.

Dazu haben uns der Konfirmationsspruch von Lea Neumann und Emilia Tontsch etwas Wichtiges zu sagen.

Lea Sophie Neumann und Emilia Tontsch / Markus 9,23: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Das ist ein großes Wort. Dies sagt Jesus zu einem Vater, dessen Kind eine schlimme Krankheit hat. Der Vater ist verzweifelt und weiß nicht mehr was er noch hoffen und glauben kann. Zu so vielen Menschen ist er gegangen und hat um Hilfe gebeten, aber keiner konnte seinem Kind helfen. Und so wendet er sich in seiner Verzweiflung an Jesus.  Der fragt ihn: Glaubst du, dass ich dir helfen kann und sagt die Worte: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt!“ Und so antwortet der Vater verzweifelt und ehrlich in seiner Not: „Ich glaube, hilf meinen Unglauben!“ (Mk.9,24)

Der Satz Jesu ist missverständlich, weil er oft so verstanden wird, dass es an meinen Glauben liegt, ob Jesus hilft oder Unglück von mir abgewendet wird. Aber Jesus ist kein Wunsch- und Glücksautomat, der all unsere Träume verwirklicht und erfüllt. Das denken viele Menschen und wenn ihnen etwas Schlimmes widerfährt, machen sie Gott Vorwürfe und wenden sich von ihm ab.

Wichtig ist, dass wir all unsere Not, all unseren Zweifel, all unsere Wut und nicht Verstehen können, Gott, unserem Vater sagen. Dass wir im Gespräch mit ihm bleiben. Dass wir aussprechen, was uns bewegt.

Aber auch das andere ist wichtig: Zu hören was er uns zu sagen hat. Wie er uns trösten will. Wie er uns zum Vertrauen zu ihm ermutigt und dass wir das Widerfahrene annehmen, auch wenn wir es nicht verstehen. Dass wir darauf vertrauen, dass Gott uns Kraft gibt, dass wir trotzdem in der Liebe bleiben und nicht verbittern und böse werden und Menschen helfen können, die ähnliches durchmachen müssen. Dem Glauben, das Vertrauen zu Gott ist nichts unmöglich! Er hilft uns! Er gibt uns Kraft. Er richtet uns auf. Und wenn wir solche Prüfungen durchstehen, wächst unsere Beziehung zu Gott und stellt unser Leben auf ein Fundament, in dem wir mehr und mehr wissen: Er hält seine Hand über mir und ist immer an meiner Seite, was auch kommen mag.

Es ist gut, wenn wir in solchen Zeiten der Prüfung unseres Vertrauens zu Gott mit anderen Christen verbunden sind, die für uns beten. Die uns in dieser schweren Zeit helfen und uns mit Gott verbinden halten. Deswegen ist es wichtig für einen Christen zu einer Gemeinschaft von Gläubigen zu gehören. Sie helfen Euch im Glauben zu wachsen. Deswegen bitte ich Euch, besucht weiterhin die Gottesdienste und engagiert Euch im Kindergottesdienst oder anderswo. Das stärkt das Vertrauen zu Gott und lässt Euren Glauben wachsen.

Das Ziel unseres Glaubens ist, was im Konfirmationsspruch von Johanna Bernhardt zum Ausdruck kommt.

Johanna Bernhardt / Psalm 36,6: „HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.“ Den Himmel sehen wir jeden Tag. Die Wolken, die am Himmel entlang ziehen, dass kennen wir. Es ist ein vertrautes Bild, das David hier gebraucht, um deutlich zu machen, wie gut Gott, unser Vater zu uns ist. Gott ist so gut zu uns, dass es nichts gibt, was seine Güte zu uns zum Ausdruck bringt, als der unendliche Himmel. Der Himmel hat keine Grenzen und akzeptiert auch keine Grenzen und schon gar nicht die Grenzen, die Menschen machen, wie sicher die auch seien. Der Himmel schert sich nicht darum.

Gottes Liebe und Gottes Güte zu uns sind grenzenlos! Das ist es, was wir unser Leben lang lernen. Wir erleben eigene Grenzen unserer Möglichkeiten, auch unserer Liebe zu anderen und zu uns selbst. Grenzen gehören zu unserem Leben und sie sind oft schmerzlich. Aber in Bezug auf Gott gibt es diese Grenze nicht. Gottes Güte und Gottes Liebe sind grenzenlos. Keine Macht und keine Kraft können uns von dieser Beziehung wegführen, auch der Tod nicht.

Solch einen Glauben zu Gott unserem Vater wünsche ich Euch. Dass ihr ihn kennenlernt im Leben, in guten, wie in bösen Tagen vergesst nicht, Gottes Liebe und seine Güte sind immer noch größer. Das ist wahr! Das was uns zugesagt ist, ist so wahr und grenzenlos, wie die Wolken am Himmel ziehen.

Solch ein Glauben kann wachsen, wo wir immer wieder Gott vertrauen lernen, mit ihm im Gespräch bleiben und seine Nähe suchen. Wir werden staunen wozu Glaube fähig ist und dem nichts unmöglich ist und dass er unser Leben in Gott ist und bleibt. Das bedeutet Christsein.

Heute an der Konfirmation macht ihr Euer Leben fest mit dem Vater im Himmel, dessen Güte und Liebe keine Grenzen hat, die so weit ist wie der Himmel. So segne euch Gott und begleite Euch auf dem Weg durch das Leben im Vertrauen auf ihm.

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

Lied: 168,4-6 Wenn wir jetzt weitergehen …


Karfreitag

Predigt: Lukas 23,32-49 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

15.04.2022

 

Sonntag: Karfreitag

Wochenspruch: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16)

Lesung: Jesaja 52,13-15; 53,1-12 Der Gottes Knecht

Wochenpsalm: Psalm 31 / EG 716

 

Lied: 97,1-3 Holz auf Jesu Schulter …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Lukas 23,32-49 Jesu Kreuzigung und Tod

32 Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden. 33 Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. 34 Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun! Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum.

35 Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. 36 Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig 37 und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! 38 Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König.

39 Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! 40 Da antwortete der andere, wies ihn zurecht und sprach: Fürchtest du nicht einmal Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!

43 Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

44 Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde,

45 und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. 46 Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er. 47 Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen! 48 Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um.

49 Es standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und sahen das alles.

 

Christus starb für uns!

 

Liebe Gemeinde,

 

der Karfreitag war lange Zeit der wichtigste Feiertag in der evangelischen Christenheit, mehr noch als Ostern. Denn hier im Geschehen am Kreuz ereignet sich das, wovon wir leben. Christus starb für uns und unsere Schuld, damit wir leben. Am Kreuz wurde die unendliche Liebe Gottes zu den Menschen sichtbar. Die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, womit er selbst durch seinen Sohn Jesus Christus den Weg für den Menschen frei gemacht hat, damit der Mensch lebt!

 

Der Ernst dieses Geschehens wurde in der evangelischen Christenheit in besonderer Weise begangen, die ich aus meiner Kindheit noch kenne. Es ist ein stiller Feiertag. Feste wurden nicht gefeiert. Alles ruhte und es war eine besondere Stille im Haus. Man zog sich in sein Zimmer zurück, ging leise durch die Flure und still spazieren. Der Karfreitagsgottesdienst wurde besucht und es wurde mit Ehrfurcht bedacht, wie groß die Liebe Gottes zu einem ist und dass unsere Schuld der Auslöser dieses Heilshandeln Gottes war.

 

Als Kinder waren wir bei Karfreitag etwas überfordert. Wir wussten nicht so recht, was wir tun dürften und was nicht. Heute im Rückblick finde ich es nicht tragisch. Als Kind muss man nicht alles verstehen und doch spürten wir, dass es ein besonderer Tag war. Ein Tag der Stille, ein Tag mit Würde, ein Tag, von dem wir ahnten, dass er wichtig ist und eine Botschaft an uns hat. Jesus ist am Kreuz gestorben. Zugleich wussten wir, dieser Tag ist ein Vorbote für den Feiertag: Ostern wird blad kommen. Darauf freuten wir uns.

 

Heute, wenn ich zurückschaue, habe ich jetzt mehr verstanden, was am Kreuz für mich geschehen ist? Wie oft habe ich die Kreuzigung Jesu gelesen, wie oft über diese Texte meditiert, nicht nur im Theologiestudium. Wie oft habe ich über dieses Ereignis gepredigt.

 

Es ist und bleibt ein Geschehen, das sich unserem Denken nicht endgültig erschließt. Paulus sagt zu Recht, dass die Botschaft vom Kreuz für die einen eine Dummheit und für die anderen, die daran glauben, eine Weisheit Gottes ist (vgl. 1.Kor.1,18). Und das spüren wir auch in unserem heutigen Predigttext aus dem Evangelium nach Lukas. Einige lachen und spotten, wie der eine Verbrecher am Kreuz und die Passanten und Schriftgelehrten, die nur kommen, um ihren Spott zu treiben. Wieder andere, wie der römische Hauptmann, erkennen eine besondere heilige Atmosphäre, wenn er es auch nicht einordnen kann. Oder der andere Verbrecher, der im Gespräch mit Jesus sein Heil findet und mit Jesus ins Paradies einzieht.

 

Und so hat sich bis heute daran nichts geändert. Die Meinungen gehen auseinander und ich würde mal sagen, die meisten halten dieses alles für verrückt und nicht akzeptabel für einen modernen aufgeklärten Menschen. Die brauchen kein grausames Opfer und sie brauchen kein Blut und an solch einen brutalen Gott wollen sie schon gar nicht glauben und es nicht akzeptieren.

 

Aber wer ist denn grausam in dieser Geschichte? Es ist der Mensch. Gott setzt sich der Grausamkeit und der Bosheit der Menschen aus und erduldet sie. Es ist der Mensch, der durch Grausamkeit und Bosheit meint, zu seinen Zielen zu kommen. Das ist ja bis heute so, wir brauchen nur in die Ukraine zu schauen. Die Opfer spielen keine Rolle, aber

Großmachtfantasien wollen umgesetzt werden. Es hat sich nichts geändert. Und selbst die, die heute so aufgeklärt tun und Gottes Heilsweg als zu blutrünstig und brutal abtun, auch diese sind nicht viel anders. Auch ihr Leben, ihr Wohlstand, ihr Friede beruht darauf, dass andere Menschen leiden und darben. So wie Papst Franziskus über unsere Wirtschaft sagte: „Sie tötet!“ Die reiche Wirtschaft, das reiche Leben in Europa ist erkauft, weil andere nicht so reich sind und ausgebeutet werden. Warum sonst geht die Industrie in solche Länder und lässt dort für wenig Lohn und ohne Arbeitssicherheit produzieren? Bestimmt nicht aus Nächstenliebe! Das zusammengefallene Fabrikgebäude in Bangladesch 2013, was 1135 Näherinnen, die für unsere Mode und billige Bekleidung schufteten das Leben kostete und 2438 Verletzte forderte, ist ein Symbol dafür geworden. Es ist das Tragische, dass wir in all das verstrickt sind und wir uns dem nicht oder nur sehr schwer entziehen können.

 

Deswegen ist die Botschaft vom Kreuz heute immer noch aktuell. Es geht um das was Menschen anrichten, es geht um Schuld. Und wir müssen uns eingestehen, wenn wir ehrlich sind, dass der moderne Mensch nicht besser geworden ist. Der Klimawandel ist ein Produkt unserer Lebens- und Wirtschaftsweise die zunehmen immer mehr Menschen, Tiere und Natur bedroht. Das Coronavirus und dessen Herkunft bleiben im Dunkel und es ist nicht auszuschließen, dass auch da Menschen ihre Hände im Spiel hatten. Und jetzt sehen wir ohnmächtig einem Krieg zu, von dem wir glaubten, dass dazu der moderne Mensch nicht mehr in der Lage ist. Wir haben uns getäuscht.

 

Die erste Botschaft vom Kreuz an uns ist: „Vater vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (V.34) Das Heilshandeln Gottes am Kreuz ist der Weg, um den Mensch aus der Bosheit und Verstrickung in Schuld zu befreien. Christus erleidet und überwindet das Böse durch die Vergebung der Liebe. Nicht „sowie du mir, so ich dir“, sondern vergebende Liebe ist Gottes Handeln in dieser Welt. Das gilt für die Soldaten damals, die „nur“ Befehle ausführten, wie für jeden Menschen heute, der sich mit Schuld beladen hat. Die Vergebung Gottes hat die Kraft, das Böse und die Schuld zu überwinden.

 

Die zweite Botschaft vom Kreuz ist: „Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“ (V.43) Das sind die wunderbaren Worte Jesu am Kreuz an den Verbrecher, der neben ihm hängt. Der Verbrecher, der in Schuld so sehr verstrickt ist, dass er nicht mehr lebend herauskommt. Es wird nicht gesagt, was er getan hat, aber durch sein Reden wird deutlich, dass die Strafe, die er erduldet seinen Taten entspricht (vgl. V.41). Die Worte Jesu an ihn zeigen, dass sein Leben nicht in einer Schuldkatastrophe enden muss. Gottes Liebe kann auch das Leben eines Verbrechers zum Guten wenden. Das Vertrauen in Jesu Worte ist die Voraussetzung.

 

Dieses Gespräch am Kreuz zwischen Jesus und dem Verbrecher berührt mich sehr. Es zeigt, dass Gottes Liebe auch aussichtloses Leben doch noch zum Guten wenden kann. Menschliche Grenzen der Liebe sind nicht die Grenzen der Liebe Gottes. Dafür steht das Kreuz.

 

Noch eine dritte Botschaft hat das Kreuz an uns. Jesus ruft, bevor er stirbt am Kreuz: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ (V.46) Mit diesem Worten aus dem Psalm 31,6, den wir soeben gemeinsam gesprochen haben, mit diesem Gebetsruf stirbt Jesus am Kreuz. Mit diesen Worten ist das Heil vollbracht. Die Liebe Gottes ist zum Ziel gekommen und er hat alle Versuchungen, den Zweifel, die Bosheit der Menschen ausgehalten und ist doch in der Liebe seines Vaters geblieben. Zeitgleich reißt der Vorhang zum Allerheiligsten im Tempel

entzwei. Der Zugang zu Gott ist für alle Menschen frei und nicht mehr nur für den Hohepriester. Der betrat einmal im Jahr diesen Bereich des Tempels und trat hinter den Vorhang. Für alle anderen war dieser Bereich tabu. Jesus hat mit seinem Weg am Kreuz diesen Vorhang nun endgültig beiseitegeschoben und der Weg zum Vater ist nun für alle, die an ihn glauben, frei. So hören wir es im Wort, das uns heute mitgegeben ist: „So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. (Joh.3,16)

 

Für mich sind die Worte wichtig geworden. Darin drückt sich das tiefe Vertrauen Jesu zu seinem Vater aus. Dieses Vertrauen, sein Leben, seinen Geist in des Vaters Hände zu legen, das bedeutet für Jesus Leben. So wird es auch sein. Die Auferstehung wird folgen.

 

Gott anbefehlen! Das lernen wir unser Leben lang. Das ist nichts anderes, als unserem Vater immer wieder zu vertrauen. Das muss eingeübt werden in unserem Alltag, wenn wir Spott der anderen ertragen müssen, wie Jesus am Kreuz. Glauben lernen, auch wenn andere das für ein Hirngespinst oder für eine Dummheit halten. Glauben lernen, wenn unsere eigenen Zweifel an uns nagen, wenn Schuld und unsere Bosheit uns selbst erschrecken, wenn wir erkennen müssen, zu was wir fähig sind. Glaube lernen, dass unser Vater unsere Schuld vergibt, so wie damals dem Verbrecher am Kreuz. Glauben lernen, dass Gottes Liebe immer noch größer ist als wir es uns vorstellen können. Glauben, dass wir seine Kinder sind.

 

All das ist die Botschaft des Kreuzes. Wir brauchen wohl unser ganzes Leben, um die Weisheit Gottes im Kreuz zu erkennen. Für mich ist es dass, was Paulus einmal so ausdrückte: eine „Gottes Kraft“. Eine Kraft, die uns trägt im Leben und im Sterben.

 

So ist es mein Wunsch, wenn mein Leben an der Schwelle zwischen Leben und Tod angekommen ist, wenn ich im Sterben liege, dass ich dann auch das Gebet Jesu aus dem Psalm 31,6 sprechen kann: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“ Amen. (V.46) Alles, mein ganzes Leben, das was gelungen und das was gescheitert ist, das Gute und das Böse, der Erfolg und der Misserfolg, der Glaube und der Zweifel, meine Wagnisse der Weite des Glaubens und die Grenzen verursacht durch meine Angst. Ich als ganzer Mensch, der auf die Verwandlung durch unseren Vater zugeht, darauf will ich vertrauen und an seine Gnade und Barmherzigkeit mich halten, die sich in der Liebe seines Sohnes am Kreuz für mich zeigt.

 

Das will ich beten können, wenn ich auf dem Sterbebett liege und alles loslassen muss, woran mein Leben gehangen hat und ich werde dem vertrauen, der für mich am Kreuz hängt und der mich liebt: Jesus Christus. Er ist diesen Weg mir schon vorausgegangen und wird an meiner Seite sein und mich zum ewigen Leben führen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: +116,1-3 Dieses Kreuz / 85,1-3+9-10 O Haupt voll Blut und Wunden

 


Gründonnerstag

Predigt: 1. Korinther 10,16-17 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

14.04.2022

 

Sonntag: Gründonnerstag

Wochenspruch: „Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige HERR.“ Psalm 111,4

Lesung: Johannes 13,1-15 Jesus wäscht die Füße der Jünger

Wochenpsalm: Psalm 111 / EG 744

 

Lied: 221,1-3 Das sollt ihr Jesu Jünger nie vergessen …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: 1. Korinther 10,16-17

(Luther Bibel 2017)

16 Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?

17 Denn ein Brot ist's. So sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.

 

(BasisBibel 2021)

6 Denkt an den gesegneten Becher, über den wir das Dankgebet sprechen: Gibt er uns nicht Anteil am Blut von Christus? Denkt an das Brot, das wir brechen: Gibt es uns nicht Anteil am Leib von Christus?

17 Es ist ein Brot. Deshalb sind wir ein Leib, auch wenn wir viele sind. Denn wir alle essen von dem einen Brot.

 

Gemeinschaft, die Christus schenkt

 

Liebe Gemeinde,

 

Gründonnerstag ist das Erinnern daran, dass Jesus vor seiner Gefangennahme mit seinen Jüngern das Passahfest feiert, das er auf eine besondere Weise neu deutet. Heute denken wir an die Einsetzung des Abendmahls durch Jesus, das er an jenem Abend vor seinem Leidensweg am Kreuz mit seinen Jüngern gefeiert hat. Christus hat uns mit dem Abendmahl ein Sakrament geschenkt, in dem wir in besonderer Weise die Gegenwart Christi in unserer Mitte feiern.

 

Vieles kann über das Abendmahl gesagt werden und heute ist das Zentrum unserer Betrachtung der Aspekt „Gemeinschaft“. Gleich zweimal kommt das Wort in unserem kurzen Predigttext vor. Das eine Brot, das gebrochen wird, von dem alle essen. Der eine Kelch, der durch die Reihen geht und aus dem alle trinken. Beides, dass Brot und der Kelch, sind Ausdruck

der Gemeinschaft mit Christus. Christus ist das Fundament der christlichen Gemeinde. Die Gemeinschaft der Christen ist mit Leib und Blut Christi geschaffen. Es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen.

 

Kirche ist keine Gemeinschaft von gemeinsamen Interessen von Menschen und somit auch kein Verein. Es ist auch keine Gemeinschaft auf Grund von gemeinsamer Kultur und Prägung und somit auch kein Volk oder eine Nation. Christliche Gemeinde ist eine Gemeinschaft von Menschen, die durch Christi Leib und Blut zusammengefügt sind. Darin unterscheidet sich die christliche Gemeinde von anderen Gemeinschaften, die wir kennen.

 

Es ist gut, dass wir heute die Gemeinschaftswirkung Christi durch das Abendmahl bedenken. Wir befinden uns in einer Zeit, in der gerade viele Gemeinschaften zerbrechen. Im privaten Bereich ist es die Gemeinschaft in der Familie und der Ehe die oft auseinandergeht. Die Kinder sind oft die Leidtragenden, weil sie nicht wissen, wohin sie gehören. Schauen wir weiter in den Gemeinschaften, in die wir eingebunden sind: das Dorf, der Verein. Wie sehr hat diese Gemeinschaft durch die Corona-Pandemie gelitten. Wird es uns gelingen, diese Gemeinschaft wieder zu beleben? Viele Fragen sich das besorgt.

 

Wenn wir global denken, dann müssen wir feststellen, dass in vielen Konflikten Gemeinschaft zerbrochen wird. Es sind Kräfte am Werk, die nicht Gemeinschaft der Menschen wollen, sondern Spaltung und Trennung, die Zwietracht und Hass zwischen den Völkern säen. Der Ukrainekrieg, die wieder aufkeimenden Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, die Konflikte zwischen Europa und Russland, China und Taiwan und an vielen anderen Orten, in denen die Menschen nicht in Frieden miteinander leben können oder die Gemeinschaft gefährdet ist.

 

Da ist es gut, dass wir die Botschaft heute hören, dass im Abendmahl Christus den Christen in aller Welt Gemeinschaft schenkt. Das ist die Botschaft, die wir Christen zu verkündigen haben. Christus ist es, der alle Christen in der Welt zu einer Gemeinschaft macht und zusammenführt. Nationalität, Kultur, Sprache spielen keine Rolle mehr. Christus hat alle Menschen, die ihm vertrauen durch sein Leben und Sterben mit sich und untereinander vereint.

 

Das habe ich in meinem Leben immer wieder erfahren dürfen. Ich habe als Theologiestudent und später als Pfarrer Abendmahlsfeiern in England, in der USA, in Botsuana, in Kasachstan, Aserbaidschan, in Russland, hier in Lingelbach, Berfa, Hattendorf und auf Missionsfesten mit vielen Christen aus aller Welt miterleben dürfen, dass uns der auferstandene Christus vereint durch Brot und Wein. Auch wenn ich die Sprache oft nicht verstand, hier erlebte ich eine Gemeinschaft im Geiste Christi. Das ist für mich eine wertvolle und ermutigende Erfahrung.

 

Christus ist es, der die Menschen vereint. Christus mit seiner Liebe zu allen Menschen. Das ist die Mitte des Abendmahls: Das was Jesus getan und gesagt hat, das ist es was die Christen zu einer Gemeinschaft zusammenfügt. Das wird deutlich, wenn wir Brot und Wein betrachten. Dem wollen wir uns nun genauer zuwenden.

 

„Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi?“ (V.16)

 

Der Kelch mit dem Blut Christi ist die eine Grundlage der Gemeinschaft durch und mit Christus. Was bedeutet das?

Blut spielt eine wichtige Rolle in den Opferriten im Alten Testament. Wer gesündigt hatte, also den Bund Gottes mit dem Volk Israel übertreten hatte, war aus der Gemeinschaft zwischen Gott und dem Volk herausgefallen. Um wieder dazu zu gehören musste das Blut eines Opfertiers diese Gemeinschaft wiederherstellen. Das Opfertier sollte den sündigen Menschen symbolisch verdeutlichen, dass Sünde nicht harmloses Vergehen ist. Vergebung aber war immer Akt der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, nicht das Blut des Opfertieres. Das wird besonders deutlich bei der Opferkritik der Propheten, als die Menschen aus dem Opfer eine billige Handlung machten, so nach dem Motto, habe ich mal gesündigt und Spaß gehabt, dann opfere ich eben ein Tier und schon ist alles wieder in Ordnung. Opfer ohne echte Reue und veränderten Lebenswandel ist nichts wert.

 

Blut fließt beim Opfer. Blut ist das Zeichen für das Leben. Und doch ist es Gottes Gnade und Barmherzigkeit, die Schuld vergibt und nicht das Opfer. Schon bei der Zerstörung des ersten Tempels haben die Juden als Synagogengemeinde sich versammelt und Gottes Wort gelesen und auf den Opferkult verzichtet. Mit der Rückkehr aus dem Exil und dem Bau des neuen Tempels wurde der Opferkult wieder eingeführt und bestand auch zur Zeit Jesu. Jedoch auch Jesus kritisiert den Opferkult um den Tempel und vertreibt die Geldwechsler und Händler, die mit dem Kult Geschäfte machen aus dem Tempel (vgl. Mk.11,15-19). Nach der zweiten Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. wird kein Opferkult mehr praktiziert, bis heute. Es kommt das zum Ziel, was die Propheten gesagt haben, dass das Wort Gottes zu befolgen und danach zu leben, dass Gottes Gnade und Barmherzigkeit Schuld vergibt. Das ist somit wichtiger als das Opfer eines Tieres.

 

Jesus hat diesem schon vorgegriffen, als er das Passahfest mit seinen Jüngern feierte und er es zum Abendmahl umwandelte. Opfer war nicht mehr nötig. Ein für alle Mal hat sein Sterben am Kreuz jedes Opfer aufgehoben.

 

Die Wurzel des Passahfestes, das Jesus mit seinen Jüngern feiert, liegt in der Auszugsgeschichte des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. In der Nacht des Auszuges, wurde ein Lamm geschlachtet und dessen Blut an die Türpfosten der Häuser gestrichen, damit der Todesengel vorüberzog (vgl. 2.Mo.12,1-36) und das älteste Kind der Familie nicht getötet wurde. Hier ist das stellvertretende Sterben des Lammes für das Leben des ältesten Kindes geschehen. Jesus greift dies auf. Mit seinem Blut ist ein für alle Mal das Opfer abgeschafft. Zugleich wird aber deutlich, dass Sünde und Schuld der Menschen etwas Schlimmes sind. Es ist keine Bagatelle vor Gott. Wohin Sünde und Bosheit der Menschen führt, dass sehen wir im Leiden Jesu – und heute wieder an vielen Orten in der Welt, wenn wir sehen, was sich Menschen Böses antun.

 

Dafür steht der Kelch im Abendmahl. Es ist das Blut Christi, das für unsere Sünden und Bosheit vergossen ist. Der Kelch ist das Zeichen der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, die stärker ist als alle Gewalt, alles Bosheit der Menschen und dunklen Mächte. Am Kreuz ist dieser Sieg der Liebe Gottes errungen worden. Es ist nicht unser Sieg – und das ist gut so. Es liegt nicht an uns, sondern Gottes Liebe, die sich in Christus zeigt, ist stärker und hat überwunden alles, was trennend zwischen uns und Gott steht. Dafür steht der Kelch beim Abendmahl.

 

 

 

17 Es ist ein Brot. Deshalb sind wir ein Leib, auch wenn wir viele sind. Denn wir alle essen von dem einen Brot.

 

Kelch steht für die Versöhnungstat Jesu, die Gott, der Vater für uns getan hat. Indem wir gemeinsam von einem Brot essen, wird die Gemeinschaft konkret spürbar. Durch das eine Brot als Ganzes von den wir alle essen wird es konkret, dass wir zum Leib Christi gehören. So wie das Brot zu unserem elementaren Grundnahrungsmittel gehört, so elementar ist es für uns Christen zum Leib Christi zu gehören.

 

Einige Kapitel weiter entfaltet Paulus noch einmal das, was er damit meint, wenn er vom Leib Christi spricht und davon, dass jeder Christ ein Teil dieses Leibes ist. In Kapitel 12 entfaltet Paulus wunderbar, was es heißt als Christ ein Teil vom ganzen Leib Christi zu sein. Hier einige Kostproben: „Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte, aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen. (…) Denn wie der Leib einer ist und hat doch viele Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind, so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft … (1.Kor.12,4-6+12-13)

 

Wir gehören zusammen. Das ist die Botschaft des Abendmahls. Wir gehören zu dieser Gemeinschaft, weil Gott alles dafür getan hat, dass nichts Trennendes zwischen ihm und uns steht. Und wenn Schuld da ist, dann dürfen wir es vor Gott bekennen und im Namen seines Sohnes um Vergebung bitten. Das Brot, das wir essen und den Kelch, aus dem wir trinken will uns das sagen und unseren Glauben stärken.

 

Es gibt noch einen dritten und letzten Aspekt vom Abendmahl was die Gemeinschaft angeht. Das Abendmahl ist schon eine Tischgemeinschaft mit unserem dreieinigen Gott. Das ist wohl das wundersamste am Abendmahl. Wir sitzen am gedeckten Tisch unseres HERRN. Ein Mahl das hier schon seinen Anfang hat und das in die Ewigkeit hineinleuchtet, wenn dann Gott mitten unter uns wohnt und er unsere Tränen abwischen wird. Tränen des Leides, das wir erlitten haben, aber auch die Tränen der Freude über Gottes Gnade und Barmherzigkeit, wenn wir ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübersitzen.

 

Deshalb hat das Abendmahl glaubensstärkende Wirkung, weil es an unser Lebensziel erinnert: Gemeinschaft mit unserem Vater, Sohn und Heiligen Geist. Wir staunen und sind voll Freude, dass wir bei diesem Mahl eingeladen sind. Wir sitzen mit Gott an einem Tisch und sind eingeladen zum Festmahl. Das Brot und der Kelch sind die Brücken zur Ewigkeit, die schon heute und hier auf Erden beginnt und einmal vollendet werden wird im Festmahl im Himmel.

Danke Herr Jesus Christus für die Gabe des Sakraments des Abendmahls.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: 418,1-5 Brich dem Hungrigen dein Brot …

 


Predigt vom 10.04.2022

Predigt: Johannes 17,1-8 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

10.04.2022

 

Sonntag: Palmsonntag / 6. Sonntag in der Passionszeit

Wochenspruch: „Der Menschensohn muss erhöht werden, auf das alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,14b.15)

Lesung: Johannes 12,12-19 Einzug Jesu in Jerusalem

Wochenpsalm: Philipper 2,5-11 / EG 760

 

Lied: 449,1-3+8-10 Die güldene Sonne …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: Johannes 17,1-8

17,1 Solches redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen: Verherrliche deinen Sohn, auf dass der Sohn dich verherrliche; 2 so wie du ihm Macht gegeben hast über alle Menschen, auf dass er ihnen alles gebe, was du ihm gegeben hast: das ewige Leben. 3 Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. 4 Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue. 5 Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war. 6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. 8 Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.

 

Christus ist die Mitte unseres Glaubens

 

Liebe Gemeinde,

 

heute am Palmsonntag gedenken wir dem Einzug Jesu in Jerusalem. Das Evangelium haben wir soeben gehört. Jesus reitet auf einem Esel. Die Menschen jubeln ihm zu und empfangen ihn wie einen König. Palmzweige und Kleider säumen den Weg, den er bei seinem Einzug nach Jerusalem zieht. Daher hat dieser Sonntag seinen Namen.

 

Trotz des Jubels der Menschen leitet dieser Sonntag die nächste Phase des Leidens Jesu ein. Der Jubel wird bald umschlagen. Die Menschen, die jetzt „Hosianna“ rufen, werden bald schreien „Kreuzigt ihn!“. Liturgisch entfällt mit diesem Sonntag auch das „Ehr sei dem Vater“ nach der Psalmlesung.

Der heutige Predigttext greift den Ernst der Lage auf. Er ist Teil der Abschiedsrede Jesu an seine Jünger, die uns im Johannesevangelium 16,17-17,26 überliefert ist. Überschrieben ist der Abschnitt unserer Predigt mit „Das Hohepriesterliche Gebet“ und erinnert daran, dass der

Hohepriester im Allerheiligten des Tempels in Jerusalem allein vor Gott tritt und stellvertretend für das Volk Israel betet. Jesus tut das nun für seine Jünger. Er betet zu seinem Vater und redet zu seinen Jüngern. Er will die Jünger darauf vorbereiten was nun kommen wird.

 

Johannes hat diese Szene und das Gebet in seinem Evangelium aufgenommen, weil er spürte, dass das was hier die Jünger von ihrem Herrn erfahren nicht nur für sie alleine gilt, sondern für alle Christen. Hier wird zentrales über unseren Glauben ausgesagt. Die Bedeutung von Jesus Christus für unseren Glauben. Dies wollen wir uns jetzt genauer betrachten.

 

1. In Christus erkennen wir unseren Vater im Himmel.

Christus ist das Zentrum unseres Glaubens und deswegen nennen wir uns auch nach ihm. Wir sind Christen.

 

Gleich zu Beginn steht die Bitte Jesu: „Vater, die Stunde ist gekommen: Verherrliche deinen Sohn, auf das der Sohn dich verherrliche.“ (V.1) Es mag verwirrend sein, dass der Beginn seines Leidensweges in Jerusalem bis zum Tod am Kreuz eine Verherrlichung sein soll! Und doch ist es so. Denn der Weg, der nun vor Jesu liegt, hat nicht die Gewalt der Menschen und den Tod Jesu zum Zentrum, sondern dass Gottes Liebe zu den Menschen durch diese Gewalt und den Tod hindurchschreitet und bleibt. Nicht das Dunkle der Gewalt und des Todes, sondern die Auferstehung Jesu von den Toten, das ist das Ziel und die Verherrlichung Christi.

 

Die Auferstehung Jesu von den Toten, darin wird Christus von seinem Vater verherrlicht. Hier zeigt sich die Macht der Liebe Gottes. Eine Liebe, die konkret wird, ein menschliches Angesicht bekommt, durch den Sohn Jesus Christus. Christus ist der Erste. Sein Vater hat ihn mit seiner Macht der Liebe ins Leben zurückgeholt und so wird auch Jesus diejenigen ins Leben zurückholen, die ihm vertrauen. Das, was mit Jesus durch seinen Vater geschieht, das wird Jesus an uns tun. Verkürz heißt das, wie Jesu an anderer Stelle sagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ (Joh.14,19)

 

So wie Jesus im Vertrauen auf seinen Vater seinen Weg geht, auch den der Passion, so ist das Vertrauen zu Jesus das Zentrum unseres Glaubens. Um Glauben, was ja Vertrauen bedeutet, darum geht es. Jesus hat uns dieses Vertrauen zum Vater vorgelebt. Er ist ihm darin gefolgt und war gehorsam bis zum Tod am Kreuz, weil er darauf vertraute, dass niemand die Liebe zum seinem Vater zerstören oder kappen kann. Die Liebe Gottes heißt für Jesus leben. Seine Auferstehung, der Ostertag, an dem uns verkündigt wird, dass die Liebe Gottes stärker ist als der Tod. Das ist die frohe Botschaft.

 

Christus zu vertrauen bedeutet Leben. In Vers 3 spricht Jesus zu den Jüngern und zu uns: „Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Christlicher Glaube ist also kein blinder Glaube, sondern ein Erkennen. Ein Anerkennen und Annehmen der Taten und Worte Jesu, dem Sohn unseres Vaters. Es ist das Vertrauen darauf, dass Jesu Taten und Jesu Worte für uns Leben bedeuten. Zu diesem Vertrauen sind wir eingeladen.

 

2. Christus ist unser Zugang zum Vater.

Gott, unseren Vater, hat niemand gesehen. Wir wissen aus den 10 Geboten, dass wir uns kein Bild von Gott machen sollen. Gott ist unsichtbar. Es fällt uns Menschen immer wieder schwer, das zu akzeptieren. Das Alte Testament erzählt von diesem Wunsch, Gott zu sehen und der Spannung, die Unsichtbarkeit Gottes auszuhalten. Selbst Mose, die große Führergestalt des Volkes Israel und der große Prophet Elia haben den Wunsch, Gott zu sehen (2.Mo.33,12-23

und 1.Kö.19,1-18). Gott gibt diesem Wunsch nach, aber beide dürfen und können Gott nur hinterhersehen. Gottes Angesicht zu sehen wird ihn verwehrt. Gott begründet seine Entscheidung damit, dass es kein Mensch ertragen könne, Gottes Angesicht zu schauen.

 

Mit Christus beginnt Gott einen neuen Abschnitt in der Begegnung mit den Menschen. Er wird sichtbar, kommt allen Menschen nahe durch seinen Sohn Jesus Christus. So heißt es in Joh.14,9, wo Jesus zu seinen Jüngern spricht: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Wir wissen also von unserem Vater, weil wir von Christus wissen. Was er tut und was er sagt, darin sehen und hören wir unseren Vater im Himmel. Mit anderen Worten drückt er es in unserem Predigttext aus: „Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart …“ (V.6)

 

Offenbaren heißt in der biblischen Sprache, dass die Decke hinweggenommen ist und jeder jetzt sehen kann, was unter der Decke verborgen war. Ich stelle mir das Offenbarungsereignis immer ganz anschaulich vor. Es ist so, wie Weihnachten, wenn die Geschenke unter dem Christbaum noch mit einer weißen Decke bedeckt sind und keiner weiß, was sich darunter verbirgt. Erst wenn die Decke abgenommen wird, erkennen wir die verschiedenen Geschenke, die darunter verborgen waren.

 

So ist es auch mit Christus. Durch die Worte und Taten Jesu sehen und erkennen wir unseren Vater im Himmel. Und was sehen wir, wenn wir Christus betrachten? Die große und unendliche Liebe Gottes zu uns Menschen. In Christus wird die Liebe Gottes konkret und kommt uns nahe.

 

Es ist vor allem ein Erstaunen darüber, wie Gottes Liebe ist. Er kommt zu uns durch eine Geburt als kleines Kind von einer unscheinbaren jungen Mutter. Geboren in einem ärmlichen Stall. Schon bald ist die Familie auf der Flucht nach Ägypten, weil Herodes das Kind töten will. Wir hören seine Predigten, die uns ermutigen Gott als unseren Vater anzunehmen. Wir hören von der Vergebungsbereitschaft Gottes, die unsere Vorstellung von Liebe und Güte weit übersteigt. Wir staunen, welch eine Kraft die Liebe Christi zu den Menschen hat: Menschen werden gesund. Schuld wird vergeben. Gottes Nähe wird allen Menschen verkündigt. Wir sehen Christus im Garten Gethsemane, wie er auf Gewalt verzichtet, und auch seinen Jüngern gebietet, ihre Schwerter beiseite zu legen, als er gefangen genommen wird. Wir nehmen war, dass er sich von der Gewalt und dem Spott der Menschen nicht provozieren lässt, sondern im Vertrauen zu seinem Vater diesen schweren Weg bis zum Ende geht – dem Tod am Kreuz. In alldem sehen wir unseren Vater im Himmel, sehen wir die Liebe Gottes zu den Menschen.

 

Jesu Tun und Reden sind eine Liebeserklärung Gottes an uns. Unser Vater lädt uns zum Vertrauen zu ihm ein, wie auch sein Sohn ihm vertraut hat. So dass Jesus in seiner Abschiedsrede zu seinen Jüngern und auch zu uns sagen kann: „Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.“ (V.7-8)

 

3. Christus ist die Mitte unseres Glaubens.

Christus ist die Mitte unseres Glaubens. Das ist heute, so meine ich, problematisch geworden. Menschen fällt es schwer zu glauben, dass Jesus Gottes Sohn ist. Ist Jesus überhaupt notwendig? Brauchen wir Jesus, oder reicht es nicht, allein an einen Gott zu glauben?

Für viele Menschen ist Gott eine abstrakte Idee, ein Gott, der in allem ist, ein Gott, der Schicksal ist, ein Gott, der das Absolute ist. So eine Art „Gott“ ist einfacher sich vorzustellen. Der Vorteil bei solchen Gottesvorstellungen ist, ich kann mir Gott so vorstellen, wie es mir

passt. Er ist weit weg und kommt mir nicht zu nahe. Er will auch nichts von mir. Und solch einen Gott kann ich anklagen oder einfach ignorieren. Denn er hat nichts mit meinen Leben zu tun.

 

Der Gott von Christus hat etwas mit unserem Leben zu tun. Er ist unser Vater. Er ist ein Gott, der Beziehung will. In der Gemeinschaft von Vater und Sohn wird diese Beziehung gelebt. Jesus zieht sich immer wieder zum Gebet mit seinem Vater in die Stille zurück. Er lebt sein Leben im Gehorsam zu seinem Vater. Er spricht das, was er vom Vater hört zu uns Menschen.

 

Gewiss könnte die Ökumene mit dem Judentum und dem Islam einfacher gestaltet werden, wenn wir auf Christus als Sohn Gottes verzichten würden. Dann müssten wir nicht von einem trinitarischen Gott reden, was vielen Christen selbst Mühe bereitet zu verstehen. Dennoch meine ich, dass uns durch und in Christus ein besonderer Zugang zu Gott eröffnet wurde.

 

Wir dürfen endlich sehen. Wir haben seine Worte und Taten in den Evangelien, die die große Linie der Liebe Gottes von den ersten Seiten der Bibel an verkündigen und auf eine Weise auf den Punkt bringen, die erstaunlich ist und uns zum Glauben, d.h. zum Vertrauen, einladen. Zu einem Vertrauen, dass sich nicht nur auf das Hören beschränkt, sondern auch zum Tun ermuntert.

 

Deswegen ist Christsein nicht in erster Linie Mitgliedschaft in der Kirche, sondern ein Leben, das auf die Botschaft Christi reagiert. Christsein ist deshalb Nachfolge. So wie die Jünger Christus nachgefolgt sind, so sind auch wir zu Nachfolgerinnen und Nachfolger Christi berufen. Anders ist es nicht möglich zu prüfen, ob die Worte, die Jesus uns verkündet hat wahrhaftig sind. Nur indem wir die Worte hören, darauf vertrauen und sie tun, werden wir schon jetzt die Wahrheit der Liebe Gottes in unserem Leben erfahren.

 

Wer vergibt, wie Christus vergeben hat, wer Frieden sucht, wie Christus den Frieden gesucht hat, wer liebt, wie Christus geliebt hat, wer nach dem Willen unseres Vaters im Himmel fragt und danach tut, der wird erleben, dass es sein Leben lebenswert und erfüllt macht.

 

Solche Erfahrungen wollen unser Leben bereichern und unseren Glauben tiefer hineinführen in das, was Gott für uns sein will. Dieses Vertrauen wird uns dann auch halten und führen, wenn wie selbst den Weg des Sterbens gehen müssen. Dann werden uns die Worte Jesu tragen und halten und uns zu seinem guten Ziel führen: Die Gemeinschaft mit Christus und unserem himmlischen Vater. Dass es so ist, das durfte ich immer wieder in den Häusern unserer Kirchengemeinde erfahren. Wie schön ist es dann, wenn ich diesen Weg als Pfarrer ein Stückweit begleiten darf. Wenn Menschen durch ihren Glauben sich geborgen wissen in unserem Herrn Jesus Christus – der in ihrem Leben kein Fremder ist, sondern als der gute Hirte sie ihr Leben lang begleitet hat.

 

Ich wünsche mir heute am Palmsonntag, dass unser Herr Jesus Christus in unser Leben einzieht, dass wir ihn mit Begeisterung oder vielleicht auch mit ein wenig Skepsis und Zweifel, aber dennoch willkommen heißen und dass wir ihm zuhören und zuschauen und sehen, was er aus Liebe zu uns getan hat und tut und dass wir lernen, ihm zu vertrauen. Dann wird es auch bei uns Ostern und das Osterlicht erleuchtet unser Herz und Leben. Ein Licht, dass niemand auslöschen kann.

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied: 406,1-4 Bei dir Jesu will ich bleiben …

 


Predigt vom 27.03.2022

Predigt: 2. Korinther 1,3-7 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

27.03.2022

 

Sonntag: Lätare (Freuet euch Jerusalem! Jes.66,10), 4. Sonntag der Passionszeit

Wochenspruch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bliebt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Johannes 12,24)

Lesung: Johannes 12,20-24

Wochenpsalm: Psalm 84 / EG 734

 

Lied: EG 98,1-3 Korn, das in die Erde, …

 

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext: 2.Korinther 1,3-7

1,3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, 4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. 5 Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. 6 Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. 7 Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.

 

Gottes tröstet uns im Leiden

 

Liebe Gemeinde,

 

der heutige Sonntag trägt den Namen „Lätare“ und leitet sich her von den Anfangsworten aus dem Buch Jesaja 66,10: „Freue dich Jerusalem!“. Die Aufforderung zur Freude ist das Thema des Sonntags mitten in der Passionszeit. Und so wird dieser Sonntag auch schon das „kleine Ostern“ genannt, weil hier schon durchschimmert, dass trotz der Passionszeit, trotz des Gedenkens an das Leiden und Sterben Jesu, am Ende doch der Sieg der Liebe Gottes steht.

 

Der Sonntag will uns bedenken lassen und gewiss machen, dass alles Leid in dieser Welt nur ein Vorübergehendes ist und dass das Heil Gottes zum Ziel kommt. „Freue dich Jerusalem!“ steht am Ende des Prophetenbuches Jesaja, der in einer Zeit wirkt, in der der Staat Juda von den Babyloniern erobert und die Stadt Jerusalem zerstört wurde. Das Wort des Propheten erschallt in einem Land, in der die Zerstörung des Krieges seine Spuren hinterlassen hat. Zerstörte Häuser, die Stadtmauer wurde geschliffen, der Tempel liegt in Schutt und Asche, die Menschen begraben ihre Toten und tausende werden als Gefangene nach Babylon verschleppt. Das Leid der Menschen ist in ihre Gesichter geschrieben.

Es ist das, was wir jetzt wieder in der Ukraine täglich durch die Medien mitbekommen. Die Leiden, die ein Krieg über die Menschen bringt. Jetzt kommt es uns nahe und bald werden wir auch in unseren Dörfern die ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben. Das was wir in der Ukraine sehen und das was wir schon längst verdrängt haben, die vielen anderen Kriege und Konflikte im Jemen, Afghanistan, Irak, Mali und der Drogen- und Bandenkrieg in Mexiko – so viel Leid geschieht, das sich Menschen gegenseitig antun. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, dann haben wir die Situation von Jesaja 66,10 vor Augen. Dass trotz des Leidens der Prophet Jesaja von Gott den Auftrag hat diese Botschaft zu verkündigen: „Freuet euch Jerusalem!“, ist das nicht zynisch! Das ist die Frage, der wir heute nachgehen wollen. Von welcher Freude spricht der Prophet? Einige Verse weiter heißt es: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet, spricht der HERR. (Jes.66,13)

 

Gott tröstet im Leid, das die Menschen getroffen hat. Der Prophet Jesaja erinnert sein Volk daran. Der Trost Gottes für sein Volk liegt darin, dass er bei ihnen ist, dass er sie in dieser schweren Stunde nicht allein lässt, dass er mit ihnen redet durch den Propheten, dass er ihnen eine Zukunft verheißt, die das geschundene Volk aufrichtet.

Die Sieger, die Mächtigen, die das Land zerstört und Menschen getötet haben, sie werden vergehen, aber sie, Gottes Volk, wird immer noch da sein. Das ist der Trost: Gott ist und bleibt ihr Gott, auch in dieser dunkelsten Stunde ihrer Geschichte.

 

Die Verheißungen haben sich erfüllt. Nach 70 Jahren kamen die Verschleppten zurück nach Jerusalem. Sie bauten die Stadt und den Tempel wieder auf. Den Staat Israel gibt es heute noch. Von den Babyloniern wissen wir nur aus den Geschichtsbüchern und den Ausgrabungen von Archäologen.

 

Der Trost Gottes besteht darin, dass die Menschen, dass das Volk Israel erfahren hat, dass Gott sie in ihren dunklen Phasen der Geschichte nicht allein gelassen hat. Auch dann nicht, wenn sich das Volk durch eigene Schuld in diese Misere hineinmanövriert hat. Gott blieb an ihrer Seite und letztlich kommt Gottes Heil zum Ziel, auch inmitten allen Leides und aller Grausamkeiten, die sich Menschen zufügen.

 

So wird mit diesem Sonntag Lätare ein wichtiger Aspekt der Passionszeit Jesu in den Blick genommen. Jesu Leiden ist nicht sinnlos. Jesu Leiden ist nicht Ausdruck der Schwäche Jesu oder unseres Gottes. Die Passionszeit richtet unseren Blick auf Gott im Leiden. Gott selbst, das ist die ungeheure Botschaft, leidet und erleidet mit den Menschen. Er ist mitten drin und erduldet das Böse, die Schuld und die Gewalt der Menschen.

 

In Jesus geht unser Vater im Himmel diesen Schritt konsequent weiter hinein in das Dunkle dieser Welt und der Menschen, in dem er sich selbst dieser Gewalt aussetzt in seinem Sohn Jesus Christus. Er wird geschlagen. Er wird belogen. Er wird bespuckt. Er wird gefoltert. Er wird getötet und ans Kreuz geschlagen. – Aber am Ende kommt doch Gottes Liebe zum Ziel in der Auferstehung seines Sohnes von dem Toten.

 

Erst von Ostern her erschließt uns das Leiden Jesu seinen Sinn. Es ist der Beginn einer neuen Zeit. Der Ruf des Propheten „Freuet euch Jerusalem!“ wird nun erweitert in den Siegesruf des Gekreuzigten: „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19,30) Darin liegt der Trost für uns, die wir an Christus glauben. Gottes Liebe hat die Welt und die dunklen Mächte überwunden. Alle Schuld der Menschen, alles Böse, was sich Menschen antun wird eines Tages überwunden sein. Das ist der Trost und damit können wir die Widerwärtigkeiten dieser Welt ertragen und werden in unserem eigenen Leiden getröstet.

Wie das konkret aussehen kann, davon spricht unser Predigttext, ein Abschnitt des 2. Briefes des Apostel Paulus an die Christen in Korinth. Zwischen Paulus und den Christen in Korinth hat es einen schweren Konflikt gegeben. Man hat ihn beleidigt und beschimpft. Man hat sein Auftreten in der Gemeinde als schwach und peinlich erlebt. Andere sind gekommen und haben ein „besseres Evangelium“ verkündigt als er, das stärker ist und nicht vom Leiden Jesu spricht. Vermutlich hat Paulus noch mehr Briefe geschrieben, wo er um die Gemeinde in Korinth ringt, er deutet in seinem Brief an, dass er unter Tränen an sie geschrieben hat (vgl.2.Kor.2,4). Dieser sogenannte „Tränenbrief“ ist uns nicht erhalten.

 

Paulus leidet unter der Situation und darunter, dass diese Gemeinde solch einen Irrwege geht. Doch trotz seines Leidens weiß er sich von Christus getröstet. Ja, er versteht sein Amt als Apostel und Missionar der Völker als ein Teilhaben am Leiden Christi. So wie Christus gelitten hat, uns zum Heil, so ist auch Paulus bereit zu leiden für die Gemeinde in Korinth, damit sie wieder zum wahren Glauben zurückfindet. Wer um Christi Willen leidet, der hat auch um Christi Willen Trost im Heil, was Christus uns gegeben hat. Ein Heil, dass Christus uns durch sein Leiden und Sterben gegeben hat.

 

Für Paulus bedeutet das, dass auch für uns in der Zwischenzeit das Leiden zu unserem Christsein dazu gehört. Die Zwischenzeit ist die Zeit zwischen Ostern und dem erneuten sichtbaren Wiederkommen unseren auferstandenen Herrn. In dieser Zwischenzeit sollen wir dem Leiden um Christi willen nicht ausweichen, sondern getrost unseren Dienst und unser Leben weiterleben mit dem tiefen Vertrauen, dass Gottes Reich, d.h. seine Macht, sich eines Tages durchsetzen wird und die Welt erneuert.

 

So ist die Erfahrung des Paulus bis heute auch die Erfahrung der Christen in dieser Welt. Sie erleben Christi Trost in ihrem Leiden. In den vielfältigen Leiden, die Christen widerfahren. Damit ist nicht nur das Leid gemeint, das Menschen uns zufügen durch äußere Gewalt wie z.B. durch den Krieg oder kriminelle Gewalt, sondern auch in allem anderen, wo wir persönlich Leid erfahren.

 

Das Leid der Menschen ist vielfältig und ein Sprichwort sagt es auch, dass das Leid unter uns ist, auch dann, wenn wir es nicht vernehmen. Das Sprichwort, was ich meine wird mir oft gesagt, gerade von älteren Menschen, wenn sie mir von der Not andere Berichten: „Unter jedem Dach ist ein Ach!“

 

Die Not auch in unseren Dörfern ist vielfältig, worunter die Menschen leiden. Es ist die Trauer um einen lieben Menschen, der durch den Tod von uns genommen ist und der Ehepartner vereinsamt. Da ist die Not der Krankheit und der Pflege von Menschen, die die Familie bis an den Rand der Erschöpfung bringt. Da ist die Sorge der Mütter und Väter, wenn sich ihre Kinder auf bösen Wegen befinden und sie sie von diesem Weg nicht abbringen können. Da sind die Langzeitfolgen der Corona-Krankheit, wo es eine Heilung nicht gibt und die Medizin ratlos ist, was da zu machen ist.

 

Und nicht zuletzt die Sorgen und Leiden der Menschen über die vielen Nachrichten in dieser Welt, die uns beunruhigen und wir nachts nicht mehr schlafen können. Wohin gehen wir als Menschheit, wenn am Horizont drohendes Wetterleuchten uns Unheil ankündigt, wenn wir an das Klima der Erde denken, an die nicht enden wollende Corona-Pandemie und jetzt an den neuen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der das Potenzial in sich trägt sich zu einem Weltkrieg zu entwickeln. Ich weiß, dass es viele Menschen umtreibt und unruhig macht und wir mit den Menschen mitleiden, die unmittelbar davon betroffen sind.

Die Bedrohungen unserer Zeit, Klimawandel, Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, haben uns in den letzten Jahren verdeutlicht, dass von den Konflikten und Bedrohungen dieser Erde auch wir nicht mehr verschont bleiben. Wir leiden unter dieser Veränderung und uns wird auf einmal bewusst, dass wir mittendrin sind und dass wir uns dieser Entwicklung nicht entziehen können. Wir ahnen vielleicht, dass die guten Jahre vorbei sind und dass wir für das gute Leben auf Kosten anderer jetzt die Quittung bekommen.

 

Was ist unsere Antwort als Christen darauf? Sollen wir uns den Illusionen hingeben, die uns Politiker noch versuchen vorzumachen, dass wir mit Geld alles lösen können? Noch handeln die Politiker in unserem Land so, versuchen mit Milliarden einer Generation, die Jahrzehnte im Wohlstand gelebt hat, noch die nahenden Katastrophen zu „versüßen und abzufedern“, die wir doch selbst verschuldet haben und die wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen werden. Woher kommen die Milliarden? Wer wird diese Schulden einmal zahlen müssen? Unsere Kinder! Die, die die Suppe in Gänze auslöffeln müssen, die wir eingebrockt haben? Ich meine, dass ist unverantwortlich.

 

Aber hat die Politik eine andere Wahl? Die noch nicht einmal den Mut hat, dass Gas aus Russland zu stoppen, weil es für uns verwöhnte Menschen hier eine Zumutung wäre? Aber ist es nicht auch eine Zumutung an mich selbst, wenn ich weiß, dass ich mit jedem Tanken den Krieg in Russland mitfinanziere?

Kann unsere Bevölkerung noch Leiden aushalten, um des Friedens und der Verhinderung des Krieges willens? Die Politiker trauen es uns Menschen in Deutschland nicht zu! Das macht mich traurig. Wir lassen lieber weiter Bomben und Raketen auf die Städte der Ukraine oder anderswo in der Welt fallen, als das uns zugemutet wird aus unserer Komfortzone auszubrechen und aktiv für den Frieden uns einzubringen, auch wenn es unseren Lebensstandard einschränkt.

 

Um der Gerechtigkeit, um der Liebe, um des Friedens willen zu leiden, dazu ermutigt uns die Passionszeit. Wir sollten vor dem Leiden, das es bedeuten könnte, nicht zurückschrecken, sondern mutig unsere Hoffnung auf Gottes Liebe in dieser Welt setzen und bereit sein, unseren Beitrag zu leisten. Unser Leben dafür bereitzustellen, dass der Wille Gottes in dieser Welt von uns getan wird. Damit eingeschlossen ist auch das mutige Bekenntnis unserer Hoffnung und unseres Trostes in unserer Zeit, den wir durch den Glauben an Jesus Christus empfangen.

 

Paulus ist uns da ein Vorbild, der trotz allen Leiden den Korinthern schreibt: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.“

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

Lied EG 396,1-3 Jesu, meine Freude …

 


PRedigt vom 06.03.2022

1
Predigt: 2. Korinther 6,1-10 (Perikope IV)
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
06.03.2022
Sonntag: Invokavit, 1. Sonntag in der Passionszeit
Wochenspruch: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels
zerstöre.“ (1. Johannes 3,8b)
Lesung: Matthäus 4,1-11 Die Versuchung Jesu
Wochenpsalm: Psalm 91 / EG 736
Lied: 295,1-4 Wohl denen, die da wandeln ...
Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus
Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.


Predigttext: 2.Korinther 6,1-10 (Übersetzung nach der BasisBibel 2021)
6,1 Wir als Gottes Mitarbeiter bitten euch auch: Nehmt die Gnade Gottes so an, dass sie nicht ohne Wirkung bleibt. 2 Denn Gott spricht: „Ich habe dich zur rechten Zeit erhört und dir am Tag der Rettung geholfen.“ Seht doch! Jetzt ist die rechte Zeit. Seht doch! Jetzt ist der Tag der Rettung.(Paulus im Dienst der Versöhnungsbotschaft)
Wir wollen auf gar keinen Fall Anstoß erregen. Denn unser Dienst soll nicht in Verruf geraten. Vielmehr beweisen wir in jeder Lage, dass wir Gottes Diener sind: Mit großer Standhaftigkeit ertragen wir Leid; Not und Verzweiflung.  Man schlägt uns, wirft uns ins Gefängnis und hetzt die Leute gegen uns auf. Wir arbeiten bis zur Erschöpfung, wir schlafen nicht und essen nicht. Zu unserem Dienst gehören ein einwandfreier Lebenswandel, Erkenntnis, Geduld und Güte, der Heilige Geist und aufrichtige Liebe. Zu unserem Dienst gehören außerdem die Wahrheit unserer Verkündigung und die Kraft, die von Gott kommt.
Wir kämpfen mit Waffen der Gerechtigkeit, in der rechten und in der linken Hand. Wir erfüllen unseren Auftrag, ob wir dadurch Ehre gewinnen oder Schande, ob wir verleumdet werden oder gelobt. Wir gelten als Betrüger und sagen doch die Wahrheit. Wir werden verkannt und sind doch anerkannt. Wir sind vom Tod bedroht und seht doch: Wir leben! Wir werden ausgepeitscht und kommen doch nicht um. Wir geraten in Trauer und bleiben doch fröhlich. Wir sind arm und machen doch viele reich. Wir haben nichts und besitzen doch alles.
Im Dienst der Versöhnungsarbeit Gottes
Liebe Gemeinde,
wir sind angekommen in der Passionszeit und das Thema heute ist die Versöhnungstat Jesu durch seinen Weg ans Kreuz bis zur Auferstehung. Das Leben des Sohnes Gottes, der mitten unter uns lebt und das ungläubige Staunen darüber, dass er sich der Gewalt der Menschen ausliefert. Wir haben Mühe das zu verstehen. Warum sendet Gott nicht die Legionen von Engel, die mit aller Gewalt in die Bosheit der Menschen dreinschlagen. Wir wünschen uns das manchmal, dass böse Gewalt mit noch größerer guter Gewalt niedergerungen wird, aber
Christus entscheidet sich dagegen.
Bei seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane, als Petrus mit dem Schwert drein haut, weist Jesu ihn in die Schranken: „Stecke dein Schwert an seinem Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, und er würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken?“ (Mt.26,52f.) Bis zuletzt war er der Versuchung ausgesetzt, so zu handeln. Noch in seinem Todeskampf am Kreuz rufen ihm spöttisch die Menschen zu, dass er vielen geholfen habe, aber sich selbst nicht helfen kann (vgl. Mt.27,39-44).
Gott hat sich für einen anderen Versöhnungsweg mit den Menschen entschieden. Die Zeit der Sintflut ist vorbei (vgl. 1.Mo.7-9). Mit Gewalt ist der Mensch nicht zu retten. In seiner Liebe zu den Menschen geht Gott durch seinen Sohn einen anderen Versöhnungsweg.
Diesen ganz anderen Versöhnungsweg gehen wir in der Passionszeit nach.
Der Krieg in der Ukraine begleitet uns in dieser Passionszeit. Wir sehen die Bilder, wir hören Worte, die uns alle mit Schrecken an die dunklen Zeiten unsere eigene Geschichte erinnern.
Die Rhetorik des Krieges kommt mit Drohungen und Lügen daher und die Wahrheit ist das erste Opfer. Bilder stürmen auf uns ein und zeigen uns eine Welt, von der wir meinten, sie gehöre der Vergangenheit an. Es wird wieder getötet und verwüstet und all das ist so nahe bei uns.
Wir müssen durch diese Zeit hindurch, in der die Wahrheit, Friede und die Versöhnung auf der Strecke bleiben. Durch eine Zeit, in der unschuldige Menschen zu tausenden sterben und ein Krieg tobt, den wir nicht für möglich hielten. Am Ende werden wir sehen, wer Recht hatte und ob wir auf der richtigen oder falschen Seite gestanden haben. Doch wie leben und durchleben wir diese Zeit?
In unserem Predigttext spricht Paulus von sich und seinem Dienst für das Evangelium, der frohen Botschaft von der Versöhnung Gottes mit den Menschen. In den Versen zuvor wird von dieser Versöhnungstat Jesu gesprochen, die er mit seinem Leben gelebt und verkündigt hat. Es sind ganz andere Worte und eine andere Wirklichkeit kommt darin zum Ausdruck.
Wir hören ein wenig hinein in die Worte des Paulus vor unserem Predigttext:
„Wenn jemand zu Christus gehört, gehört er schon zur neuen Schöpfung. Das Alte ist vergangen, etwas Neues ist entstanden!“
Ja, in Christus war Gott am Werk, um die Welt mit sich zu versöhnen. Er hat den Menschen ihre Verfehlung nicht angerechnet. Und uns hat er sein Wort anvertraut, das Versöhnung schenkt.
Wir treten also im Auftrag von Christus auf. Ja, Gott selbst lädt die Menschen durch uns ein. So bitten wir im Auftrag von Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen! Obwohl Christus ohne jede Sünde war, hat Gott ihm unsere Sünde aufgeladen. Denn durch die Verbindung mit Christus sollen wir an Gottes Gerechtigkeit teilhaben.“ (2.Kor.5,17+19-21
BasisBibel 2021)
Paulus versteht seinen Dienst als Auftrag: Gottes Botschafter der Versöhnung zu sein. D.h. dass er mit seinem Leben und mit seiner Verkündigung diesen Auftrag Gottes wahrnimmt. Es wird sofort auffällig, dass die Art des Lebens von Paulus und das seines Herrn Jesus Christus sehr ähnlich sind. Er ist selbst unterwegs – so wie sein Herr unterwegs war – um als Botschafter Christi die Versöhnung Gottes den Menschen zu verkündigen.
Bei Paulus wird deutlich, dass wir als Botschafter der Versöhnung Gottes in dieser Welt am Leben Jesu teilhaben. Wir sind hineingenommen, auf dieselbe Weise wie Christus Verkünder der frohen Botschaft zu sein. Paulus lebt den Missionsbefehl Jesu, der für alle gilt, die an ihn glauben. Die sendet Jesus ebenso in diese Welt, damit sie die Versöhnung Gottes mit den Menschen durch ihr Leben und Worte verkündigen.
Der Auftrag kann nicht anders verkündet werden, wie es Christus uns vorgelebt und verkündigt hat. Niemals mit Gewalt, auch nicht mit Tricks oder Manipulation, sondern mit aufrichtiger Liebe zu den Menschen, mit Wahrheit der Worte und mit unserer Art zu Leben.
All das gehört zusammen.
Dann geschieht es, dass wir zu Botschaftern der Versöhnung Gottes werden, wie es Paulus beschreibt: Einen einwandfreien Lebenswandel, mit Geduld und Güte, dass wir wahrhaftig sind, dass wir für die Gerechtigkeit eintreten, auch dann, wenn wir dafür verleugnet, verspottet, bedroht, verkannt, als Betrüger und Lügner beschimpft werden oder man uns gar nach dem Leben trachtet. Wir bleiben weiter und unbeirrt die Botschafter der Versöhnung Gottes, die in Christus uns verkündet und vorgelebt wurde.
Aber ist das nicht eine Überforderung? Gewiss, wenn wir nur auf unsere Kraft und
Möglichkeit sehen, aber nicht mit der Kraft des Heiligen Geistes, der Kraft Gottes in uns (V.6+7). Es ist der auferstandene Christus in uns, der uns zu einer „neuen Schöpfung“ macht und so befähigt, in seinen Spuren zu wandeln und mutig für Gottes Versöhnung einzustehen.
Dass wir Christus so folgen können ist Gnade. Im V. 1 bittet Paulus die Christen in Korinth und damit auch uns: „Wir als Gottes Mitarbeiter bitten euch auch: Nehmt die Gnade Gottes so an, dass sie nicht ohne Wirkung bleibt!“ Das ist die Überschrift über all dem, was wir dann hören und was ich eben aufgelistet habe.
Gottes Gnade annehmen! Wie geht das? Das Annehmen beginnt damit, dass wir Jesu Worte hören und tun, dass wir seine Worte auf unser Leben beziehen, dass wir uns selbst mit Gott versöhnen lassen.
Im Grunde ist es die Einsicht, dass wir selbst versöhnungsbedürftig vor Gott sind, dass die Gewalt und das Leiden, das Jesus von Menschen widerfährt auch von uns ausgeht, dass auch wir die Versöhnung Gottes brauchen, damit wir mit ihm und unserem Leben Frieden finden
(vgl. Eph.2,14).
Wer Frieden mit Gott gefunden hat, der kann auch Friede weitergeben. Wer Vergebung der Sünde und Schuld von Christus erfahren hat, der kann auch anderen vergeben. Wer selbst mit sich und seinem Leben durch Christus versöhnt ist, der kann auch andere auf dem Weg der Versöhnung begleiten.
Nichts anderes ist Christsein und bedeutet Nachfolge Jesu. Wir sollen durch unser Leben die Botschaft der Versöhnung mit Taten und mit Worten verkündigen. Jeder Christ ist zum Botschafter an Christi statt berufen.
Für mich spiegelt das Gebet, dass Franz von Assisi zugeschrieben wird: „Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens...“ diese Haltung wider. Die Bitte an Gott, dass er unser Leben so verwandeln möge, dass sein Wille darin zum Ausdruck kommt.
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man sich hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum ist;
dass ich Glaube bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht das ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich andere liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
Wer sich selbst vergisst, der findet;
Wer verzeiht, dem wird verziehen;
Und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. Amen.
In diesem wunderbaren Gebet ist alles drin, was Jesus und Paulus gelebt haben. Vielleicht sollten wir die Passionszeit nutzen, um in solch ein Leben hinein zu wachsen. Damit wir den Ruf an uns vernehmen, dass uns Christus zu seinen Botschaftern auf Erden ernannt hat.
Jeder an seinem Ort und Platz wo er lebt.
Ich will Sie und mich dazu ermutigen, dass unser Leben ein Gebet und ein Botschaft wird, dass Gottes Versöhnung und Friede für die Welt, für die Völker, für unsere Mitmenschen und unseren engsten Familienkreis Wirklichkeit wird.
Wir haben eine große Verheißung. Am Ende heißt es bei Paulus: „Wir leben! Wir werden ausgepeitscht und kommen doch nicht um. Wir geraten in Trauer und bleiben doch fröhlich. Wir sind arm und machen viele reicht. Wir haben nichts und besitzen doch alles.“
(V.9f.) Ist das nicht eine wunderbare Verheißung, wenn wir Christus auf diese Art folgen und seine Botschafter werden?
Haben wir den Mut. Lassen Sie uns mit diesem Auftrag Jesu an uns in glaubender Zuversicht beginnen.
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen5
Lied: 365,1-4+8 Von Gott will ich nicht lassen....

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2.Kor.6,1-10, Invokavit IV 06.03.2022.pd
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Predigt vom 27.02.2022


Predigt: Markus 8,31-38 (Perikope IV)
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
27.02.2022
Sonntag: Estomihi, Sonntag vor der Passionszeit
Wochenspruch: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet
werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem
Menschensohn.“ (Lukas 18,31)
Lesung: 1. Korinther 13,1-13
Wochenpsalm: Psalm 31 / EG 7 716
Lied: 385,1-6 „Mir nach“, spricht Christus, unser Held ...
Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus
Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.
Predigttext: Markus 8,31-38 31 Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. 33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
34 Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 35 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten.
36 Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme anseiner Seele Schaden? 37 Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?
38 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
Was heißt das: Das Kreuz Jesu auf sich nehmen?

 

Liebe Gemeinde,
mit den heutigen Sonntag Estomihi endet die Zeit vor der Passionszeit. „Estomihi“ sind die lateinischen Einleitungsworte des Psalm 31,3: Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest!“ Mit diesen Worten gehen wir in die Passionszeit hinein und begleiten Jesus auf seinen Leidensweg zum Kreuz, wie es im Wochenspruch heißt: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (Lk.18,31) Passionszeit ist ein meditatives und betrachtendes „Mitgehen“ Jesu auf seinem Weg ans Kreuz.
Mit unserem heutigen Predigttext werden wir für die Nachfolge oder auf die Pilgerschaft mit Jesus vorbereitet. Der Predigttext hat zwei Teile: Die Verse 31-33 kündigen Jesu Leiden und Sterben an aber auch zugleich die Auferstehung nach drei Tagen. In den Versen 34-38 fordert uns Jesus auf, dass auch wir ihm folgen und das Kreuz auf uns nehmen sollen. In diesen Versen wird der wahre Zugang und Sinn der Passionszeit deutlich.
1) Gott ist der Handelnde.
2) Die Passion endet mit Ostern.
3) Wir gehen in den Spuren Jesu.
1) Gott ist der Handelnde.
Immer wieder in dem Markusevangelium kündigt Jesus sein Leiden und Sterben an. Dreimal sagt er es den Jüngern (Mk.8,31-33/ 9,30-32 / 10,32-34). Es ist wichtig, dass wir es zur Kenntnis nehmen. Die Passion Jesus ist kein Unfall oder ein Versehen, sondern hier geht Jesus den Weg der Liebe Gottes zu den Menschen bis zum bitteren Ende, das für ihn den Tod bedeutet. Die Menschen können die Liebe Gottes nicht ertragen. Wollen sie nicht hören. Es verstößt gegen ihr Verständnis, wie Gottes gerechte Liebe zu sein hat. Und deswegen kommt es zu einem Todesurteil an einem unschuldigen Menschen. Jesus, der ohne Sünde war wird als Schwerverbrecher verurteilt, mit der schlimmsten Todesart: Dem Tod am Kreuz.
Gott setzt sich in seinem Sohn Jesus Christus der Wut der Menschen aus. Sein Sohn geht diesen Weg im Gehorsam zu seinem Vater. Er weicht ihm nicht aus, sondern erleidet es passiv bis in den Tod hinein. Es ist nicht so, als müsste Jesus diesen Weg gehen, sondern aus Gehorsam und Liebe geht er diesen Weg. Kein blinder Gehorsam treibt Jesus. Er ringt um diese Liebe zum Vater und deswegen kann er ihn gehen. Besonders deutlich wird es im Gebet im Garten Gethsemane: „Mein Vater, ist ́s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!“ (Mt.26,39) Es ist die liebende Hingabe zum Vater und zu den Menschen, die ihn diesen Weg der Passion gehen lässt.
Das Leiden, das Tragen des Kreuzes um Jesu willen ist das Thema der Passionszeit. Petrus greift unseren Einspruch auf. Er wehrt sich gegen diesen Weg (V.32) und wer von uns würde ihm nicht darin zustimmen? Wer will von uns schon Leiden? Niemand, und schon gar nicht sinnlos! Aber ist es sinnloses Leiden, zu dem uns Jesus ermutigt und auffordert?
Jesu wehrt den Einspruch des Petrus ab mit den Worten: „Denn du meinst nicht, was göttlich ist, sondern was menschlich ist.“ (V.33) Was ist an dem Passionsweg Jesu göttlich?
Die Liebe kann nur so handeln, wie Jesus im Gehorsam gegenüber seinem Vater gehandelt hat. Gott will es nicht anders, weil Liebe kein Zauber ist, Liebe keine Gewalt ist, Liebe keine Ausübung von Macht des Stärkeren gegenüber dem Schwächeren ist. Liebe überwindet, wenn das Wort auch problematisch ist, Liebe hat das Ziel, dass sie Liebe wecken will. Liebe entsteht niemals durch Gewalt, durch magische Zauberkräfte, nicht durch die Macht von Millionen Engeln, sondern durch die passive Liebe, die erträgt und einem nicht loslässt und den anderen trotzdem liebt. Eine Liebe die wir oft so nicht leben können, die aber Christus uns gezeigt und vorgelebt hat. Jesus geht diesen Weg in voller Liebe und nach dem Willen seines Vaters, der Liebe ist.
In der Passionsgeschichte Jesu sehen wir, wie der Hass, die Gewalt, die Macht der
Menschen, sich an Jesus auslassen und doch nicht zum Ziel kommen. Jesu Verhältnis zu den Menschen ändern sich nicht. Er bittet sogar für seine Peiniger: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!“ Lk.23,34). Das machtlose und ohnmächtige Leiden Jesu ist in Wahrheit die Macht der Liebe. Eine Liebe, die die Menschen verändern kann und zu einem neuen Leben befähigt und die Grenzen überwindet.
2) Die Passion endet mit Ostern.
In der Leidensankündigung bleibt Jesus nicht beim Leiden und Sterben stehen, sondern es wird zugleich der Sieg der Liebe verheißen mit seiner Auferstehung nach drei Tagen. Das ist wichtig, dass wir dieses mit in den Blick nehmen. Passion ist kein sinnloses aushalten von Leiden, sondern aktives Bleiben in der Liebe, die aber der Gewalt des Bösen nicht ausweicht.
Die Kraft kommt von der Liebe, die weiß, dass sie am Ende das Böse überwinden und verändern wird.
Das ist eine gewagte Aussage, wenn wir in diesen Tagen nach Osten schauen und
miterleben, wie ein Angriffskrieg in der Ukraine ausgetragen wird. Was heiß es hier konkret?
Reicht es für den Frieden zu beten und das Volk der Ukrainer ihrem Schicksal zu überlassen?
Die Politiker ringen in diesen Tagen um eine adäquate Antwort auf die aggressive
Kriegsbedrohung durch Russland, nicht allein für die Ukraine, sondern für alle Nachbarn.
Wir sollten nicht denken, dass der Krieg in der Ukraine nur eine Sache zwischen Russland und der Ukraine ist. An den Folgen des Krieges leiden zuerst und massiv die Ukrainer, aber wir werden bald selbst ein Teil dieses Krieges sein. Menschen werden zu Millionen zu uns kommen, auf der Flucht vor dem Krieg. Wie werden wir sie empfangen? Wollen wir einen Zaun errichten, darüber streiten, wer welche Masse aufnimmt? Werden wir uns darüber streiten in der EU, wer welche Quote von Flüchtlingen aufnehmen muss! Das wäre erbärmlich!
Wenn schon die Unruhen in Afrika, der lange Krieg in Syrien, Afghanistan und anderswo Millionen von Menschen nach Europa treibt, weil sie hier hoffen Frieden zu finden, und wir mit aller Gewalt versucht haben sie aufzuhalten – was wird dann dieser Krieg in der Ukraine, der nur 1200 km von uns entfernt ausgetragen wird, für uns bedeuten?
Der 24. Februar ist für uns ein weiterer und schwerwiegenderer Tag als der 9/11 von New York. Mit dem Befehl Putins die Ukraine zu erobern beginnt eine neue Ära, die für uns Europäer viele Veränderung mit sich bringen wird. Ich hoffe, dass wir dann bereit sind die Leiden dieses Krieges mit zu tragen, die jetzt vor allem auf dem ukrainischen Volk lasten und wir nicht nur zuschauen! Jeder auf seine Weise und was er kann- und vielleicht darüber hinaus- wird in Zukunft seinen Beitrag leisten müssen, dass Menschen in Frieden und in Würde leben können.
Das heißt für mich nicht Hass und Gegengewalt in mir Raum zu geben. Sondern nüchtern sehen, was getan werden muss. Bereit zu sein, die Lasten der Ukrainer mit zu tragen an meinem Ort und nicht zu jammern und zu klagen, weil unser Komfortleben nun nicht mehr so möglich ist, wie wir es gewohnt waren. Dass wir lange Zeit - 75 Jahre - im Frieden leben konnten, haben wir den Menschen zu verdanken, die ihr Leben damals bereit waren dafür einzusetzen, um Europa und Deutschland von der Tyrannei der Nazi zu befreien. Das sollten wir in diesen Tagen nicht vergessen.
Die Außenministerin Annalena Baerbock hat es mit treffenden Worten zum Ausdruck gebracht am Morgen nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine: „Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht ...“ Was das bedeutet, werden wir bald leibhaftig erleben, wenn die Flüchtlinge vor unserer Haustüre stehen, weil die staatlichen Kapazitäten erschöpft sind.
Dann wird das auf einmal Realität, wovon unsere Mütter und Väter der Kriegsgeneration erzählt haben, als die Flüchtlinge aus dem Osten zu uns kamen.
Wir werden uns hüten müssen, unsere Politiker zu verurteilen. Sie haben versucht, dem Frieden eine Chance zu geben, indem sie alle Kraft in die Diplomatie investiert haben. Wir müssen feststellen, dass Friede nicht möglich ist, wenn es einer nicht will. Das wollten wir nicht wahrhaben, die wir nur Frieden kennen. Wir wollten uns nicht vorstellen – nicht nur die Politiker, sondern auch wir nicht – dass es wieder zu so einem Krieg kommt, der uns an 1939 erinnert, als Deutschland Polen überfallen hat.
3) Wir gehen in den Spuren Jesu.
In der Passionszeit gehen wir in besondere Weise den Weg Jesu nach Jerusalem. Wir lesen die Evangelien, hören seine Worte und lassen seine Taten auf uns wirken. Wir sind erschrocken und traurig zu welchen Taten Menschen fähig sind. In dem wir das tun, entdecken wir zugleich, dass wir uns selbst in den Menschen widerspiegeln. Petrus, der Jesus verleugnet, die Jünger, die weglaufen und ihren Herrn allein lassen, die Angst, die Hoffnungslosigkeit der Jünger, als sie vom Tod ihres Herrn hören.
In all dem erfahren wir unsere eigene Wirklichkeit und doch auch das Zutrauen Jesu, dass wir seinen Weg gehen können. Er traut uns zu, dass wir unser Kreuz auf uns nehmen und tragen, dass wir vor dem Leiden und Belastung nicht zu zurückschrecken, wenn wir der Liebe vertrauen, dass wir die Liebe nicht verraten, sondern mutig dafür eintreten, auch wenn es Leid oder Tod für uns bedeutet. Das sind große Erwartungen, die unser Herr uns zumutet, zugleich aber auch die Verheißung, dass die- oder derjenige das Leben gewinnen wird.
Die Passionszeit will uns ermutigen und wieder befähigen, dass der Einsatz und ein Leben für die Liebe Gottes wahres Leben bedeutet. Die Liebe Gottes kommt zum Ziel, das ist ganz gewiss, so wie Jesus von den Toten auferstanden ist und er in Zukunft uns entgegenkommt.
Die Macht der Liebe, die sich durch Jesus Christus gezeigt hat und von ihm gelebt wurde, ist die Macht der Welt. Die Passionszeit will uns wieder in diese Wahrheit der Liebe hineinführen und bestärken.
Das Kreuz ist deshalb nicht nur ein Symbol des Leidens und es Todes, sondern vor allem ein Siegeszeichen der Liebe, der wir uns in der Passionszeit neu für unser Leben öffnen wollen.
Die Liebe Gottes ist der Fels und die Burg, worauf mein Leben steht. Davon singt das Lied, das wir jetzt gemeinsam singen wollen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: EG+116, 1-3 Dieses Kreuz / EG 93, 1-4 Nun gehören unsere Herzen....

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Mk.8,31-38 Estomihi, IV, 27.02.2022.pdf
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Predigt vom 20.02.2022

 

Predigt: Hebräer 4,12-13 (Perikope IV)

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

20.02.2022

 

 

 

Sonntag:                             Sexagesimae / 2. Sonntag vor der Passionszeit

 

Wochenspruch:               „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ (Hebräer3,15)

 

Lesung:                               Lukas 8,4-8 (9-15) Vom Sämann

 

Wochenpsalm:                                Psalm 119 / EG 748

 

 

 

Lied: EG 197,1-3 Herr, öffne mir die Herzenstür, …

 

 

 

Kanzelgruß:

 

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

 

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

 

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

 

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

 

Predigttext: Hebräer 4,12+13

 

12 Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.

 

13 Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.

 

 

 

Gottes Wort – ist ein lebendig machendes Wort

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

wir haben heute einen kurzen Predigttext, in dem das Wort Gottes das Thema ist, welches seine Eigenart und seine Wirkung auf uns Menschen hat. Ich kann mir vorstellen, dass die Worte über das Wort Gottes im Hebräerbrief den einen oder anderen erschrecken. Gottes Wort wird als zweischneidiges Schwert bezeichnet. Als eine Waffe, die so kraftvoll und scharf ist, dass sie Seele und Geist, Mark und Bein und die Gedanken und Sinne in unserem Herzen scheiden kann. 

 

 

Ist denn das Wort Gottes wirklich so? Ist es gefährlich für den Menschen, auf den es trifft?

 

Wie erleben wir das Wort Gottes?

 

Es ist es gut, die ganze biblische Stimme zu Gottes Wort zu hören. Hilfreich ist es auch, eigene Erfahrungen mit dem Wort Gottes zu bedenken. Was bedeutet für mich persönlich das Wort Gottes?

 

 

Was uns heute hier im Gottesdienst verbindet ist die Tatsache, dass wir hier sind, um Gottes Wort zu hören. Das finde ich gut. Ich freue mich über jeden, der kommt! Gewiss, es könnten mehr sein, die Gottes Wort hören wollen. Da kann in mir als Pfarrer schon einmal der Wunsch wach werden, dass doch Gottes Wort kräftig und scharf wäre, die Menschen wachrüttelt und dass sie endlich hören, was Gott ihnen zu sagen hat.

 

 

Die Erfahrung ist eine andere. Der Wochenspruch erinnert uns daran: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht!“ (Hebr.3,7) Also auch das gibt es! So kraftvoll Gottes Wort auch ist, so scharf wie ein Schwert, das bis in unser Inneres hineindringt und alles aufdeckt, dennoch kann sich der Mensch diesem Wort verschließen.

 

 

Das ist wichtig zu hören. Gottes Wort hat die Eigenschaften, wie wir es eben gehört haben, aber es ist keine Waffe, die den Menschen zerschmettern und vernichten will. Es ist kein magisches Zauberwort, dass wir Menschen einsetzen könnten, um andere zu manipulieren, dass wir mit Ritualen und wie Zauberworte gebrauchen könnten als Waffen gegen andere. Das ist Wort Gottes nicht. Gott sei Dank!

 

 

Aber was ist dann Gottes Wort?

 

1) Gottes Wort ist ein Wort, das Wirklichkeit zum Leben schafft.

 

2) Gottes Wort ist Anrede Gottes an den Menschen

 

3) Gottes Wort ist Wahrheit.

 

4) Gottes Wort ward „Fleisch“.

 

 

1) Gottes Wort ist ein Wort, das Wirklichkeit zum Leben schafft.

 

Gottes Wort ist ein wirkungsmächtiges Wort. Sehr eindrücklich wird es in der Schöpfungsgeschichte erzählt. „Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.“ (1.Mo.1,3) In der Schöpfung der Welt wird uns mit poetischer Sprache das Wunder von der Kraft des Gotteswortes erzählt. Gottes Wort bewirkt das, was es sagt.

 

 

Das ist auch die Erfahrung des Volkes Israels. Gottes Wort, dass durch Mose an den Pharao ergeht, hat das Ziel der Freiheit des Volkes und ist ebenso Tat-Wort, z.B. in den Ankündigungen der Plagen, die dann auch geschehen und somit das Volk aus der Zwangsherrschaft der Ägypter befreien. Am Ende zieht das Volk aus der Sklaverei in Ägypten aus und wird ein Volk, das in Freiheit lebt.  

 

 

Das ist die Erfahrung des Volkes Israel und aller Menschen, die mit diesem Gott, der in der Bibel redet, zu tun haben. Gottes Wort schafft Raum zum Leben. Paulus greift das auf indem er auf Abraham verweist, der als alter Mann noch ein Kind bekommt. So schreibt er im Römerbrief: „… vor Gott, dem er geglaubt hat, der die Toten lebendig macht und ruft das, was nicht ist, dass es ist.“ (Rö.4,17)  

 

 

2) Gottes Wort ist Anrede Gottes an den Menschen

 

Es ist ein Wesensmerkmal Gottes, dass er die Menschen anspricht. Der Mensch antwortet auf das Reden Gottes. Gott sucht den Kontakt mit uns. Schon in der Schöpfungsgeschichte wird dies deutlich, als nach dem Sündenfall Adam und Eva sich verstecken und Gott nach Adam ruft. „Wo bist du?“ (1.Mo.3,9)

 

 

So ist Gott der, der die Menschen anspricht. Er spricht Abraham an und später sind es die Propheten durch die er zum Volk spricht. Das Reden hat zweierlei Ziele. Zum einen geht es um das, was Gott für den Menschen getan hat und zum anderen um das, was Gott will, dass die Menschen tun sollen. Die Reihenfolge ist dabei immer gleich: Gott handelt und fordert die Menschen auf, nach seinem Willen zu leben und zu handeln.

 

 

Deswegen ist Gottes Wort auch so wichtig und deshalb lesen wir in der Bibel. Hier hören wir von dem, was Gott tut und was er von uns will – bis in unsere Tage. Kirche ist der Ort, in der die Gemeinde sich um das Wort Gottes versammelt, um es zu hören. So freue ich mich, dass sie heute hier im Gottesdienst sind, die Lesepredigt lesen oder im Fernseher einen Gottesdienst miterleben. Es ist wichtig, dass wir Gottes Wort vernehmen.

 

 

3) Gottes Wort ist Wahrheit.

 

Gottes Wort ist die Wahrheit. Auch dann, wenn es uns nicht passt, was wir hören. Dabei geht es nicht so sehr um die Schöpfungsgeschichte, ob wir es wortwörtlich so verstehen, oder ob wir Probleme haben mit der Jungfrauengeburt Jesu, oder ob Jonas wirklich vom Wal verschluckt und dann wieder am Stand ausgespukt wurde. Wer sagt, dass glaube ich nicht, das sind doch alles nur Märchen, der hat das „Reden“ Gottes durch die Bibel noch nicht verstanden. Es macht Sinn, sich tiefer mit den Geschichten zu befassen und sich damit zu beschäftigen, was die Botschaft dieser Geschichten und Aussagen sind und was sie uns sagen wollen. Diese Mühe sollten wir uns machen. Dazu wäre es in der Tat gut, dass wir wieder die Bibelgesprächskreise in unsere Gemeinde aktivieren und sie dann auch aufzusuchen, wenn es solche Angebote gibt. Die helfen uns, Gottes Wort zu verstehen.

 

 

Gottes Wort ist Wahrheit, dass merken wir besonders dann, wenn wir z.B. die Bergpredigt Jesu in Matthäus 5,1-7,29 lesen, in der er die 10 Gebote auslegt, die wir im 2.Mo.20,1-17 finden. Wer will heute noch hören, was die 10 Gebote uns als Wegweisung für unser Leben sein wollen? Warum sind die 10 Gebote so unbeliebt? Nicht weil sie nicht wahr wären, wenn wir danach leben würden, sondern weil wir nicht danach leben können und wollen und sie deshalb für Bevormundung halten, die die moderne Freiheit des Menschen einschränkt.

 

 

In den 10 Geboten und in der Bergpredigt wird uns gesagt, was Gott will, wie wir leben sollen. Wir können es ignorieren oder versuchen, nach außen als gute Menschen dazustehen. Aber auch dann zeigt unser Predigttext, dass Gott all das, was wir vor Menschen verbergen können, doch vor Gott aufgedeckt bleibt. Gott können wir nichts vormachen. Er kann in unser Herz und in unsere Gedanken hineinsehen.

 

 

Das ist recht verstanden keine Drohung, sondern Hilfe, weil ich mir die Kraft sparen kann mit Lügen und Selbstbetrug Gott und die Menschen zu täuschen. Gott lässt sich nicht täuschen. Aber er missbraucht auch diese Möglichkeit nicht. Er wirbt darum, dass wir die Wahrheit über uns zur Kenntnis nehmen und lädt uns ein durch seine Liebe unser Leben zu ändern. Sein Wort verkündigt uns, dass er uns liebt und dass seine Liebe so groß ist, dass wir mit seiner Hilfe uns verändern können. Zu diesem Vertrauen lädt er uns ein. Er macht uns Mut zur Veränderung, zu einem Kurswechsel unseres Lebens, was in biblischer Sprache „Buße“ heißt.

 

 

Gewiss ist es wahr, wenn wir uns im Lichte Gottes sehen, dann ist es schmerzhaft. Wenn wir erkennen müssen, welche Dunkelheit, welche Schuld wir auf uns geladen haben gegenüber Gott und unseren Mitmenschen. Das tut weh. Gut ist es, wenn wir der Liebe Gottes vertrauen und uns ermutigen lassen, mit seiner Liebe und Kraft unser Leben zu verwandeln. Das ist das Ziel, wenn uns Gott anredet, er will uns zu einem Menschsein befähigen, in dem seine Liebe sich entfalten und verwirklichen kann.

 

 

4) Gottes Wort ward „Fleisch“.

 

Damit kommen wir zum letzten wichtigen Punkt, wenn wir über das Wort Gottes nachdenken. Gottes Worte sind keine Geschichten, keine Erzählungen und keine Unterhaltung, die wir konsumieren könnten. Gottes Wort kommt dann zum Ziel, wenn es Tat wird. Wenn es also Wirklichkeit wird. Wir können Gottes Wort noch so viel hören, viele Gottesdienste besuchen, gute Bücher über Gott lesen, jede Veranstaltung besuchen, die die Kirchengemeinde oder andere anbieten, damit kommt Gottes Wort dennoch mit uns nicht zum Ziel.

 

 

Gottes Wort kommt zum Ziel, in dem es konkret unser Leben verändert. Kurz gesagt: Indem es gelebt wird. Wenn es vom Kopf und Herz in unsere Füße und Hände geht.

 

 

Gott hat es uns vorgemacht in seinem Sohn Jesus Christus. Mit klaren Worten drückt es Johannes im Anfang seines Evangelium aus: „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. (…) Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh.1,1+14). Gott redet nicht nur durch sein Wort an uns Menschen, sondern er lebt es auch durch seinen Sohn Jesus Christus. Jesus Christus ist lebendiges Wort Gottes an uns.

 

 

Mit aller Deutlichkeit wird hier aufgezeigt, dass Gottes Wort gelebt werden will. Christus lebt Gottes Wort und Christsein heißt, wir folgen ihm darin. Erst dann kommt Gottes Wort bei uns zum Ziel, wenn es in unserem Leben konkretisiert wird.

 

 

Dieser Schritt ist am schwersten. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich weiß viel von Gott, kenne viele Bibelverse auswendig, aber diese Wahrheit im Leben konkret zu leben, das fällt mir schwer. Denn das bedeutet, dass ich mein Leben ändern muss, dass ich an mir arbeite und scheitere und vielleicht auch noch dem Spott und Hohn der anderen ausgesetzt bin.

 

 

Aber nur, wenn wir uns ermutigen lassen, Gottes Wort zu hören und zu leben, werden wir die Wahrheit der Worte Gottes erfahren. Theoretisches Wissen über Gott und die Bibel bringen gar nichts. Nur wenn wir uns ermutigen lassen, diese in unserem Leben umzusetzen, erfahren wir, dass es Leben in Fülle gibt, die uns verheißen ist.

 

 

Deshalb ist der heutige Sonntag eine Ermutigung an uns, Gottes Wort zu leben. Im Vertrauen auf seine Verheißungen zu leben. Freudig zu entdecken, dass es unser Leben wirklich erfüllt und frei macht. Dass es ein Segen für uns ist und für unsere Mitmenschen und die Schöpfung, wenn wir Gottes Wort hören und leben. Gott will uns durch sein Wort dazu ermutigen. Besonders in unseren Sakramenten Abendmahl und Taufe. Hier erleben wir es konkret: Gottes Wort und die Handlung, das gemeinsame Essen von Brot und Wein, das Hören und konkret Tun. In den Sakramenten wird es deutlich.

 

 

Das wichtigste aber ist, dass wir darüber staunen und dankbar sind, dass Gott redet, dass wir sein Wort haben und diesem Wort zutrauen dürfen, dass es unser Leben und unsere Welt verändern kann, dass es lebendiges und kräftiges Wort Gottes ist.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

 

Lied: EG+114,1-3 Dein Wort … / EG 198,1-2 Herr, dein Wort die edle Gabe, …

 

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Hebr.4,12-13 Sexagesimae (IV) 20.02.2021
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Predigt vom 13.02.2022

 

Predigt: Jeremia 9,22-23 (Perikope IV)

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

13.02.2022

 

 

 

Sonntag:                             Septuagesimae / 3. Sonntag vor der Passionszeit           

 

Wochenspruch:               „Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“ (Daniel 9,18)

 

Lesung:                               Matthäus 20,1-16 Von den Arbeitern im Weinberg

 

Wochenpsalm:                                Psalm 36 / EG 719

 

 

 

Lied: 277,1-5 Herr deine Güte reicht, so weit der Himmel …

 

 

 

Kanzelgruß:

 

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

 

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

 

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

 

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

 

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

 

 

Predigttext: Jeremia 9,22-23

 

22 So spricht der HERR: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.

 

23 Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der HERR.

 

 

 

 

 

Gottes Handeln im eigenen Leben erkennen

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

Wozu brauchen wir noch Gott? So bekomme ich immer öfters zu hören. Gerade junge Menschen sagen mir das. Wozu brauche ich Gott? Warum soll ich an ihn glauben? Den gibt es doch gar nicht! Und wenn ich bekenne, dass ich an Gott glaube ist die Antwort ein müdes Lächeln. Oder es wird dann alles aufgezählt, was Christen und Kirche Schlechtes getan haben: Kreuzzüge, Hexenverfolgung, gewaltsame Taufen im Mittelalter, Verfolgung von Ketzern… Recht haben sie. Das ist nichts, aber auch gar nichts, womit sich die Christen und mit ihr die Kirche mit Ruhm bekleckert haben.

 

 

Wenn dann dies alles mir vorgetragen ist, dann wird auf das verwiesen, was wir Menschen alles können und was wir alles entdeckt haben. Gott ist dazu nicht notwendig. Die moderne Wissenschaft kann alles erklären. Sie kann erklären woher die Welt kommt, in dem sie uns von der Evolutionstheorie her das Leben erklärt. Millionen von Jahren sind dazu nötig, aber es ist doch zumindest logisch und zeitgemäß. Natürlich kann keiner erklären wie aus toter Materie biologisches Leben entstanden ist. Dazu sind dann auch Zufälle nötig und in den Millionen und Milliarden von Jahren darf es auch mal konstruktive Zufälle geben. Warum nicht? Ja, warum nicht!

 

 

Für mich persönlich sehe ich schon die Plausibilität der Evolutionstheorie, aber ich weiß wirklich nicht ob diese Theorie nicht genauso viel Glauben abverlangt, als ob ich glaube, dass Gott die Welt geschaffen hat. Gewiss, so habe ich es den Konfirmanden in der letzten Konfirmandenstunde gesagt, ist die Schöpfungsgeschichte kein wissenschaftlicher Bericht darüber, wie Gott die Welt geschaffen hat – das will sie auch nicht sein, sondern sie will uns erzählen, dass Gott der Schöpfer und Garant der Schöpfung ist, dass sie gut ist und er uns die Schöpfung anvertraut hat, damit wir sie bewahren und bebauen sollen. D.h., dass wir eine Verantwortung für die Schöpfung haben. Sie will uns erzählen, dass wir von Gott sind, dass er uns wunderbar gemacht hat und dass er Gemeinschaft mit uns will.

 

 

Leider haben wir Christen das nicht immer so gelebt. Wir haben uns genauso an der Ausplünderung und Zerstörung der Schöpfung beteiligt wie jeder andere auch. Wir sehen die Schuld und seit einigen Jahren sind die Kirchen sehr aktiv dabei, Klimaneutral zu werden und unterstützen mit Programmen viele Aktionen um die Schöpfung zu bewahren. Von Februar 1988 bis April 1989 traf sich damals die Ökumenische Vollversammlung in der damaligen DDR, um konkrete Wege der Kirche zu benennen, bei denen es um „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ ging. Wir als Kirche sind also schon lange auf diesem Weg. Schon in den 70er Jahren haben die sogenannten „Dritte-Weltläden“ die Ungerechtigkeit unserer Wirtschaftsformen aufgezeigt und darüber informiert. Und heute heißen sie „Eine-Weltladen“, um zu verdeutlichen, dass wir als Welt zusammengehören und gemeinsam dafür verantwortlich sind.

 

 

Schöpfungsgeschichte nimmt uns als Verantwortliche hinein in die Schöpfung, die uns von Gott geschenkt ist. Das kann die Evolutionstheorie nicht. Evolution ist eine ständige Entwicklung durch den Überlebenskampf, der von Anpassung und von der Stärke bestimmt ist. Die Spezies, die sich am schnellsten der veränderten Umwelt anpassen kann und sich am kraftvollsten behauptet, die überlebt.

 

 

Wie die Evolutionstheorie politisch missbraucht werden kann, dass sehen wir mit Erschrecken im Dritten Reich, wie das evolutionistische Denken politisch umgesetzt wurde, indem man von „unwertem“ Leben sprach, dass beseitigt werden konnte und hat so die Ermordung von Menschen mit Behinderung begangen, um die „Volksseele“ zu reinigen. So hat man dann auch die Ermordung anderer Völker systematisch begangen, um „Lebensraum für die Herrenrasse“ zu schaffen.

 

 

Wir modernen Menschen rühmen uns, dass wir Gott nicht brauchen. Wir können alles selbst und klopfen uns auf die Schulter. Gott brauchen wir nicht. So steht als berühmtes Beispiel der russische Kosmonaut Juri Gagarin, der am 12. April 1961 die Erde umflog und einmal sagte, dass er Gott dort oben nicht gefunden habe. Ich glaube ihm das auch! Denn Gott ist nicht im Weltall zu finden, wo er doch zu uns auf die Erde gekommen ist. Das feiern wir Weihnachten.

 

 

Aber wir sehen, mit dieser Diskussion kommen wir nicht weiter. Gott rühmen, das müssen wir heute feststellen, ist aus der Mode gekommen. Die meisten Menschen kennen und brauchen keinen Gott mehr und glauben auch nicht mehr daran. Und dazu hat das „Bodenpersonal Gottes“ nicht unwesentlich beitragen. Die berechtigte Kritik an den Kirchen reißt nicht ab. Dieser Verantwortung müssen wir uns als Kirchengemeindeglieder stellen. Da gibt es nichts schön zu reden.

 

 

Eine Erneuerung der Kirche kann nur geschehen, wenn wir Christen selbst wieder anfangen danach zu fragen, was Christus eigentlich will und wie Nachfolge Christi in dieser Welt aussieht. Damit das wieder geschieht, was Jesus in der Bergpredigt zu den Menschen spricht: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Mt.5,16)

 

 

 

Liebe Gemeinde, wir sind mittlerweile als Kirche an einem Punkt angekommen, wo das Reden, Diskutieren und Argumentieren über Kirche und Glauben nicht mehr ausreichen. Es macht keinen Sinn über Gott zu reden und wie gut er ist und welch ein Segen er für uns, für die Gesellschaft und für die Welt ist. Es wird wieder Zeit, dass wir mutig danach Leben, wozu uns Christus einlädt. Lasst uns durch unseren Glauben, was ja Vertrauen heißt, unser Leben verändern. Damit es sichtbar wird, dass wir aus der Liebe Gottes heraus unser Leben anders wahrnehmen, andere Prioritäten setzen.

 

 

Diese Verkündigung Gottes in der Welt wird verstanden werden. Auch deshalb, weil Vertrauen zu Christus nicht im Kopf und Herz verborgen bleibt, sondern nach außen wirkt. Indem, was wir sagen, indem was wir tun, indem, wie wir mit anderen Menschen umgehen, indem wie wir mit uns selbst umgehen, mit unserer Schuld, mit unseren von Gott verliehen Gaben … all das wird sichtbar werden, sodass dann geschehen kann, wovon Jesus in der Bergpredigt gesprochen hat.

 

 

Die „guten Werke“, die wir tun sind ja in der Ev. Kirche ein wenig verpönt, aus dem falschen Verständnis daraus, was Martin Luther neu entdeckt hat: Dass der Glaube allein gerecht macht und nicht die Werke. Das bleibt auch so. Für unser Heil reicht allein Gottes Gnade. Das können wir uns durch gute Werke nicht erwerben.

 

 

Und doch ist es auch so, dass es bei der Liebe zu einem Menschen auch nicht ausreicht, nur immerzu davon zu reden. Und das will im Grunde auch einer nicht, der einen anderen Menschen liebt, sondern er will es zeigen, z.B. in dem er aufmerksam ist, Dinge tut, die den anderen erfreuen.  Darin kommt die Liebe zum Ziel, indem sie durch Handlung sichtbar und konkret wird und das gemeinsame Leben verändert und bereichert. So wächst die Liebe immer mehr.   

 

 

Als Christ gute Werke tun ist gar nicht so einfach. Wir erleben oft, dass wir nicht so sind, wie es Christus über die Menschen sagt, die Gott zum Vater haben. Jesus hat uns das vorgelebt. Er hat Schuld und Vergebung im Namen Gotts unseres Vaters den Menschen zugesprochen. Ihm war die Liebe zu den Menschen wichtiger, als das, was andere sagen. So ging er zu den Sündern, zu den Aussätzigen der Gesellschaft, zu den Zöllnern, die von allen verachtet und gehasst waren. Zu ihnen ging er und erzählte von der Liebe Gottes, der unser Vater ist.

 

 

Wir ahnen, dass wir nicht so leben. Vielleicht wollen wir es auch nicht, weil das unser ganzes Leben komplett verändern würde. Wir haben uns an unseren Lebensstandard gewöhnt und verwenden viel Kraft darauf, unseren Besitz zu vermehren und zu sichern.

 

Mir, liebe Gemeinde, geht es nicht anders! Auch mir fehlt der Mut, Jesus nachzufolgen. Was wird aus meiner Familie, was aus meinen Kindern … ich kann doch nicht so radikal leben wie Jesus? Er war allein! Das ist alles richtig.

 

 

Dennoch spüren wir, wenn wir in Gottes Wort lesen, dass uns eine heilige Unruhe erfasst, dass wir staunen, was Jesus tut und es auch für richtig halten und manchmal denken, wenn jeder so leben würde wie Jesus, wie sähe dann unsere Welt aus?

 

 

Wir haben dann was Richtiges erkannt: Wir können nicht so leben wir Jesus. Dennoch traut uns Jesus das zu. Als er den Jüngern beim Abendmahl die Füße wäscht sagt er zu ihnen: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich getan habe.“ (Joh.13,15) Wir müssen also keine Wunder tun, aber Werke der Liebe traut uns Gott zu.  

 

 

Dass wir gute Werke der Liebe tun hat seinen Grund darin, dass wir selbst Gottes Liebe an uns erfahren haben. Wie Gott uns immer wieder Schuld vergibt, davon können wir lernen, anderen ihre Schuld zu vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Wenn wir selbst von der Barmherzigkeit Gottes leben, können wir auch unseren Mitmenschen barmherzig begegnen. 

 

 

Dazu mahnt uns der Prophet Jeremia. Die Menschen sollen sich nicht selbst rühmen, sondern das, was Gott an ihnen getan hat. Damit wir erkennen, dass alles was wir sind und was wir haben im letzten Grunde doch Gnade, d.h. geschenkt, ist. Es ist ein Geschenk, wenn die Kinder gesund sind. Es ist ein Geschenk, wenn wir einen guten Lebenspartner gefunden haben. Es ist ein Geschenk, wenn wir einen guten Freund oder Freundin haben. Es ist ein Geschenk, wenn wir gesund sind. Es ist ein Geschenk, wenn wir Arbeit haben und uns das verdienen können, was wir zum Leben brauchen. Es ist ein Geschenk, dass wir schon so lange im Frieden leben konnten. Es wird doch niemand mit vollem Ernst behaupten wollen, dass er das alles „verdient“ habe! Wir können es nur in Dankbarkeit annehmen.

 

 

Jeremia will uns zu solch einem Leben in Dankbarkeit ermutigen. Bitten wir Gott darum, dass er unsere Augen öffne, damit wir Gottes Barmherzigkeit, Gottes Recht, Gottes Gerechtigkeit erkennen und ihn dafür loben und preisen. Das verändert unser Leben und wir werden zu solchen Menschen, die von Gottes Liebe verändert werden. Sind wir bereit uns darauf einzulassen?

 

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

 

 

Lied: 638,1-3 Ich lobe meinen Gott, …

 

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Jer.9,22-23 Septuagesimae 13.02.2022.pdf
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Predigt vom 06.02.2022

 

 

 

 

 

 

 

Predigt: Mt.14,22-33 (Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
06.02.2022 Sonntag: 4. Sonntag vor der Passionszeit
Wochenspruch: „Kommt her und seht an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.“ (Psalm 66,5)
Lesung: Markus 4,35-41 Stillung des Sturms
Wochenpsalm: Psalm 18 / EG 707
Lied: 357,1-4 Ich weiß woran ich glaube ...
Kanzelgruß: Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.


Predigttext: Matthäus 14,22-33 Jesus und der sinkende Petrus auf dem See
14,22 Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm
hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe. 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein. 24 Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. 26 Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!
28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir! 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
32 Und sie traten in das Boot und der Wind legte sich. 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!
Glauben im Sturm des Lebens


Liebe Gemeinde,
die Geschichte von Petrus, der im stürmischen Wasser versinkt, als er Jesus auf dem Wasser entgegen gehen will, die ist vielen von uns bekannt. Ich habe viele Bilder vor Augen, die diese Szene darstellen. Petrus, der verzweifelt zu Jesus hinaufsieht, während er immer mehr in dem stürmischen Meer versinkt. Die Hand, die er ausgestreckt und Jesus hinhält. Und die ausgestreckte Hand Jesu, die ihn ergreift.
Was ist bei uns haften geblieben? Welche Gedanken und Erinnerungen verknüpfen wir mit dieser Geschichte? Behalten wir es im Hinterkopf!
Nur Matthäus erzählt uns die Geschichte vom Sturm und vom sinkenden Petrus. Markus und Johannes erzählen beide vom Sturm und vom wandeln Jesu auf dem Wasser. Was will uns die Geschichte sagen, welche Botschaft ist für uns darin enthalten.
Ist die Botschaft: Jesus hat Macht über Naturgewalten? Als er das Boot besteigt flaut der Wind ab und es heißt „der Wind legte sich“. (V.32). Aber ist das für uns wirklich ein Glaubensproblem, dass wir Jesus nicht zutrauen, dass er Macht hat über die Naturgewalten?
Er, dem wir zutrauen, dass er Kranke heilt, Sünde vergibt und Tote auferweckt, warum sollte er nicht auch die Macht haben über die Natur, dessen Schöpfer er mit seinem Vater ist.
Oder ist die Botschaft: Jesus kann Wunder tun, wie z.B. dass er über das Wasser gehen kann.
Aber so außergewöhnlich ist es nicht. Auch im Buddhismus gibt es eine Legende, dass ein Mönch, so lange er sich auf den Buddha konzentriert, über Wasser gehen kann, sobald er sich ablenken lässt sinkt er ein. Aber wir, die wir an Christus glauben, trauen ihm das zu. Was aber die Verkündigung Jesu angeht, ist dieses Können Jesu nicht relevant. Es wird von keinem Christen als Glaubensbeweis einfordert, über das Wasser gehen zu können.
Aber was ist dann die Botschaft dieser Geschichte? Warum hat Matthäus aus den vielen Geschichten diese für Wert gefunden, in sein Evangelium aufgenommen zu werden?
Schon sehr früh hat die Christenheit diese Erzählung als Allegorie, als ein Gleichnis verstanden, d.h. als eine Geschichte, die eine Botschaft hat an die nachösterliche christliche Gemeinde in der Welt. Der christlichen Gemeinde, die ohne sichtbare Präsenz ihres Herrn unterwegs ist in dieser Welt, die zuweilen sehr stürmisch ist. Schon sehr früh hat die Gemeinde das Bild des Schiffes auf sich bezogen, das in dieser Welt unterwegs ist zu seinem Ziel, der Ewigkeit.
Früher gab es mal ein Lied, das ich gerne gesungen habe von Martin Gotthard Schneider (1960).

Das war abgedruckt in der rot-blauen Sonderausgabe:
Strophen
1. Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt vom Sturm bedroht durch Angst, Not und Gefahr,
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg, so fährt es Jahr um Jahr.
Und immer wieder fragt man sich: Wird denn das Schiff bestehn?
Erreicht es wohl das große Ziel? Wird es nicht untergehn?
Kehrvers
Bleibe bei uns, Herr! / Bleibe bei uns, Herr,
denn sonst sind wir allein auf der Fahrt durch das Meer.
O bleibe bei uns, Herr!


In diesem Lied wird das aufgegriffen, was die Jünger Jesu auf dem See Genezareth erleben
und in all dem Geschehen wird die Situation deutlich, in der die Gemeinde Jesu ist. Nehmen wir ein paar Aspekte heraus.
Die Jünger sind nicht freiwillig unterwegs. Sie sind auf Anweisung ihres Herrn mit dem Boot auf dem Wasser. Jesus, so heißt es in Vers 22 „drängt“ die Jünger in das Boot zu steigen, um vor ihm ans andere Ufer zu gelangen. Er selbst will zurückblieben uns das Volk in Ruhe ziehen lassen, das er zuvor durch ein Wunder gespeist hat (vgl. Mt.14,13-21). Anschließend „stieg er auf den Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein.“
(V.23)
Immer wieder ist es nach Aktion und reger Tätigkeit für Jesus wichtig allein zu sein und sich Zeit für das Beten zu nehmen. Und während er auf dem Berg betet, so heißt es weiter in Vers 24: „Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.“
Die Jünger in Not. Sie fürchten um ihr Leben und kämpfen gegen den Sturm an. Ist das nicht auch oft das Empfinden der Gemeinde Christi? Wir kämpfen im Sturm dieser Welt als Kirche.
Wir drohen zu schwanken und zu sinken. Der Sturm reißt uns liebgewordenes von Bord und manches müssen wir sogar von Bord werfen, um nicht zu sinken. Aber wo ist der HERR?
Sieht er nicht unsere Not?
Die Geschichte sagt uns: Jesus betet zum Vater. Stellvertretend betet unser Herr Jesus Christus für uns als Gemeinde vor Gott. Stellvertretend trägt er unsere Schuld am Kreuz und als Auferstandener zur Rechten Gottes tritt er für die Gemeinde ein. Er ist da. Wir sind nicht allein – auch wenn wir ihn nicht sehen.
Und dann kommt er auf dem Wasser seinen Jüngern entgegen. Mitten im Sturm erkenne sie ihren Herrn nicht und erschrecken mit großer Furcht: „Es ist ein Gespenst!“ (V.26) Das ist wohl auch die Not der Gemeinde und Christen, dass sie im Sturm des Lebens, in ihrer Angst, das Nahen ihres Herrn nicht erkennen. Die Panik, die Sorgen, die Angst, die uns erfasst, das Blicken auf die riesigen Wellen, die uns zu verschlingen drohen, der peitschende Wind, der an uns rüttelt und droht, uns in die dunklen Fluten zu reißen ... all das sehen wir, aber den
kommenden Christus erkennen wir nicht.
Woran erkenn wir den Herrn, wenn uns der Sturm des Lebens herumreißt? Wir, die wir nach ihm rufen in der Verzweiflung und ihn nicht mehr spüren und sehen... Wie erkennen wir seine Nähe?
Es ist das WORT des HERRN! Es ist das Wort unseres Herrn Jesus Christus, durch das wir ihn im Sturm unseres Lebens und der Kirche erkennen. Hier in der Geschichte: „Aber zugleich redet Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin ́s; fürchtet euch nicht!“ (V.27) Das schlichte und doch so kraftvolle Wort unseres Herrn Jesus Christus ist es, wodurch wir im Sturm seine Nähe spüren und ihn erkennen. Nicht das Wunder, dass er auf dem Wasser geht, sondern sein schlichtes Wort.
Was uns, die Gemeinde Christi, trägt und uns im Sturm dieser Welt Halt gibt und uns seiner Nähe gewiss macht, so will uns Matthäus mit dieser Geschichte deutlich machen, sind nicht die Wunder Gottes, – sondern es ist sein Wort.
Deswegen, liebe Gemeinde sind wir heute hier: Wir hören sein Wort. Wir hören sein Wort bei der Taufe über das Wunder des neuen Lebens. Wir hören sein Wort, wenn ein junger Mensch in der Konfirmation gesegnet wird und ihm zugesprochen wird ein Wort, das ihn durch das Leben begleiten will. Wir hören sein Wort, wenn zwei Menschen sich lieben und sich das Jawort geben, ein Wort, das sie durch das gemeinsame Leben begleiten will, durch Höhen und Tiefen. Wir hören sein Wort, wenn der Tod in unseren Lebenskreis eintritt und wir einen lieben Menschen loslassen müssen – es ist SEIN Wort, das uns trägt und hält im Leben und im Sterben.
Und nun kommt Petrus in das Geschehen. Seine Bitte ist nicht die Bitte um ein Wunder, wie er es an seinem Herrn sieht. Seine Bitte ist: „Befiehl mir zu dir zu kommen...“ (V.28) Das ist es, was wir uns wünschen als Glaubende und als Gemeinde, das ist unser Lebensziel: Die Nähe zu unserem Herrn. Zu ihm zu kommen, trotz des Sturms, der um uns tobt.
Petrus steigt aus dem Boot und wandelt seinem Herrn entgegen. Doch er macht eine Erfahrung, die wir kennen. Wir blicken auf Jesus, wir glauben an seine Macht – und doch lassen wir unseren Blick schnell von ihm und das was uns bedroht hält uns gefangen. Aber Christus hält ihn, rettet ihn, der zu versinken droht. Wir hören die Worte Jesu: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ (V.31)
Ich bin dankbar für diese Geschichte mit Petrus. Der, der der Fels der Kirche sein soll versinkt im Wasser und wird von Jesus als „Kleingläubiger“ bezeichnet. Er, der verspricht Jesus niemals zu verlassen, der wird ihn später dreimal verleugnen als der Hahn am Morgen zum ersten Mal kräht und er läuft weg und lässt seinem Herrn in Stich, als er den Weg ans Kreuz geht. Und doch ist er es, der die Gemeinde nach Christi Himmelfahrt leitet und später als
Märtyrer in Rom für seinen Herrn stirbt.
Simon Petrus, der Fels, auf dem Jesus die Gemeinde bauen will. Petrus, zu dem Jesus sagt:
„Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dann umkehrst, so stärke deine Brüder.“(Lk.22,31-32) Es ist das Fürbittengebt des Herrn, das den Glaubenden und die Kirche Christi im Vertrauen zu Christus hält. Es ist das Gebet Jesu für die Gemeinde auf dem Berg, wie es am Anfang der Geschichte heißt. Gewiss hat er für den Glauben des Petrus gebetet, dass er nicht aufhöre und dass er seine Glaubensgeschwister stärke.
Gemeinsam steigen Christus und er in das Boot und der Wind legte sich und es heißt am Schluss: „Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“ (V.33) Ich wünsche Ihnen und mir, liebe Gemeinde, dass wir in den Stürmen des Lebens immer wieder das erleben, was die Jünger erlebt haben mit ihrem Herrn auf dem See Genezareth und dass wir erkennen Christus unseren Herrn.
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: +93,1-3 Anker der Zeit ... / 449,6-9 Die güldene Sonne ...
Bayern, Regional 589 Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
Strophen
1. Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt,
fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist,
heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt vom Sturm bedroht
durch Angst, Not und Gefahr,
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg,
so fährt es Jahr um Jahr.
Und immer wieder fragt man sich:
Wird denn das Schiff bestehn?
Erreicht es wohl das große Ziel?
Wird es nicht untergehn?
Kehrvers
Bleibe bei uns, Herr!
Bleibe bei uns, Herr,
denn sonst sind wir allein
auf der Fahrt durch das Meer.
O bleibe bei uns, Herr!
2. Das Schiff, das sich Gemeinde nennt,
liegt oft im Hafen fest,
weil sich’s in Sicherheit und Ruh
bequemer leben lässt.
Man sonnt sich gern im alten Glanz
vergangner Herrlichkeit,
und ist doch heute für den Ruf
zur Ausfahrt nicht bereit.
Doch wer Gefahr und Leiden scheut,
erlebt von Gott nicht viel.
Nur wer das Wagnis auf sich nimmt,
erreicht das große Ziel!
Kehrvers
3. Im Schiff, das sich Gemeinde nennt,
muss eine Mannschaft sein,
sonst ist man auf der weiten Fahrt
verloren und allein.
Ein jeder stehe, wo er steht,
und tue seine Pflicht,
wenn er sein Teil nicht treu erfüllt,
gelingt das Ganze nicht.
Und was die Mannschaft auf dem Schiff
ganz fest zusammenschweißt
in Glaube, Hoffnung, Zuversicht,
ist Gottes guter Geist.6
Kehrvers
4. Im Schiff, das sich Gemeinde nennt,
fragt man sich hin und her:
Wie finden wir den rechten Kurs
zur Fahrt im weiten Meer?
Der rät wohl dies, der andre das,
man redet lang und viel
und kommt – kurzsichtig, wie man ist -
nur weiter weg vom Ziel.
Doch da, wo man das Laute flieht
und lieber horcht und schweigt,
bekommt von Gott man ganz gewiss
den rechten Weg gezeigt!
Kehrvers
5. Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt,
fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist,
heißt Gottes Ewigkeit.
Und wenn uns Einsamkeit bedroht,
wenn Angst uns überfällt:
Viel Freunde sind mit unterwegs
auf gleichen Kurs gestellt.
Das gibt uns wieder neuen Mut,
wir sind nicht mehr allein.
So läuft das Schiff nach langer Fahrt
in Gottes Hafen ein!
Kehrvers
Text und Melodie: Martin Gotthard Schneider1960

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Mt.14,22-33, 4. So. v. d. Passionszeit I
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Predigt vom 30.01.2022

Predigt: 2. Mo.34,29-35 (Perikope IV)
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
30.01.2022
Sonntag: Letzter Sonntag nach Epiphanias
Wochenspruch: „Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.“
(Jesaja 60,2)
Lesung: Matthäus 17,1-9 Die Verklärung Jesu
Wochenpsalm: Psalm 36 / EG 719
Lied: 69,1-4 Der Morgenstern ist aufgedrungen ...
Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus
Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.


Predigttext: 2.Mo. 34,29-35 Der Glanz auf Moses Angesicht
34,29 Als nun Mose vom Berge Sinai herabstieg, hatte er die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand und wusste nicht, dass die Haut seines Angesichts glänzte, weil er mit Gott geredet hatte. 30 Als aber Aaron und ganz Israel sahen, dass die Haut seines Angesichts glänzte, fürchteten sie sich, ihm zu nahen. 31 Da rief sie Mose und sie wandten sich wieder zu ihm, Aaron und alle Obersten der Gemeinde, und er redete mit ihnen. 32 Danach nahten sich ihm auch alle Israeliten. Und er gebot ihnen alles, was der HERR mit ihm geredet hatte
auf dem Berge Sinai.
33 Und als er dies alles mit ihnen geredet hatte, legte er eine Decke auf sein Angesicht. 34 Und wenn er hineinging vor den HERRN, mit ihm zu reden, tat er die Decke ab, bis er wieder herausging. Und wenn er herauskam und zu den Israeliten redete, was ihm geboten war, 35
sahen die Israeliten, wie die Haut seines Angesichts glänzte. Dann tat er die Decke auf sein
Angesicht, bis er wieder hineinging, mit ihm zu reden.
Gottes Licht erleuchtet uns
Liebe Gemeinde,
mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias endet offiziell die Weihnachtszeit. Noch einmal
schauen wir auf das, was uns Weihnachten verkündigt worden ist. Christus der Heiland und
Retter ist uns geboren. Das ist die Botschaft der Engel in der Heiligen Nacht.
Was mich an Weihnachten fasziniert ist, dass in das Dunkle der Welt die frohe Botschaft des
Heils uns verkündet wird. So wie es im Johannesevangelium heißt: „In Jesus war das Leben,
und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis...“
(Joh.1,4-5) Dass Jesus das Licht ist, welches in die Dunkelheit scheint, wird in unserem

2
Kirchenjahr anschaulich. In der dunklen Jahreszeit, wenn die Tage immer kürzer werden und
die Nächte länger, da geschieht es in unseren Häusern, dass es immer heller wird. Wenn der
Adventskranz auf dem Tisch steht und mit jedem Adventssonntag eine Kerze mehr
angezündet wird, dann ist das wunderbar.
Wir freuen uns daran, wenn die leuchtende Weihnachtsdekoration in den Fenstern der
Häuser brennt und die Straßen erleuchtet sind. Es tut einem gut, dass dem Dunklen und
Trüben etwas entgegengesetzt wird. Mir geht es so und ich vermute vielen anderen auch.
Der Höhepunkt ist die Heilige Nacht. Dann wenn die Familie mit den Angehörigen sich um
den Christbaum versammelt und die Lichter brennen. Wenn der Duft des frischen
Nadelbaumes den Raum erfüllt und die Geschenke unter dem Baum schön verpackt liegen,
ist die dunkle Jahreszeit draußen vergessen. Das Licht scheint in unsere Herzen. Das Licht
vom Heiligabendgottesdienst erfüllt unser Gesicht und Herz und die Lieder klingen in uns
nach.
Licht – wie ich es immer wieder in dieser besonderen Zeit verkündige. Ich liebe es. Zeugt
doch das Licht vom Kommen Gottes in unsere Welt. Das ist Grund zur Freude. Die Engel
verkündigen es uns im Lukasevangelium: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch
große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren,
welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lk.2,10-11) Und etwas später
erscheinen die himmlischen Heerscharen und stimmen ihren Lobgesang an: „Ehre sei Gott in
der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lk.2,14)
Ganz anders die Geschichte mit Mose und dem Volk Israel, die wir zu Anfang gehört haben.
Auch hier kommt Gott in die Welt. Mose spricht mit ihm und bekommt die 10 Gebote. Mit
Gott allein ist er auf dem heiligen Gottesberg im Sinai. Die Begegnung mit Gott verändert
Mose. Er hat ein glänzendes Angesicht. Es leuchtet so hell, dass das Volk sich vor Mose
fürchtet und wegläuft. Mose muss die Menschen zurückrufen, damit sie sich nicht fürchten.
Er bedeckt sein Haupt mit einer Decke.
Eine merkwürdige Geschichte, die wir heute haben. Sie passt zum Epiphanias, weil auch hier
von einer Erscheinung Gottes geredet wird, wie Weihnachten. Auch hier geht es um Licht,
das heilige Licht. Im Gegensatz zu Weihnachten, wo das Licht Wärme, Harmonie,
Geborgenheit und Frieden ausstrahlt, ist das Licht, dass von Mose ausgeht, beängstigend.
Die Menschen damals können die alles durchdringende Helligkeit nicht ertragen. Es heißt ja
auch einige Verse vorher: „Und der HERR sprach: Mein Angesicht kannst du nicht sehen;
denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.“ (2.Mo.33,20)
Das ist Gottes Antwort auf die Bitte Mose, dass er gerne das Angesicht Gottes sehen möchte.
Gott verwehrt ihm diesen Wunsch, aber er gibt ihm eine Möglichkeit, seine Herrlichkeit zu
sehen. Dazu stellt er Mose in eine Felsspalte und Gott selbst geht an ihm vorüber. Aber im
Vorübergehen hält Gott selbst seine schützende Hand über Mose, der in der Felsspalte steht
und als der HERR vorüber gegangen ist, nimmt er seine Hand weg und Mose kann ihm
hinterher sehen. Diese wunderbare und geheimnisvolle Geschichte wird in 2. Mo.33,12-23
erzählt. 3
Wenig später wird erzählt, wie Mose die neuen 10 Gebote Tafeln bekommt. Die ersten hatte
er aus Wut über den Götzendienst des Volkes zertrümmert (vgl. 2.Mo.32,19). Nun kommt
Gott hernieder und geht vor seinem Angesicht vorüber und Mose kann nur aussprechen:
HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue,
der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretungen und Sünde, aber
ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und
Kindeskindern bis ins vierte Glied.“ (2.Mo.34,6-7)
Im Ausruf von Mose bei der Gegenwart Gottes spürt man den Worten ab, wie erschüttert er
ist von der Heiligkeit Gottes. Im Lichte Gottes wird gleichsam alles Gegenwart, der Segen, die
Güte, die Barmherzigkeit und Gottes Gnade, aber zugleich wird auch das Dunkel, dass jeden
Menschen mit umgibt, vom Lichtglanz Gottes aufgedeckt. Die Abgründe werden sichtbar, die
Schuld und Sünde, alle Missetaten werden auf einmal klar und deutlich erhellt. Ich meine,
deswegen ist Gott-sehen unerträglich und tödlich, weil wir durch die geballte Aufdeckung
unseres wahren Seins uns auf einmal klar und deutlich erkennen. Das können wir nicht
ertragen – wenn nicht die Liebe Gottes noch größer wäre.
Dieser Lichtglanz Gottes, der alle Wahrheit über uns aufdeckt, ist nicht erträglich, es sei
denn, man ist erfüllt von der Liebe Gottes und d.h. von seiner Gnade und Barmherzigkeit.
Nur wer darin lebt und davon erfüllt ist, der kann auch das andere ertragen.
So sprechen auch viele Mystiker davon, dass nur ein Augenblick des Sehens ins ewige Licht
sie in Mark und Bein getroffen hat. Der Augenblick hat schon genügt und sie waren davon so
sehr ergriffen, dass sie keine Worte fanden, sondern in Anbetung sich versenkten und sie im
Schweigen verharrten. Und wenn sie doch einmal in Worte zu fassen versuchen, was sie
erlebt haben, dann ist es oft rätselhaft und voller geheimnisvoller Bilder.
Es ist dann so, wie es der Prophet Jesaja erlebt hat: Als er eine Vision Gottes im Tempel hat,
muss er aussprechen: „Weh mir ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne
unter einem Volk mit unreinen Lippen ...“ (Jes.6,5).
Wenn wir das bedenken, wie vom alten Testament her die Begegnung mit Gott geschildert
wird, dann bekommt die Weihnachtsgeschichte noch einmal eine andere Bedeutung. Schon
im Alten Testament sucht Gott einen verträglichen Weg zu dem Menschen, so dass er nicht
sterben und sich fürchten braucht. Jesaja bekommt glühende Kohlen gereicht als Zeichen,
dass er gereinigt ist (vgl. Jes.6,6f.). Mose erfährt immer wieder die Gnade Gottes und Gott
selbst bestimmt das Sehen der Menschen in Bezug auf ihn.
Nun aber verstehen wir einmal mehr, wenn die Engel, mit ihrem plötzlichen Lichtglanz, in
der Weihnachtsgeschichte, bevor sie die frohe Botschaft verkünden, erst einmal ausrufen
müssen: „Fürchtet euch nicht!“ (vgl. Lk.1,30 und 2,10)
Gottes Gegenwart können wir nicht ertragen. Selbst der Abglanz dieser Herrlichkeit, die
Moses Gesicht erstrahlen lässt, ist dem Volk Israel zu viel. Er bedeckt sein Haupt.
Ich denke, es ist eine wunderbare Geschichte, die uns erzählt wird. Wir können und werden
das Geheimnis des Wesens Gottes nicht endgültig aufdecken können. Gott selbst ist es, der
sich uns Menschen so zu erkenn gibt, dass wir es ertragen können. Er „offenbart“ sich.4
Offenbarung heißt ja nichts anderes, als dass die Decke von etwas hinweggenommen wird.
Gott selbst ist es, der bestimmt, wie weit die Decke von ihm hinweggenommen wird, zum
Heil für uns.
Aber auch das Andere macht die Geschichte deutlich: In der Begegnung und sich Aussetzen
des Glanzes Gottes werden wir selbst erhellt. Wir sind „Erleuchtete“, wenn uns Gottes Licht
erhellt. Ich wünsche mir manchmal, dass wir Christen mehr leuchten würden. Jedoch zeigt
uns die Geschichte von Mose, dass wir selbst nicht das Leuchten machen können. Das Licht
muss von Gott kommen. Wir werden erleuchtet, wenn wir uns diesem Licht aussetzen. Das
Licht Gottes begegnet uns in seinem Wort, in den Gottesdiensten, im Singen der Lieder und
im Gebet.
Wir brauchen heute wieder Menschen, die sich dem Licht aussetzen, die sich von Gottes
Licht bestrahlen lassen und die es dann weitergeben an die Menschen, die im Dunkeln sind.
Gottes Licht hat an Weihnachten eine menschliche und damit für uns erträgliche Gestalt
angenommen in Jesus Christus. Die Gestalt eines Kindes in der Krippe, das unsere Zuneigung
weckt und das wir offen anschauen können und das unser Herz erfreut – wie jedes Kind, in
dessen Augen wir sehen dürfen. Ich finde das wunderbar.
In Jesus sehen wir Gott. Jesus sagt einmal: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“ (Joh.14,9)
Und er selbst sagt über das was er ist: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der
wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh.8,12)
Christus ist unser Licht und in diesem Licht sehen wir unseren Vater. Das, was wir von Gott
sehen ist Ermutigung, ihm zu vertrauen, d.h. seinen Worten und Taten nachzutun. Damit wir
das werden, wozu uns Jesus einlädt, wenn er sagt: „Glaubt an das Licht, solange ihr ́s habt,
auf das ihr des Lichtes Kinder werdet.“ (Joh.12,36).
Ich wünsche mir, dass sich viele Menschen vom Licht Gottes leiten lassen, damit andere zum
Vertrauen auf Gott eingeladen werden. Besonders in unserer Zeit, in der innerhalb der
Kirche viel Schatten und Dunkelheit aufgedeckt wird. Es tut weh, wenn wir die sexuellen
Missbrauchsgeschichten hören. Es ist gut, dass es aufgedeckt wird. Es ist gut, wenn die
Kirche im Lichte Gottes diese Schuld nicht vertuscht.
Deswegen ist es heute wichtig, dass wir Christen unser Leben dem Lichte Gottes aussetzen.
Im Lichte Gottes erkennen wir die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, aber auch unsere
schwarzen Abgründe und das Böse, was wir gerne im Dunklen verborgen halten.
Aber nur mit dem Lichte Gottes, was die Liebe ist, können wir die Dunkelheit überwinden
und können wir geheilt werden. Das ist uns ja in der dunklen Nacht von Heiligabend
verkündigt worden: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude (...) denn
euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus ...“ (Lk.2,10+11)
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre
unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: 347,1-6 Ach bleib mit deiner Gnade...

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2.Mo.34,29-35, Letzter So. n. Epiphanias
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Predigt vom 23.01.2022

Predigt: Matthäus 8,5-13 (Perikope IV)
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
23.01.2022
Sonntag: 3. Sonntag nach Epiphanias
Wochenspruch: „Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von
Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.“ (Lukas 13,29)
Lesung: Römer 1,13-17
Wochenpsalm: Psalm 67 / EG 730
Lied: 293,1-2 Lobt Gott den Herren ...
Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus
Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.
Predigttext: Matthäus 8,5-13 Der Hauptmann von Kapernaum
8,5 Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn 6 und
sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. 7 Jesus
sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. 8 Der Hauptmann antwortete und
sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort,
so wird mein Knecht gesund. 9 Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und
habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem
andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.
10 Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich,
ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! 11 Aber ich sage
euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und
Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; 12 aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen
in die Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.
13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und
sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.
Auf Jesus vertrauen
Liebe Gemeinde,
wir befinden uns immer noch in der Epiphaniaszeit und damit in der nachweihnachtlichen
Zeit. Die Epiphaniassonntage deuten aus verschiedenen Betrachtungsweisen das, was
Weihnachten mit der Geburt des Kindes im Stall für uns Menschen geschehen ist.
Im Wochenspruch für diese Woche, in Lk.13,29 wird ein weiteres Thema angesprochen. Dort
heißt es: „Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die
zu Tische sitzen werden im Reich Gottes.“ Das Heilsgeschehen im Stall gilt nicht nur dem
Volk Israel, sondern allen Völkern. Es wird aufgegriffen, was im Alten Testament schon

2
verkündet und vorbereitet wird, dass die Auserwählung des Volkes Israel zum Zeugnis der
Gottesgegenwart in dieser Welt an alle Menschen gerichtet ist. Mit Jesus Christus wird das
Heil Gottes für alle Völker eröffnet. Das ist die wunderbare Botschaft für uns, die wir nicht
zum Volk Israel, dem auserwählten Volk Gottes, gehören, sondern zu den sogenannten
„Heiden“ zählen.
Interessant ist, dass die Öffnung des Heils für alle Menschen nicht ein Automatismus ist. In
den Evangelien wird davon berichtet, wie Jesus selbst sich dieser Öffnung annähert. Gewiss,
das was mit Jesus in die Welt gekommen ist, ist vom Anfang an für alle Menschen bestimmt
gewesen, aber vermutlich hat Jesus nicht damit gerechnet, dass die „Heiden“, die Völker
außerhalb Israels, so schnell auf ihn zukommen würden. Das hat auch ihn verwundert (vgl.
V.10).
Und so wird in unserem heutigen Predigttext von zwei Wundern erzählt. Das erste Wunder
ist die Heilung des Knechtes oder Sohn (aus dem Griechischen lässt sich das nicht genau
bestimmen) des Hauptmannes und die Verwunderung Jesu über den Glauben der
Menschen, die nicht zum Volk Israel gehören.
Wenden wir uns dem ersten Wunder zu. Die Heilung des Knechtes des Hauptmannes.
Der römische Hauptmann ist in Not. Sein lieber Knecht liegt im Sterben. Vermutlich hat er
schon vieles probiert, sich an diesen oder jenen gewandt und doch konnte keiner seinem
Knecht helfen. In seiner Not wendet er sich an Jesus. Vermutlich hat er von ihm gehört. Er
spricht seine Bitte vor Jesus aus. Er traut Jesus zu, dass er helfen kann.
Jesus will zu ihm kommen und den Knecht gesund machen und darauf antwortet der
Hauptmann: „Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich
nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ (V.8) Er vertraut darauf, dass Jesu Wort genügt.
Er sagt auch warum, indem er selbst gleich die Begründung für sein Vertrauen mitteilt mit
einem Beispiel aus der Praxis seines Alltags. Er als Hauptmann erlebt es jeden Tag in der
Kaserne. Wenn er ein Befehl gibt, dann führt ihn der Soldat gehorsam aus. So traut er Jesus
zu, dass allein sein Wort genügt, damit der Knecht wieder gesund wird.
Tiefes und bedingungsloses Vertrauen hat der Hauptmann in Jesus. Eindrücklich hat er sein
Vertrauen veranschaulicht aus seinem Alltag als Soldat. Jesus ist darüber sehr verwundert,
so heißt es in Vers 10 und er spricht zu denen die bei ihm sind und ihm nachfolgen: „Solchen
Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!“
Worin ermutig uns der Glaube des Hauptmannes? Ich sehe zwei Merkmale seines Glaubens,
die mich ermutigen:
1) Er sagt Jesus, was ihn bedrückt.
2) Er sagt Jesus, was er ihm zutraut.
Mehr hat er nicht zu bringen und darin zeichnet sich sein Glaube zu Jesus aus. Er ist es nicht
wert, dass Jesus in sein Haus kommt. „Sprich nur ein Wort ...“ (V.8). Offen und
voraussetzungslos begegnet der Hauptmann Jesus. Das ist gar nicht so einfach.
Wie oft verbinden wir unsere Bitten an Jesus mit Voraussetzungen. Oder wenn wir uns
beklagen über ein Widerfahrnis, wie oft sagen wir: Womit habe ich, haben wir, das verdient?
Oft schleicht es sich bei uns ein, einen Handel mit Jesus betreiben zu wollen. Wir verweisen
darauf, was wir alles schon für die Kirche, für den Pfarrer, für die Menschen getan haben,
müsste da Jesus nicht ebenso gut an uns handeln oder das Wunder tun, worum wir ihn3
bitten? Es gäbe ja vielleicht vieles worauf wir verweisen könnten – aber mit Jesus können wir
nicht verhandeln, die Wunder, die er tut, die tut er aus Liebe und weil wir ihn darum bitten.
Vielleicht betrachten wir diese Begebenheit Jesu mit dem Hauptmann mit Skepsis und
vielleicht auch traurig, weil es zu unseren Erfahrungen gehört, dass Jesus unsere Bitten nicht
erfüllt, obwohl wir ihn mit unserem Gebet in den Ohren lagen. Es ist so und ich kann es nicht
leugnen, dass es zu den Erfahrungen eines Christen gehört, dass unsere Bitten nicht erhört
bzw. erfüllt werden. Zuweilen wird es uns gegeben, dass wir in Nachhinein einen Sinn darin
erkennen können und dankbar sind, dass Jesus uns die eine oder andere Bitte nicht erfüllt
hat. Vieles aber bleibt uns verborgen.
Zum Glauben gehört deswegen auch, dass wir sehen lernen, wo Jesus unsere Bitten erhört.
Oft sind wir blind für sein Handeln und sein Erhören für unsere Gebete. Gebetserhörungen
erkennen will gelernt sein. Auch das kann eine wichtige Bitte an Jesus sein, darum zu bitten,
dass er unsere Augen öffnet für seine Wunder, die er in unserem Leben tut.
Glaube ist Zutrauen, dass Jesus unsere Gebete erhört. Dieses Zutrauen in Jesus kann und
darf niemals die Freiheit der Liebe Jesu zu uns einschränken. Denn so sagt Jesus selbst zur
Einleitung des Vaterunsers: „Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft ...“ (Mt.6,8). Oder wie
es Dietrich Bonhoeffer einmal schrieb: „Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine
Verheißungen.“
Der Glaubende bleibt vertrauensvoll bei Jesus, auch wenn er seine Bitten nicht erfüllt und
vertraut doch darauf, dass die Verheißungen Jesu sich in seinem Leben erfüllen werden, ja
auch über seinen eigenen Glauben hinaus. Für Martin Luther war z.B. in Zeiten schwerster
Anfechtungen und Zweifel seine Taufe ein Ereignis, in dem er sich von Christus gehalten
wusste. Ich bin getauft! Ich gehöre Jesus! Auch dann, wenn mein Glaube erschüttert ist. Jesu
Liebe hält mich bei ihm.
Ich habe den Eindruck, dass es uns leicht fällt davon zu sprechen, wenn Jesus unsere Bitten
nicht erfüllt. Oft sprechen wir es in anklagenden Fragen aus. Ich meine aber, dass wir auch
wieder lernen müssten, darüber zu sprechen, wo Jesus unsere Bitten erhört hat, dass wir
solchen Erfahrungen in unseren Gottesdiensten Raum geben und erzählen von den Zeichen
und Wundern, die unter uns geschehen und das wir mutiger in der Fürbitte füreinander
beten und Jesus zutrauen, dass er unsere Gebete erhört.
Nun möchte ich doch noch ein paar Worte darüber verlieren, dass Jesus über den Glauben
verwundert ist, dem er beim Hauptmann begegnet.
Hier wird etwas angesprochen, was ich immer wieder im Alltag erlebe: Menschen, die nicht
oder kaum mit der Kirche vor Ort verbunden sind, die wir nicht im Blick haben und die ich als
Pfarrer kaum kenne. Auch bei ihnen erlebe ich solch ein Staunen über den Glauben, den ich
vorfinde, obwohl sie der Kirche fernstehen. Menschen, die ich dem Rande der
Kirchengemeinde zuordnen würde und die mich mit ihrem schlichten und direkten Glauben
überraschen. Solche Erlebnisse mahnen mich, nicht die Menschen zu beurteilen, sondern sie
der Gnade und Liebe Gottes anzuvertrauen und mich über ihren Glauben zu freuen, mag er
noch so naiv in meinen Augen erscheinen. 4
So erlebte ich vor einiger Zeit, dass eine Person plötzlich aus der Familie verstarb und ich
nicht erreichbar war. Sie haben sich dieser Situation angenommen und beim Trauergespräch
sagten sie mir, dass sich alle um das Bett des Verstorbenen versammelt hatten und
gemeinsam das Vaterunser gebetet haben. Das hatte mich verwundert und zugleich habe ich
mich gefreut, dass sie darauf zurückgreifen konnten, was sie mal vor langer Zeit gelernt
hatten. Sie haben, wie das selbstverständlichste der Welt, in dieser Situation das Vaterunser
gebetet.
Diese Erfahrung kommt der von Jesus sehr nahe. Jesus wundert sich! Er freut sich, dass sie
kommen, die Menschen außerhalb des Volkes Israel. Und er verwehrt denen nicht den
Zutritt zu ihm und verschließt nicht die Ewigkeit vor diesen Menschen. In Vers 11 sagt er:
Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob
im Himmelreich zu Tisch sitzen.“
Ein schönes Bild wird uns da aufgezeigt vom Himmelreich. Nationalität, gesellschaftlicher
Rang, Bildung und was wir sonst noch für Unterschiede unter uns machen – im Himmelreich,
am Tisch des HERRN, spielt das alles keine Rolle. Allein der Glaube ist der Zugang zum Tisch
und der Festversammlung mit den Großen des Glaubens wie Abraham, Jakob und Isaak.
Bei den genannten Namen eben – worin zeichnet sich ihr Glaubens aus? Glaubenshelden
waren sie allesamt nicht. Menschen mit Schwächen und Stärken, in Höhen und Tiefen,
haben sie im Vertrauen zu Gott ihr Leben gelebt. Das wird ein Fest sein, in der wir alle, die
am Tisch sitzen, Gott loben für seine große warme Herzlichkeit. Ein Lachen und ein fröhliches
Feiern, im hellen Lichterglanz und ein Wundern darüber, wer alles an diesem Tisch sitzt.
Um den Unterschied deutlich zu machen, so spricht Jesus auch das andere an, wo Menschen
nicht vertrauen können und mit diesem Gott nichts zu tun haben wollen. Dort wird es anders
sein. Da ist Finsternis, dort ist so viel Kälte, dass die Zähne klappern, da ist Einsamkeit und
ein Jammern und jeder dreht sich nur um sich selbst.
Es sind menschliche Worte von dem, was sein wird in der Ewigkeit. Jesu Worte wollen uns
nicht Angst machen, sondern schon heute und jetzt ermutigen, Jesus zu vertrauen. Er wird
es wohl machen und die Ewigkeit wird schon heute hier und jetzt in unser Leben
hineinstrahlen, so wie Jesus sich über den Hauptmann und dessen Glauben wundert. Er sieht
schon in den zukünftigen Himmel hinein und sieht sie kommen, die vielen Menschen aus
allen Himmelsrichtungen, die Platz nehmen am himmlischen Tisch des Herrn.
Der Glaube an Christus kann das – schon einen kleinen Blick in die Zukunft Christi
hineinwerfen. Da kommt die Liebe, die Wärme, das Licht, die Freude die Jesus schenkt zu
uns in unser Leben und dann stimmen wir heute das Loblied (EG 337) an zum Lobe Gottes:
Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn,
freuet euch seiner und dienet ihm gern.
All ihr Völker, lobet den Herrn....
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere
Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: 337 Lobet und preiset ihr Völker den Herr

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Mt.8,5-13, 3.So.n.Epiphanias 23.01.2022.
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Predigt vom 31.12.2021

 

Predigt: Matthäus 13,24-30 (Perikope IV)

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

31.12.2021

 

 

 

Sonntag:                       Altjahresabend / Silvester

 

Wochenspruch:        „Meine Zeit steht in deinen Händen.“ Psalm 31,16a

 

Lesung:                               Römer 8,31b-39 Die Gewissheit des Heils

 

Wochenpsalm:                                Psalm 121 / EG 749

 

 

Lied: EG 198,1-2 Herr, dein Wort, die edle Gabe …

 

 

Kanzelgruß:

 

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

 

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

 

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

 

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

 

Predigttext: Matthäus 13,24-30

 

24 Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25 Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon. 26 Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut. 27 Da traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? 28 Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du denn, dass wir hingehen und es ausjäten? 29 Er sprach: Nein! Damit ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. 30 Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheune.

 

 

 

Die gute Saat Gott wird er in unserem Leben bewahren

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

wir sind heute Abend hier im Gottesdienst versammelt. Das alte Jahr geht seinem Ende entgegen. Wir schauen zurück und bedenken das Jahr. Was hatten wir uns für dieses Jahr vorgenommen, was wollten wir Gutes beginnen? Was konnten wir umsetzten und verwirklichen? Worin sind wir gescheitert?

 

 

Der Predigttext spricht uns heute Abend mit einem vertrauten Bild an. Jesus erzählt ein Gleichnis. Ein Mensch bringt Saat auf das Feld aus. Die Saat geht auf, aber auch das Unkraut wächst mit. Das ist ärgerlich und jeder von uns kennt solch eine Situation, der zu Hause einen Garten hat oder aus der Landwirtschaft kommt. Das ist schon ein Ärgernis, wenn das Unkraut wuchert, oftmals dicht bei den Pflanzen, die wir gerne wachsen sehen.

 

Man muss dann zuweilen abwägen, ob man das Unkraut ausjätet oder es wachsen lässt, mit der Gefahr, dass es überhandnimmt.

 

 

Der Mensch im Gleichnis wird von seinen Arbeitern im Felde gefragt, was sie tun sollen? Der Sämann entscheidet sich, das Unkraut nicht zu beseitigen, weil er Sorge hat, dass der Weizen mit dem Unkraut ausgerissen wird. Er will deshalb bis zur Ernte warten.

 

 

Es ist für den einen oder anderen von uns eine Zumutung, das Unkraut im Garten gedeihen zu lassen. Doch ist es eine Überlegung wert, die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes und die Gefährdung der Kulturpflanze zu bedenken. Das macht jeder Landwirt, bevor er gegen die unerwünschten Kräuter auf dem Felde vorgeht.    

 

 

Jesus, der uns dieses Gleichnis erzählt, ist zuversichtlich, dass die Unkräuter nicht überhandnehmen. Zumal bei der Ernte auch klar festzustellen ist, was Unkraut und was Weizen ist. Solche Unkräuter gibt es, wie z.B. der Flughafer, der erst dann klar erkennbar ist, wenn er mit seiner Ähre über das Getreidefeld hinausragt. Im frühen Stadium ist nicht zu unterscheiden zwischen Kultur- und Unkrautpflanze. In der Regel wird bei der Ernte beides gedroschen und erst bei der Reinigung kann der Samen vom Flughafer aussortiert werden.

 

 

Die Zuversicht Jesu im Umgang mit dem Unkraut macht mir Mut am Jahresende. Vielmals habe ich versucht Neues zu säen. Viele gute Saat ist aufgegangen, aber auch manche Saat, die ich nicht gewollt habe, ist ins Kraut geschossen. Sie hat sich nicht so entwickelt, wie ich mir das gewünscht und gedacht habe. Das macht mich traurig und das Gute im Jahr droht zu überwuchern.

 

 

Ist diese Erfahrung nicht Teil unseres Lebens? Das was ich Gutes wollte kam nicht und das was ich nicht wollte, dass gedeiht und wächst. Paulus kennt diese Erfahrung und er schreibt an die Römer: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, was ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Rö.7,18-19)

 

 

So ist es ja oft mit unseren Vorsätzen für das neue Jahr. Wir alle können davon ein Lied singen und deswegen kenne ich viele, die sich keine Vorsätze mehr vornehmen, dann ist man auch nicht enttäuscht, wenn die Umsetzung scheitert. Aber ganz so einfach ist es ja auch nicht. Natürlich hat man Ziele, die man erreichen will, man lebt ja nicht einfach blauäugig in den Tag hinein. 

 

 

Aber die Erfahrung im Gleichnis stimmt mich nachdenklich in Bezug auf mein Leben. Was ist aus den Plänen geworden, wie wir unser Leben gestalten wollten? Oder anders, wie wird es sein, wenn wir im Alter auf unser Leben zurückblicken? Wird dann ein schönes Weizenfeld zu erblicken sein, das sanft im Wind weht? Oder werden wir auch viel Unkraut entdecken, ganze Distelinseln in Mitten des Weizenfeldes?

 

 

Jesu Gleichnis lässt mich darüber nachdenken, jetzt vielleicht nicht mit aller Gewalt die Distelinseln auszumerzen. Dabei könnte mehr kaputt gemacht werden, als die Sache einbringt. Lieber wachsen lassen und dann bei der Ernte die Distelinseln umfahren und dann zum Schluss die Disteln verbrennen.

 

Könnte ich so mit meinen verunkrauteten Lebensorten umgehen? Damit leben, dass nicht alles 100% zig in Ordnung ist und dass ich kein Muster von einem Weizenfeld bin?

 

 

Jesu Gleichnis macht mir Mut, dass die gute Saat nicht so schnell vom Unkraut überwuchert werden kann und dass ich manchem zu Leibe rücken kann aber anderes vielleicht lieber stehen lasse, um nicht noch mehr zu zerstören.

 

Die Weisheit, das Eine vom Anderen zu unterscheiden, davon spricht das bekannte Wort von der Gelassenheit und den Mut: „Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das Eine vom Anderen zu unterscheiden.

 

Doch woher bekomme ich die Gelassenheit und den Mut zur rechten Entscheidung?

 

 

In den Gleichnissen zuvor wird vom Sämann und der Saat erzählt (Mt.13,3-9+18-23). Jesus ist der Sämann, der den guten Samen, das Wort Gottes, unter die Menschen aussät. Der Samen fällt auf unterschiedlichen Boden, unter die Dornen, auf den Weg, auf den Felsen und auf gutes Land. Vieles der Saat geht nicht auf, aber das, was auf gutes Land fällt, bringt so viel Ertrag, dass die Verluste dazu in keinem Verhältnis stehen. 

 

 

Hier in unserem Gleichnis geht es um das Himmelreich. Das Himmelreich in dieser Welt. Der Ort, an dem sich die Gemeinde Jesus versammelt. Menschen hören das Wort und kommen zusammen, aber es kommen auch andere hinzu, die die Gemeinde verderben. Im Gleichnis ist es der Feind, der über Nacht anderes, schlechtes aussät und die böse Saat geht dazwischen auf.

 

 

Das Gleichnis sagt uns, dass es in unserer Welt nichts Reines gibt. Den guten Weizen gibt es immer mit Unkraut.  Bei den einen mehr bei den anderen weniger. Jesus macht deshalb das Schlechte noch nicht gut, aber er akzeptiert, dass es so ist und ist zugleich zuversichtlich, dass die gute Saat kraftvoll genug ist bis zur Ernte. 

 

 

Ernte ist immer auch ein Synonym für Gericht. Wir alle stehen unter dem Gericht Gottes. Er wird am Tag des Gerichts unser Leben betrachten. Das Unkraut wird als solches erkannt und verbrannt werden, aber auch das Gute wird erkannt und eingebracht werden.

 

 

Können wir so gnädig mit uns sein? Können wir mit dem Makel des Unkrauts in unserem Leben unseren Weg ins neue Jahr gehen? Können wir Christus den Erntetag überlassen, es ihm überlassen, die Frucht unseres Lebens einzubringen und das andere zu beseitigen?

 

 

Dann können wir auch dieses alte Jahr getrost in Gottes Hände zurücklegen, dankbar sein für das Gelungene, für den Segen, den wir für andere und uns sein konnten. Und das, was misslungen ist und worin wir gescheitert sind, das wollen wir der Barmherzigkeit Christi überlassen.

 

Ich wünsche mir, dass es ihnen und mir  zum Jahreswechsel gelingt, zuversichtlich in das neue Jahr hineinzugehen und uns darauf zu freuen, was Christus Neues in uns wachsen lassen will.

 

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

 

 

 

Lied: EG 166,4-6 Mach mich zum guten Lande …

 

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Mt.13,24-30, Altjahresabend 31.12.2021.p
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Predigt vom 26.12.2021


Predigt: Jesaja 7,10-14

(Perikope IV)

Predigt von: Pfr. Michael Becker
26.12.2021
Sonntag: 2. Weihnachtstag
Wochenspruch: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ (Johannes 1,14a)
Lesung: Johannes 1,1-5.9-14 (16-18)
Wochenpsalm: Psalm 98 / EG 739
Lied: EG 30,1-4 Es ist ein Ros entsprungen ...

 

 

 

Foto: U. & A. Becker

Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.
Predigttext: Jesaja 7,10-14
Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach:
Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe!
Aber Ahas sprach: Ich will's nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche.
Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist's euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen?
Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.

 

Gottes Nähe – unsere Zuversicht
Liebe Gemeinde,
Weihnachten beginnt schon 700 Jahre vor Jesus, liebe Gemeinde. Da gibt es eine eigenartige Auseinandersetzung zwischen drei Personen: Gott ist die eine Person, ein König namens Ahas ist die zweite und der Prophet Jesaja die dritte Person. Die drei haben ein Gespräch, das verwundert.
Gott selbst nämlich sagt zum König Ahas: Fordere doch ein Zeichen von Gott, damit du ihn erkennst. Das lehnt der König ab und sagt: Nein, ich will Gott nicht versuchen – was so viel heißt wie: Ich will Gott nicht unnötig herausfordern. Das ruft den anwesenden Propheten Jesaja auf den Plan. Erst ist er ein wenig streng und bittet, Gott nicht müde zu machen, dann aber sagt er: Der HERR selbst wird euch ein Zeichen geben. Und was für eins. Hören Sie vier Verse aus dem Propheten Jesaja im 7. Kapitel:
Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach:
Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe!
Aber Ahas sprach: Ich will's nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche.
Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist's euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen?
Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.
In diesem Moment beginnt Weihnachten. Nämlich als große Sehnsucht von Menschen nach einem nahen Gott, nach Zeichen seiner Nähe und zugleich als Versprechen Gottes, dass er diese Nähe möglich macht. Seit diesem Augenblick, diesem eigenartigen Gespräch dreier Personen, warten und sehnen sich Menschen nach der einzigartigen Nähe Gottes, die im Namen des angekündigten Kindes schon deutlich erklingt: IMMANUEL, das heißt: Gott ist mit uns. Er ist, wie es ein Psalm (121,5) ausdrückt, wie Schatten über unserer rechten Hand, also
immer in unserer Nähe.
Und dann kommt es ja genau so: In Bethlehem wird ein Kind geboren; Engel verkünden eine große Freude für alles Volk; Hirten und Könige beten an – die alte, 700 Jahre alte Sehnsucht erfüllt sich für die, die Gott erkennen und seine Nähe fühlen. Wie zum Beispiel einer der berühmten Träger des Namens Immanuel, der Philosoph Immanuel Kant (1724–1804). Er hat
einen Satz gesagt, der direkt ins Herz gehen kann.
Immanuel Kant lebte zeitlebens in Königsberg. Die Stadt gehörte damals zu Preußen und ist seit 1946, als Kaliningrad, eine Stadt in Russland. Kant war ein bedeutender Philosoph, der nie geheiratet hat und ein ungewöhnlich pünktlicher Mensch gewesen sein soll. Nicht er habe zur Kirchturmuhr geschaut, sondern die Uhr wurde nach ihm gestellt. Wenn er seinen täglichen Spaziergang durch die Stadt machte, heißt es, konnte man die Uhr am Kirchturm genau einstellen, da Kant immer zur genau gleichen Zeit vorbeikam.
Kants Philosophie hat viele Nachfolger bewegt und beeindruckt. Sie war so klar wie nüchtern, oft aber auch schwer verständlich. Er betrachtete und bedachte das Leben, wie es ist; er spekulierte nicht. Nur manchmal leuchtete auch etwas von Gott in seinen Worten, dessen Vornamen Immanuel er ja schließlich auch trug. Und so schrieb er einmal etwas, was ich auf einem Kalenderblatt gelesen und nie mehr vergessen habe, weil ich es so schön und wertvoll finde. Er schrieb: In schwierigen Zeiten gibt es eine gewisse Pflicht zur Zuversicht.
Ich finde den Satz großartig: In schwierigen Zeiten gibt es eine gewisse Pflicht zur Zuversicht.
Wenn wir wohlauf sind und es uns und unseren Lieben gut geht, fällt uns Zuversicht vermutlich nicht so schwer. Sie ist dann wie von alleine da, könnte man sagen. Die ernstere Prüfung für Zuversicht sind die schwierigen Tage und die schwierigen Zeiten. Vielleicht hätte Jesus es ähnlich sagen können, als er dann, etwa dreißig Jahre nach seiner Geburt, durch die Lande Judäa und Galiläa zog, von Gott erzählte und manchmal Menschen heilte. Aber noch mehr als zu heilen sprach er ja. Er nahm Menschen bei der Hand, stritt auch mit ihnen, mahnte sie manchmal – vor allem aber sagte er ihnen gute Worte. Gute Worte sind solche,
die uns etwas Zuversicht geben. Zum Beispiel, als er mit Menschen an oder auf einem Berg war und ihnen sagt (Matth. 6,33-34): Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, und sorgt euch nicht so viel; euer himmlischer Vater weiß doch, was ihr braucht und wessen ihr bedürft.
Das ist Zuversicht in Reinkultur, könnte man sagen. Die Worte allein tun schon gut. Dennoch müssen wir uns ja fragen: Worauf gründet sich denn Zuversicht? Warum können wir die Zuversicht haben, von der Jesus spricht und die der berühmte Immanuel Kant sich sogar als eine Pflicht wünscht für schwierige Zeiten?
Darauf kann es nur die Antwort geben, die Jesus hier schon gibt. Gott weiß, was wir brauchen und wessen wir bedürfen. Wir brauchen Essen, Trinken, ein Dach über dem Kopf und Menschen, die uns achten und mögen. Menschen, die ihre Haustür für uns offen halten, bildlich gesprochen – wie Gott seine Tür offen hält für alle, die sich an ihn wenden. Er weiß, dass wir reden müssen, dass wir uns aussprechen müssen. Er weiß auch, dass wir manchmal schuldig werden oder den Faden verlieren, den roten Faden fürs Leben.
Zuversicht ist nicht, dass wir immer wissen, wo’s langgeht, und immer einen Rat zur Hand haben; Zuversicht ist, dass wir in schwierigen Zeiten nicht alleine sind – dass wir also zu Menschen und zu Gott sprechen können über all das, was uns belastet. Ich erinnere mich an ein kleines Gespräch, von dem ich einmal hörte. Da sagte eine Frau zu einer anderen Frau:
Ich bin dir so dankbar. Wieso denn, erwiderte die andere, ich habe doch gar nichts gemacht?
Und die eine sagte: Doch. Du konntest zwar an meiner Not nichts ändern, aber du hast auf die Not gehört.
Daraus wächst etwas Zuversicht. Dass ein anderer oder eine andere aufmerksam auf mich hört, vielleicht nichts ändern kann, aber ein wenig mittragen kann. Zuversicht ist also nicht, dass man immer einen Rat hat oder etwas besser weiß, sondern dass man da ist, einfach da ist. Das hilft wirklich in schwierigen Zeiten. Oder, wie es Immanuel Kant auch einmal geschrieben hat: Mir hilft immer sehr die Erinnerung an die vier Worte aus dem Psalm 23: Du bist bei mir.
In Jesus und seinem Gottvertrauen erfüllt sich, was der Prophet Jesaja 700 Jahre zuvor angekündigt hatte: Es wird IMMANUEL kommen, das heißt: Gott ist mit uns. Jesu Nähe ist die Nähe Gottes. Nicht nur zu Jesu Zeiten auf der Erde, sondern bis heute. Jesu Worte haben ihre Gültigkeit nicht verloren. Wir dürfen uns auch manchmal wie an dem Berg fühlen, an dem Jesus zu Menschen spricht, die wohl eher zu den sogenannten „kleinen Leuten“ zählten, zu den besorgten und angefochtenen. Wen es in die Nähe Gottes drängt wie uns heute,
möchte etwas hören, was Zuversicht gibt.
Das bekommen wir. Jesus, das Kind, der Mann, der Sohn Gottes, gibt es uns in seinen Worten. Er nimmt unsere Sorgen ernst, er vertröstet uns nicht auf bessere Zeiten, er redet auch nichts schön. Aber er geht einen Schritt über unsere Sorgen hinaus und sagt: Euer himmlischer Vater weiß doch, was ihr braucht und wessen ihr bedürft; darum sorgt euch nicht zu viel.
Gebt eure Sorgen auch in Gottes Hände, könnte das heißen. Und, vor allem: Vergesst über euren Sorgen die Sorgen anderer nicht, bittet uns Jesus und nennt dies Reich Gottes. So findet ihr Zuversicht. Die Hand, mit der ihr andere haltet, wird euch auch selber halten. Die Zuversicht, die ihr anderen schenkt, leuchtet euch auch selber. Das ist Gottes Versprechen in
dem Wort: IMMANUEL.
Frohe Weihnachten uns allen.
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: EG 39,1-7 Komm und lasst uns Christus ehren....


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Jes.7,10-14 2. Weihnachtstag.pdf
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Predigt 25.12.2021

 


Predigt: 1. Johannes 3,1-2(3-5) (Perikope IV)
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
25.12.2021
Sonntag: 1. Weihnachtstag

 

Wochenspruch: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit“ (Johannes 1,14a)
Lesung: Johannes 1,1-5.9-14(16-18)
Wochenpsalm: Psalm 96 / EG 738
Lied: EG 27,1-4 Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, ...

 

 

                                                                                                                                                                                                                Foto: U. & A. Becker

Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.
Predigttext: 1. Johannes 3,1-5
3,1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen –
und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Und ein jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist.
Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht, und die Sünde ist das Unrecht. 5 Und ihr wisst, dass er erschienen ist, damit er die Sünden wegnehme, und in ihm ist keine Sünde.


Die Botschaft von Weihnachten verändert unser Leben
Liebe Gemeinde,
ich war in der vorweihnachtlichen Zeit unterwegs mit meinem Auto und hörte
Deutschlandradio. Das Thema sind die Engel. Das Gespräch drehte sich um das Phänomender Engel. Es wurde der Frage nachgegangen, ob es sie gibt. Ich musste schmunzeln, weil ich erst am 4. Advent im Gottesdienst für die Kinder das Thema hatte „Engel Gottes sind da!“ Es war ein schöner und gelungener Gottesdienst. Die Kinder waren hellwach dabei und wir hörten die Weihnachtsgeschichte, als der Engel Gabriel zu Maria kam und ihr verkündigte,
dass sie bald den Heiland und Retter für die Welt gebären wird. Später dann die Szene bei den Hirten, als die Engel ihnen verkündigten, dass Jesus im Stall geboren wurde.
Die Frage im Radio beschäftigte uns nicht. Wir hörten die Botschaft der Engel: „Hab keine Angst!“ und den Auftrag der Engel, den Menschen zu verkündigen, dass Gott nahe bei ihnen ist und sie zeigen uns wo wir Gott finden. Damals wiesen sie den Hirten den Weg in den Stall und so tun sie es bis heute. Sie weisen auf Gott hin, dessen Nähe wir so oft in unserem Alltag vergessen und ihn nicht spüren. Engel erinnern uns daran: Gott ist da! Habt keine Angst!
Die Diskussion im Radio geht weiter und ich hörte zu. Als die Sendung zu Ende war, wurde die nächste Gesprächsrunde für den Abend abgekündigt. Das Thema war Jesus, ob er wirklich vor 2000 Jahre geboren ist. Ist das Weihnachtsdatum historisch? Kamen die Weisen aus dem Morgenland? Was hat an jenen Abend als Stern geleuchtet, wie war die Planetenkonstellation? Viele Fragen und ich hätte mir gerne die Sendung angehört.
Dann kommt eine Traurigkeit in mir hoch. Warum ist für immer mehr Menschen
Weihnachten so ein leeres Fest geworden? Es wird als Fest der Liebe und des Friedens gefeiert und angepriesen, als ob wir es machen könnten, wenn nur die duftende Weihnachtsgans auf dem Tisch steht, wenn wir uns alle bemühen, dann kommt der Friede und die Liebe in unsere Familie ganz von allein. Dabei haben wir hier schon das Wesentliche von Weihnachten nicht verstanden: Gott tut etwas für uns! Er kommt zu uns als kleines Kind in einem armseligen Stall! Was hier seinen Anfang nimmt, das hat Auswirkung auf unser Leben.
In dem kleinen Kind im Stall, so Johannes in seinem Brief an die Gemeinden, werden wir zu Kinder Gottes. Ich finde, das hat Johannes großartig auf dem Punkt gebracht. Schöner kann man es nicht sagen. Gott kommt uns mit seinem Sohn so nahe, dass wir seine Kinder werden.
Das unterscheidet sich fundamental von dem was ich im Radio höre. Man redet sich im Radio den Mund fusselig über die vielen Fragen, die im Grunde doch am Kern dessen vorbei gehen, was in jener Nacht geschehen ist. Es geht doch in erster Linie nicht darum, ob Jesus exakt am 24. Dezember im Jahre 0 geboren ist. Dieser Termin ist erst 400 Jahre später festgelegt worden, weil dieser Tag wunderbar geeignet ist die Geburt Jesus zu feiern. Denn in dieser Zeit ist es bei uns am Dunkelsten. In die Nacht, in die Dunkelheit der Welt, erscheint
Gottes Licht. Jesus ist dieses Zeichen des Lichtes Gottes. So wie Johannes in seinem Evangelium schreibt: „In Jesus war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht scheint in der Finsternis ...“ (Joh.1,4-5).
Weihnachten werden wir zu Gottes Kindern. Wir werden es, weil Gott uns liebt. Mit seinem Sohn hat er uns zu seinen Kindern gemacht. Im weihnachtlichen Licht erkennen wir uns als Kinder Gottes.
Das ist ein anderes Licht, als das, was uns in der weihnachtlichen Zeit vorgegaukelt wird. Es ist nicht das Licht der Lichterketten, der aufgeblasenen Weihnachtsmänner, die an irgendwelchen Häusern hochklettern und den Rehen und Rentieren, ob mit oder ohne rote Nase, mit den Schlitten des Weihnachtsmannes. Dieses Licht will nur das Licht Christi überblenden oder unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken, was uns glücklich
machen will, auf ein schwarzes Getränk, dass zu viel Zucker hat und uns doch nur für kurze Zeit aufzuputschen vermag.
Das Licht von Weihnachten erscheint so hell, sodass die Engel sagen müssen: „Fürchte dich nicht!“ (Lk.1,30 u.2,10) In diesem Licht sehen wir uns als Menschen, wie wir vor Gott sind.
Da erkennen wir uns selbst. Gottes Herrlichkeit ist für uns Menschen unerträglich.
Der Prophet Jesaja, als Gott ihm erscheint, ruft erschreckt aus: „Weh mir ich vergehe!“
(Jes.6,5). Wir brauchen also den Zuspruch von Gott, dass wir uns nicht fürchten müssen, weil er uns heilen und retten will. Das ist die Botschaft von Weihnachten, die uns die Engel verkündigen: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lk.2,10-11)
Weihnachten ist Gottes Reden an uns. Er richtet an uns eine Botschaft und er erwartet von uns eine Antwort, eine Reaktion. Die Hirten damals brachen auf und fanden das Kind, wie die Engel gesagt hatten. So ergeht es allen in der Weihnachtsgeschichte. Maria, die die Worte des Engels Gabriel vernahm und mit ihrem Leben einwilligte, Josef, dem der Engel im Traum erschien war und der dann für Maria und das Kind sorgte, den Weisen, denen die Engel im Traum erschienen sind und die auf einem anderen Weg wieder heimkehrten und nicht zu
König Herodes gingen.
Weihnachten verändert unser Leben, nicht nur bei den Menschen, die damals nahe dran waren, sondern das gilt bis heute. Natürlich können wir uns von Fragen wie der aufhalten lassen, ob Jesus wirklich am 24. Dezember geboren ist. Oder wir können viel lesen, uns viel mit dem Versuch beschäftigen, selbst Weihnachten „zu machen“ und am Ende der Feiertage erschöpft in den Sessel fallen und mit uns hadern, ob wir uns all das, diesen Stress, nächstes
Jahr wieder antun wollen. Weihnachten bedeutet, erst einmal zu hören, was uns verkündigt wird und dann den Worten Vertrauen schenken. Das Vertrauen ist aber ein Aufbrechen. So wie Maria und Josef von Nazareth nach Bethlehem aufgebrochen sind, die Hirten von Ihrem Lager in den Stall und die Weisen aus dem Morgenland. Die Botschaft von Weihnachten macht etwas mit uns.
Von diesem Geheimnis spricht auch Johannes. In der Botschaft von Weihnachten hören wir, dass wir von Gott geliebt sind, dass Gott uns so sehr liebt, dass er unser Vater und wir seine Kinder sind. Mit diesem Bild wird die Innigkeit der Liebe Gottes zu uns zum Ausdruck gebracht. Es ist keine abstrakte Liebe, sondern eine Liebe wie die einer Mutter und eines Vaters zu seinem Kind. Es ist damit eine Beziehung gemeint, die diese Intensivität hat.
Solche eine Liebe bleibt nicht ohne Folgen. Das wissen wir, die wir Eltern oder Großeltern sind. Wir sehen die Auswirkung, die wir unsere Kinder im Leben begleitet und geliebt haben
– zuweilen auch schmerzlich, wenn wir eigenes Versagen erkennen müssen. Wer von uns Eltern könnte sagen, dass er ohne Fehler war. Gnade ist es, wenn die Kinder doch „wohlgeraten“ sind.
Christsein heißt, diese Liebe Gottes zu mir immer wieder neu zu entdecken, darin hinein zu fliehen, wenn unser Leben uns anklagt, wir schuldig geworden sind, dann gewiss zu sein, dass Gottes Liebe immer noch größer ist und dass er mich nicht verstoßen wird.
Von „Sünde“ spricht Johannes. Sünde ist das, was uns von Gott trennt. Sünde ist in unserem finsteren Herzen, ist Neid, Missgunst, einander nicht vergeben können, nachtragend zu sein,
... all das, was in unserem Herzen ist kann im Lichte von Weihnachten in uns aufgedeckt werden und wir erkennen es.
Aber, uns ist ja in der Krippe der Heiland geboren und er will uns heil machen. Und so kann das geschehen, was seitdem den Hirten geschah und dann immer wieder Menschen erleben, wenn sie zum Heiland kommen mit ihrer Schuld und Last: „Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie dann zu ihnen gesagt war.“ (Lk.2,20)
Das wünsche ich Ihnen, dass Sie Weihnachten viel Grund zur Freude haben, dass die Weihnachtslieder im Ev. Gesangbuch Sie wieder in das Geheimnis von Weihnachten hineinführen und dass die Botschaft Sie verändert, weil Sie sich von Gott geliebt wissen.
Zum Schluss noch die Verse 1-2 des Johannes: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! Darum kennt uns die Welt nicht; denn sie kennt ihn nicht. Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“
Weihnachten ist nicht nur ein Ereignis von vor 2000 Jahren, nicht nur unsere eigene Gegenwart, sondern – so Johannes – auch unsere Zukunft. Wir gehen dem ewigen Weihnachten entgegen. Wir werden Gott sehen, wie die Hirten das Kind im Stall gesehen haben. Dann werden wir die Kinder sein, die in Gottes Haus einkehren und Gott in seiner Liebe zu uns erkennen.
Weihnachten ist also ein Fest der Veränderung. Es stellt die Welt auf dem Kopf. Gott kommt als kleines Kind in einem armen Stall zu uns und doch ist dieses Kind unser Heiland. Er wird es sein, der den Tod überwindet, der unsere Sünde vergeben kann, und er macht uns zu Kindern Gottes.
Das Lied 542 „Stern über Bethlehem“ spricht davon. Das Licht von Weihnachten erleuchtet uns und verändert uns. Das wünsche ich Ihnen: Dass sie Gottes Liebe begegnen und erkennen, dass sie Gottes geliebtes Kind sind.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre  unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: EG 542,1-4 Stern über Bethlehem....

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1.Joh.3,1-2(3-5), 1.Weihnachtstag 25.12.
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Predigt Heiligabend 2021

 

Foto: U.& A. Becker

 

 

 

 

Predigt: Lukas (Perikope V)

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

24.12.2021

 

 

Sonntag:                             Heiligabend

 

 

 

 

 

Wochenspruch:               „Fürchte dich nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lukas 2.10b.11)

 

Lesung:                               Micha 5,1-4a

 

Wochenpsalm:                  Philipper 2,6-11 / EG 760

 

 

 

Lied: O du fröhliche …

 

Kanzelgruß:

 

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

 

 

EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

 

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

 

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

 

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

 

 

Predigttext: Lukas 2,1-20

 

Jesu Geburt

 

2,1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.

 

4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6 Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

 

15 Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

 


Foto: Gettymages.com/Loop Delay

 

 

Ein Kind – das sieht Gott ähnlich!

 

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

 

als auf einer Pfarrkonferenz die Weihnachtsaktion „Ein Kind – das sieht Gott ähnlich“ vom Kirchenkreis Schwalm-Eder mit dem obigen Bild vorgestellt wurde, hat es mich gleich angesprochen. Ein neugeborenes kleines Kind wird von einer starken Hand gehalten.

 

 

Das Bild zeigt die Herausforderung der Botschaft von Weihnachten. Uns ist heute ein Kind geboren. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe, so erzählen es die Engel in der Heiligen Nacht.

 

Ich betrachte das Kind auf dem Bild. So ein kleines Kind, wie auf dem Bild, so liegt Jesus, der Sohn Gottes, in der Krippe. Es liegt in einem armen kleinen Stall, weil sonst kein Raum für das Kind da war.

 

 

Die Hirten finden das Kind. Erzählen Maria, was sie draußen auf dem Felde erlebt haben und was die Engel ihnen über dieses Kind erzählt haben. Nur mit Hilfe der Engel haben sie das kleine unscheinbare Kind gefunden. Sie sehen das Kind und sie bringen das Gehörte mit diesem Kind zusammen. Sie glauben den Worten, die ihnen verkündigt worden sind. Und als sie das Kind genug betrachtet haben heißt es: „Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn ihnen gesagt war.“ (V.20)

 

 

Es ist das Stauen, was der Glaube sieht. Gott kommt als Kind. Er, der unsichtbare Gott, wird sichtbar – ausgerechnet als kleines Kind. Gott kommt so, dass jeder zu ihm kommen kann. Keinem wird der Zugang zum Stall verwehrt. Keine Palastwachen stehen davor und versperren den Eingang. Alle können kommen, die armen Hirten – und später auch die wohlhabenden und angesehenen Weisen aus dem Morgenland.

 

 

Das Kind fordert unser Denken über Gott heraus. Wie alles, was noch folgen wird. Das, was wir in den Evangelien lesen, was dieser Jesus Christus im Namen seines Vaters tun wird. Gott irritiert. Er sprengt alle Schubladen unserer Gottesbilder, Definitionen und Begriffe, mit denen wir versuchen, Gott zu begreifen.

 

 

Es ist nicht nur das Kind in der Krippe, es ist auch der Ort, der armselige Stall, es ist die kleine unbedeutende Stadt Bethlehem, in einer kleinen römischen Provinz im riesigen römischen Imperium.

 

Ja, es geht noch weiter, Maria, eine junge unbedeutende Frau, ihr Mann ist ein Zimmerer. Gäbe es da nicht bessere gesellschaftliche Stellungen, in die das göttliche Kind hineingeboren werden könnte?

 

 

So geht das Leben des Gottessohnes weiter. Er hat keine Macht, zumindest keine politische. Er kämpft nicht mit Waffen, sondern spricht von dem Reich Gottes, dass mit ihm gekommen ist. Er heilt Menschen und gibt ihnen zu Essen. Er spricht von Gott, wie von einem Vater, den wir Menschen auch so ansprechen dürfen. So wie er Gottes Sohn ist, so sind wir seine Kinder.

 

 

Die Menschen kommen da nicht mit. Der Gott, von dem er spricht, ist nicht der Gott, den sie meinten zu kennen. Am Ende seines Wirkens werden sie ihn ans Kreuz schlagen. Er lässt es zu und erträgt alle Schuld und Verblendung der Menschen. Wer mag das verstehen?

 

 

Zu verstehen gibt es nichts. An Weihnachten beginnt das, was Christsein ist: Aufbruch zu Gott, zum Kind! Betrachten von Gottes Kind in der Krippe! Unser Herz für die Botschaft öffnen und darauf vertrauen. Diesem Kind nachfolgen auf seinem Weg, indem wir das Evangelium lesen und hören, was er uns unterwegs zu sagen hat und es ihm nachtun.

 

 

Weihnachten ist ein neuer Anfang. Gott kommt als kleines Kind zu uns. Wir brauchen keine Angst zu haben. Wir dürfen es in unsere Arme nehmen und an unser Herz drücken und lieben. Dann beginnt bei uns das, was die Hirten damals erfahren haben. Sie lobten und priesen Gott für alles was sie gehört und gesehen hatten.

 

 

Weihnachten nehmen wir heute Abend mit. Wie geht das? Von Maria wird gesagt, dass sie all die Worte in ihrem Herzen bewegte (vgl. V.19). Die Botschaft von dem Kind im Herzen bewegen. In diesem kleinen Kind ist uns der Heiland geboren, der uns heilen will. In diesem kleinen Kind kommt Gott uns so nahe und die Engel sagen uns: „Fürchtet euch nicht!“ (V.10).

 

 

Paul Gerhard hat es in seinem Lied „Ich steh an deiner Krippe hier…“ (EG 37) im 1.+9. Vers so wunderbar zum Ausdruck gebracht, wie wir Weihnachten mitnehmen können:       

 

1. Ich steh an deiner Krippen hier, / o Jesu, du mein Leben;

 

ich komme, bring und schenke dir, / was du mir hast gegeben.

 

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, / Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

 

und lass dir’s wohlgefallen.

 

9. Eins aber, hoff ich, wirst du mir, / mein Heiland, nicht versagen:

 

dass ich dich möge für und für / in, bei und an mir tragen.

 

So lass mich doch dein Kripplein sein; / komm, komm und lege bei mir ein

 

dich und all deine Freuden.

 

Text: Paul Gerhardt 1653 / Melodie: Johann Sebastian Bach 1736

 

 

 

Weihnachten zieht da ein, wo dieses Kind hineingelassen wird und seine Krippe findet, in unser Herz. Der Einzug beginnt, indem wir im Gebet Christus, unseren Heiland bitten, dass er in unser Herz einziehe. Das kann in ganz einfachen schlichten Worten geschehen. Sie sind eingeladen, dieses Gebet mit mir zu beten und so wird Christus bei ihnen einziehen:

 

 

Herr Jesus Christus, heute ist Heiligabend.

 

Ich höre die Geschichte von Weihnachten.

 

Du kommst als kleines Kind zu uns, in einen armseligen Stall.

 

Die Hirten freuen sich, als sie dich finden.

 

Ich bitte dich, lass mich dich auch finden.

 

Ich möchte dein Kind sein.

 

Komme und wohne Du in meinem Herzen,

 

damit es bei mir Weihnachten wird.

 

Lebe in meinem Herzen und lass mich auf dich hören lernen.

 

Schenke mir Mut, deine Worte zu leben.

 

Amen.

 

 

 

Lied: 37,1-9 Ich steh an deiner Krippe hier …

 

 

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Predigt vom 19.12.2021

Predigt: Lukas 1,26-38 & 2,1-20
Predigt von: Pfr. Stefan Wagener
19.12.2021
Sonntag: 4. Advents- und Weihnachtsgottesdienst für Kinder
Wochenspruch: „Freuet euch in dem Herrn alle Wege, und abermals sage ich:Freuet
euch! Der Herr ist nahe!“ (Philipper 4,4.5b)
Lesung: Philipper 4,4-7
Wochenpsalm: Psalm 145 / EG 756
Lied: EG 43,1-4 Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all, ...
Kanzelgruß:
Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus
Christus. Amen
EG 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.
Predigttext: Lukas 1,26-38 (39-56)
Die Ankündigung der Geburt Jesu
Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa,
die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom
Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach:
Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und
dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du
hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn
gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des
Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende
haben.
Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß?
Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die
Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird,
Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger
mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie
unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich
bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.
Jesu Geburt
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle
Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da
Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein
jeder in seine Stadt.
4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur
Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war,
damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und

2
als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn
und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum
in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen:
Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das,
was ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
Die Engel Gottes sind da ...


Liebe Kinder, liebe Gemeinde,
auch in diesem Jahr können wir kein Krippenspiel aufführen. Das ist sehr schade! Ich habe mich jedes Mal sehr gefreut, wenn ich Euch beim Krippenspiel zusehen konnte. Ihr Kinder habt mit den Mitarbeiterinnen uns immer eine schöne Geschichte erzählt und vorgespielt.
Ihr habt Euch wunderbar verkleidet. Ihr wart dann der Wirt, der keine Herberge für die heilige Familie mehr hatte, oder ihr wart die Hirten, die in der Nacht von der Botschaft der Engel überrascht worden sind. Wieder andere haben die drei Weisen gespielt, die einen Stern gesehen haben und ihm gefolgt sind, bis sie ihren König im Stall gefunden haben und natürlich durften auch die Engel nicht fehlen. Was wäre die Weihnachtsgeschichte ohne die Engel?
Ich hoffe, liebe Kinder, dass wir im nächsten Jahr wieder Krippenspiele von Euch sehen werden. Heute haben wir einen Film gesehen. Der Film begann damit, dass Maria im Haus arbeitete und plötzlich kam ein Engel zu ihr. Der Engel hat sogar einen Namen. Wisst Ihr noch, wie der Engel hieß? Ja, richtig, dass war der Engel Gabriel. Es war also ein Mann! Mir fällt auf, dass meistens die Mädchen die Engel spielen! Aber zu Maria kann ein Engelmann.
Vielleicht spielen beim nächsten Krippenspiel auch ein paar Jungs die Engel! Hättet Ihr dazu Lust? Das wäre Mal etwas ganz Besonderes.
Und was sind die ersten Worte des Engels Gabriel an Maria? Richtig: „Fürchte dich nicht!“
Das ist aber seltsam? Hättet Ihr Angst vor einem Engel? Ich denke nicht. Engel sind doch immer so schön und niedlich. So wie wir hier die Engel auf dem Altar und hier in der Kirche überall sehen. Vor denen muss man sich doch nicht fürchten.
Aber, liebe Kinder, es ist schon was anderes, ob Mama und Papa in unserer Wohnung überall Engel aufstellen und somit unsere Wohnung so schön weihnachtlich machen – oder ob plötzlich neben uns ein leibhaftiger Engel steht. Damit rechnen wir erst einmal nicht, auch wenn wir Engel kennen und wissen, dass sie Boten Gottes sind.
Aber die Engel sind so. Sie wissen, dass wir Menschen uns manchmal fürchten, wenn sie so plötzlich im Auftrag Gottes auftauchen und in das Leben der Menschen treten. Deshalb sagen sie immer: „Fürchtet euch nicht!“ Ich finde das toll. Dann weiß man gleich woran man ist.
Vielleicht denkt Ihr, nun gut, Maria war allein, da macht es Sinn, dass der Engel Gabriel sagt „Fürchte dich nicht!“. Aber nein, auch bei den Hirten, die nicht allein waren, auch da spricht der Engel, den wir nicht mit Namen kennen dieselben Worte: „Fürchtet euch nicht!“.
Engel haben also eine Botschaft an uns. Im Auftrag Gottes sagen sie uns: „Fürchtet euch nicht!“ Und deshalb finde ich es toll, dass in der Weihnachtzeit so viele Engel überall aufgestellt werden. Gerade jetzt, wenn es draußen so dunkel ist, da geht man nicht gerne allein raus. Da ist man froh, wenn einer mit geht und dass wir wissen, dass Engel Gottes auch an unserer Seite stehen. Wir können sie nicht sehen, aber Gott sendet seine Engel zu uns. Sie sind an unsere Seite und so brauchen wir uns nicht zu fürchten. Und jede Engelfigur spricht uns leise zu: „Fürchte dich nicht!“ Das finde ich wunderbar!
Die Engel sagen uns aber noch viel mehr. Jeder Engel ist ein Zeichen, dass Gott da ist. Wir vergessen es oft. Wir denken nicht an Gott. Die Engel aber, die Gott zu uns sendet, die erinnern uns daran. Wir brauchen uns nicht zu fürchten, weil der Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, dieser große Gott, der ist mit seinen Engeln ganz nahe bei uns.
Die Engel sind Gottes Boten. Sie sagen uns, was Gott mit uns vorhat. Z.B. an Weihnachten sagen sie uns, dass der Heiland und Retter der Menschen geboren ist. Ist das nicht wunderbar: Gott sendet seinen Sohn Jesus Christus, der als kleines Kind geboren wird und jeder kann es sehen. Maria hat das Kind geboren. Die Hirten können es finden, weil die Engel sagen, wo dieses Kind, dass der Heiland und Retter der Welt ist, in einer Krippe liegt. So finden sie es und als sie das Kind gesehen haben, kehren sie sehr froh wieder nach Hause zurück.
Das ist die Hauptaufgabe der Engel Gottes. Neben dem, dass sie uns die Angst nehmen, wenn sie zu uns sprechen „Fürchte dich nicht!“ zeigen sie uns wo Gott in dieser Welt zu finden ist. Damals bei den Hirten haben sie den Hirten den Weg zur Krippe erklärt und sie fanden es. Heute führen die Engel uns Kinder z.B. zum Kindergottesdienst. Oder sie zeigen uns, wie schön Gott die Welt gemacht hat, in dem sie uns einen schönen Vogel zeigen, der an unserem Futterhäuschen ein Korn herausholt. Wir lernen stauen, dass Gott alles so wunderbar gemacht hat und so denken wir an Gott.
Manchmal flüstern sie uns auch ins Ohr, dass wir mal ganz fest unsere Mama und Papa drücken, weil sie uns so liebhaben und für uns sorgen. Das wir „Danke“ sagen. Oder sie schenken uns die Idee, der Oma und Opa mal eine Postkarte zu schreiben und ihnen frohe Weihnachten zu wünschen. Was glaubt Ihr, wie Oma und Opa sich darüber freuen! Wenn Ihr keine Lust habt zum Schreiben, dann könnt Ihr auch anrufen. Das ist genauso gut!
Aber sagt mal Kinder, sind die Engel nur Weihnachten da? Man könnte es meinen, weil man am Weihnachten die meisten Engel sieht. Sie sind dann überall in unsere Wohnung und man sieht viele Bilder von ihnen. Aber das das ist nicht so. Gott ist mit seinen Engeln nicht nur Weihnachten bei uns. Er ist immer bei uns, so wie Mama und Papa oder Oma und Opa immer bei uns sind. Denn Gott hat uns lieb und deswegen sendet er seine Engel zu uns Kindern und zu allen Menschen. Die Engel Gottes sind immer da! Darauf könnt Ihr euch verlassen. Ihr seid nie ohne Engel.
Wenn ihr so wollt ist immer für uns Weihnachten. So wie die vielen Engel uns in der Weihnachtgeschichte gezeigt werden, so ist es jeden Tag im Jahr. Ja, sogar mitten im heißen Sommer. Denn die Engel sind für uns da, damit sie uns das erzählen, was Gott gut findet. Sie machen uns Mut, selbst „Engel“ zu werden. Geht das? Ja, gewiss! Jeder der zu seinem Freund oder Freundin sagt: „Habt keine Angst!“ Der ist ein Engel. Oder wenn einer Hilfe braucht und man ihm hilft, dann ist man wie ein Engel, oder wenn andere Kinder ein anderes Kind ärgern und Ihr versucht, dass das Kind nicht mehr geärgert wird und dass alle zusammen spielen, dann seid Ihr auch Engel, denn ihr tut das, was Gott gerne möchte.
Engel sind im Auftrag Gottes unterwegs. Sie sagen das weiter, was Gott ihnen sagt, z.B. „Fürchtet euch nicht!“ Engel helfen den Menschen, und jeder Mensch, der anderen hilft, der ist wie ein Engel. Und zuweilen machen wir die Erfahrung, dass uns Engel helfen, anderen Menschen zu helfen. Da staunt man selbst, was man alles schaffen kann, wenn einem die Engel Gottes helfen. Das merkt man oft erst im Rückblick, dass der Engel Gottes in einer bestimmten Situation bei mir war, mitgeholfen oder beschützt hat.
Fragt mal Eure Eltern, ob sie Situationen kennen, wo etwas Geheimnisvolles ihnen geholfen oder sie beschützt hat – eben ein Engel! Das kann ich Euch versprechen: Die Engel Gottes sind da. Sie sind immer bei Euch. Damit Ihr das nicht vergesst, schenken wir euch heute etwas, dass Euch daran erinnert, dass Gottes Engel immer da sind.
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Lied: +119,1+2 Gottes Engel weichen nie ...
1. Gottes Engel weichen nie, nie von meiner Seite. / Stärken, trösten, helfen mir. / Gottes Engel mich begleiten.
2. Gottes Engel weichen nie, nie in finstern Zeiten. / Kämpfen, retten, führen mich. / Gottes Engel mich begleiten.Text und Melodie: Dirk Schliephake

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Lk.1,26-38+2,1-20, 4. Advent mit Kindern
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Predigt: Psalm 85 (Perikope III)

 

Predigt von: Pfr. Stefan Wagener

 

07.11.2021

 

Sonntag:                             Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres

 

 

 

 

Wochenspruch:               „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie        werden Gottes Kinder heißen.“ Matthäus 5,9

 

Lesung:                        Lukas 17,20-24

 

Wochenpsalm:          Matthäus 5: Die Seligpreisungen / EG 759

 

Lied: EG 450,1-5 Morgenglanz der Ewigkeit …

Kanzelgruß:

Die Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen

KW 561 Die Gnade unsers Herrn Jesus Christus

Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes

und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes

sei mit uns allen, mit uns allen! Amen.

 

Predigttext:

85, 1 Ein Psalm der Söhne Korach, vorzusingen.

2 HERR, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande und hast erlöst die Gefangenen Jakobs; 3 der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk und alle seine Sünde bedeckt hast; – SELA –

4 der du vormals hast all deinen Zorn fahren lassen und dich abgewandt von der Glut deines Zorns: 5 hilf uns, Gott, unser Heiland, und lass ab von deiner Ungnade über uns!

6 Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn walten lassen für und für?

7 Willst du uns denn nicht wieder erquicken, dass dein Volk sich über dich freuen kann?

8 HERR, erweise uns deine Gnade und gib uns dein Heil!

9 Könnte ich doch hören, was Gott der HERR redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, damit sie nicht in Torheit geraten.

10 Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Lande Ehre wohne; 11 dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen; 12 dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue; 13 dass uns auch der HERR Gutes tue und unser Land seine Frucht gebe; 14 dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe

und seinen Schritten folge.

Bei Gott bleiben

 

Liebe Gemeinde!

Mit dem heutigen Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr klingt das Ende des Kirchenjahres an. Bei der Lesung und Liedern für diesen und den folgenden Sonntagen, die uns noch bleiben, kommen die schweren Themen unseres Lebens zu Wort.

Wir möchten diese Themen gerne außen vor lassen, sie ausblenden und doch wissen wir, dass es nicht geht. Endlichkeit, Vergänglichkeit, Sterben, Tod, Schuld, Gericht und Ende der Zeit, all das wird jetzt angesprochen und es gehört zu unserem Leben. Welche Antworten haben wir auf diesen Teil unseres Lebens?

So freue ich mich, dass wir heute als Predigttext den Ps. 85 haben. Psalmen sind eine gute Quelle, um die oben angerissenen Fragen anzugehen. Die Psalmen sind deshalb gut, weil hier Menschen offen mit Gott reden. Alles was ihr Herz bewegt, kommt darin zum Ausdruck und deswegen sind sie bis heute eine unerschöpfliche Quelle für unser Leben mit Gott und für unseren Glauben.

Aus diesem Grunde werden die Psalmen in den Klöstern jeden Tag dreimal in den Andachten gebetet. Denn in den Psalmen spiegelt sich wieder wie der Mensch vor Gott ist und in ihm bleibt. In Ihnen wird alles ausgesprochen, was ein Menschenherz bewegt. Eine Offenheit treffen wir hier an, die uns verwundert und zuweilen erschreckt. Gott aber lässt es zu. Darin sehen wir die besondere Liebe Gottes zu den Menschen.

Die letzten Worte Jesu am Kreuz waren Psalmworte, die ihn Kraft gegeben haben seinem Vater zu vertrauen. Es waren Gebete aus dem Buch der Juden. Daran hat er sich gehalten. Und das ist bis heute nicht anders. Man schaue nur mal in Anzeigen der Verstorbenen in unserem Bechtelsbergboten an und deren Bibelworte. Wie oft sind es Psalmworte. Aber auch bei den Taufen und Konfirmationssprüchen ist es so.

Psalmen sprechen also aus dem Leben der Menschen und alles wird vor Gott gebracht. Und das sollten wir nie vergessen. In welcher Lebenssituationen wir auch sind, wir sollten das Buch der Psalmen aufschlagen und mit Hilfe der „alten“ Worte, das vor Gott aussprechen, wozu wir uns sonst gar nicht trauen würden. Jedoch ermutigen sie uns, unser Herz vor Gott ausschütten, damit es frei wird für das Hören auf Gott und uns zu öffnen für seinen Segen.

An unseren Psalm 85 können wir es heute wunderbar einüben. Das Reden mit Gott. Dem Psalmbeter geht es um den Segen Gottes, denn er erbittet ihn, weil er Gottes Gegenwart nicht mehr im Leben spürt und erlebt.

In diesem Psalm kann man drei Schritte dieses Reden mit Gott nachgehen.

 

1.      Erinnerungen an den Segen Gottes.

2.      Wissen um die eigene Schuld vor Gott.

3.      Darauf vertrauen, dass Gottes Liebe uns trägt.

 

Zu 1) Erinnerung an den Segen Gottes

In den Versen 2-4 werden die Erinnerungen an den Segen Gottes angesprochen. Die Erfahrung, dass Gott Schuld vergibt und hinweg nimmt. Die Erfahrung, dass er aus der Gefangenschaft befreit. Wir denken an die Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Gott hat den Hilferuf des Volkes gehört und es war seine Gnade und Barmherzigkeit, die ihn zur Tat veranlasste.

Aber auch das andere gehört zu den Erfahrungen der Menschen, dass der Zorn Gottes über sie hereinbricht. Zorn Gottes, die Glut seines Zornes der die Menschen damals erfahren haben. Das Gericht Gottes, was über sie hereingebrochen ist. Die Zerstörung ihrer Nation, die Heilige Stadt Jerusalem und der Tempel und die Verschleppung des Volkes nach Babylon. All das ist das Gericht, ist folge von Ungehorsam gegenüber den Geboten Gottes. Trotz der vielen Propheten, die Gott zu seinem Volk gesandt hat, wollten sie nicht hören, nicht umkehren.

In diesem Gericht stehen sie jetzt, die Beter des Psalm 85. Mitten im Gericht, mitten im Zorn Gottes. Mitten im all den Leid, das über sie hereingebrochen ist – mitten drin wenden sie sich nicht von Gott ab, sondern wenden sich ihm zu! Sie schweigen nicht. Sie laufen nicht zu den anderen Göttern der Siegermächte, die so scheinbar größer und stärker sind, als Ihr Gott der HERR.

Nein, sie bleiben bei ihrem HERRN. Sie reden mit ihm. Sie schütten ihr Herz vor ihm aus. Wir hören die Verse 5-8:

„Hilf uns, Gott, unser Heiland, und lass ab von deiner Ungnade über uns!

Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn walten lassen für und für?

Willst du denn nicht wieder erquicken, dass dein Volk sich über dich freuen kann?

HERR, zeige uns deine Gnade und gib uns dein Heil!“

Die Erinnerung des Volkes Israel an dem vergangenen Segen und Gnade Gottes, die sie erfahren haben, lässt sie nun im Gericht und Zorn Gottes sich nicht von ihm abwenden. Sie wenden sich ihm zu. Sie verstehen den Zorn Gottes als Ausdruck seiner Liebe zu ihnen. Denn auch das gehört zu den Erfahrungen der Juden, Gottes Zorn ist begrenzt, aber die Liebe zu ihnen bliebt. Gott ist im Zorn, doch immer auch der, der sie liebt und sich in seiner Liebe immer wieder dem Volk zuwendet.

Hier halte ich inne! Hier höre ich das Gebet und so möchte ich auch beten lernen. In meiner Not, in meiner Schuld, in meiner Krise, in meiner Kraftlosigkeit, in meiner Hoffnungslosigkeit, in meiner Wut – dass ich bei Gott bleibe. Das ich mit alldem mich zu Gott wende und nicht ablasse von ihm. Das kann ich von dem Beter von Psalm 85 und von der Geschichte des Volkes Israel bis heute lernen: Bei Gott bleiben!

Viele Menschen treffe ich an, die sich anders entscheiden. Sie wenden sich verbittert von Gott ab. Wie kann Gott das zulassen? Warum hat er nicht eingegriffen? Ich, die ich doch so ein guter Mensch bin?

Damit kommen wir zum Punkt 2: Wissen um die eigene Schuld vor Gott.

Ich kann verstehen, dass Menschen diese Fragen haben. Ich kenne diese Fragen nur so gut. Auch bei mir gibt es Zeiten, da wende ich mich von Gott ab, weil ich einfach nicht beten kann. Ich bin zu müde, zu enttäuscht und kann Gottes Handeln nicht verstehen. Und da ist es gut, dass wir Menschen haben, die für uns beten. Das wir einer Gemeinschaft angehören, die für einander vor Gott eintritt und betet. So wie damals in Israel. Da werden auch nicht alle zu Gott beten – aber einige tun es stellvertretend für das Volk. Hier im Psalm kommt es zum Ausdruck.

Bei Gott bleiben, das kann man bei den Psalmen lernen. Und deshalb liebe ich sie so sehr. Wie oft haben sie mir aus dem Herzen gesprochen, meine ganze Verzweiflung, meine Wut, meine Trauer, meinen Schmerz, das nicht verstehen können, was Gott jetzt gerade tut …

Mit Gott im Gespräch bleiben ist Segen. Nicht nur, dass alles rauskommt, was in unserem Herzen herummurt. Dass es gut ist, wenn es endlich herauskommt und nicht weiter in mir frisst. Das ist nur das eine, sondern im Reden mit Gott werden auch wir uns selbst erkennen, wer wir sind. Es kann dann auch deutlich werden, dass ich Schuld und Sünde auf mich geladen habe vor Gott und meinen Mitmenschen.

Ehrlich sein vor Gott, ihm sagen was ich denke, ist das eine. Gott wird aber auch uns mit Wahrheit begegnen. Er wird uns trösten, er wird uns aufrichten, er wird uns aber auch sagen, wo wir gesündigt haben, wenn es denn so ist. Gotteserkenntnis ist oft auch ein erkennen meiner Selbst im Spiegel der Liebe Gottes. Damit kommen wir zum dritten Punkt.

Zu 3) Darauf vertrauen, dass Gottes Liebe uns trägt.

Wenn wir in der Liebe Gottes unsere Schuld und Sünde vor Gott und dem Mitmenschen erkennen, dann werden wir den Zorn Gottes als das sehen, was es ist: Es ist Ausdruck seiner Liebe. Wir sind ihm nicht gleichgültig und egal, deswegen ringt und kämpft er leidenschaftlich um uns, dass sich in seinem Zorn zum Ausdruck kommt.

Das ist es, was die Juden uns bis heute vorleben, das grenzenlose Vertrauen in die Liebe Gottes zu seinem Volk. Nicht der Zorn, sondern seine Gnade, seine Treue, seinen Frieden, seine Gerechtigkeit, seine Barmherzigkeit sie werden doch am Schluss zum Segen für das Volk sein.   

Und so staune ich bis heute, dass ich immer noch bei Gott bin. Dass ich mich nicht von ihm abgewendet habe. Dass ich weiterhin vertrauen darf, dass seine Liebe mich trägt und so lasse ich mich mitnehmen vom Psalmbeter in seine wunderbaren Worte, die nun folgen. Worte der Hoffnung, des grenzenlosen Vertrauens, dass Gott seinen Zorn fahren lässt und sich segnend dem Volk zuwendet. Wir hören die Verse 9-14, die nun folgen:

„Könnte ich doch hören, was Gott der HERR redet, dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen, damit sie nicht in Torheit geraten.

Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Lande Ehre wohne; dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen;

dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;

dass uns auch der HERR Gutes tue und unser Land seine Frucht gebe;

dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe und seinen Schritten folge.“

Schöner kann man es nicht sagen und schöner kann ich es nicht beten. Das Vertrauen, dass Gottes Liebe mich umfängt und hält in allen auf und ab meines Lebens, in guten und in bösen Tagen, in den Tagen, an denen ich ein Segen bin und in den Tagen an denen ich schuldig werde an meinen Mitmenschen. Dass ich, wie immer es gerade um mich steht, dass ich mit Gott im Gespräch bleibe.

Denn mit Gott verbunden zu sein, mit ihm zu reden, ist für mein Leben ein Segen. 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

Lied: EG 283,1-6 Herr, der du vormals …

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Ps. 85, Drittletzter So. d Kirchenjahres
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Predigten von 2021 zum Download


Predigt vom 31.10.2021

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21.10.31, Reformationstag, FI.pdf
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Predigt vom26.09.2021

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Rö.10,9-17, 17.Son. n. Trinitatis, 26.09
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Predigt vom 19.09.2021

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Klag.3,22-26.31-32, 16. So. n. Trinitati
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Predigt vom 12.09.2021

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Jes.40,31 u.a. Konfirmation Berfa 12.09.
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Predigt vom 08.08.2021

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2.Mo.19,1-6, 10. So. n. Trinitatis Israe
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Predigt vom 01.08.2021

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Mt.7 24-27, 9. So. n. Trinitatis, 01.08.
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Predigt vom 25.07.2021

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1.Kor. 6,9-14+19-20, 8. Son. n. Trinitat
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Predigt vom 18.07.2021

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1.Kön.17,1-16, 7. Son. n. Trinitatis 18.
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Predigt vom 11.07.2021

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Mt.28,16-20, 6. Son. n. Trinitatis 11.07
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Predigt vom 27.06.2021

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1.Kor.1,18-25, 5. Son. n. Trinitaits 04.
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Predigt vom 13.06.2021

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1.Kor.14,1-12, 2. Son. n. Trinitatis (II
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Predigt vom 06.06.2021

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Jona, 1,1-2,2(3-10)11, 1. So. nach Trini
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Predigt vom 30.05.2021

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Joh.31-8(9-13) Trinitatis 30.05.2021.pdf
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Predigt vom 23.05.2021

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1.Mo.11,1-9 Pfingstsonntag 23.05.21.pdf
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Predigt vom 16.05.2021

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Joh.7,37-39 Exaudi 16.05.2021.pdf
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Predigt vom 13.05.2021

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Eph.1815-20a)20b-23 Himmelfahrt 13.05.20
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Predigt vom 09.05.2021

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Dan. 9,4-5;16-19 Rogate 09.05.2021.pdf
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Predigt vom 02.05.2021

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Lk.19,37-40 Kantate 02.05.21.pdf
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Joh.21,1-14 Quasimodogeniti 11.04.21.pdf
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Predigt zu OStern

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Mk.16,1-8 Ostersonntag 04.04.2021.pdf
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Predigt zum Karfreitag

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Jes.52,13-15, 53,1-12 Karfreitag, 02.04.
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Predigt zum Gründonnerstag

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Mt.26,17-30 Gründonnerstag 01.04.2021.pd
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Lesepredigt vom 28.03.2021

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Hebr.11,1-2(8-12.39-40); 12,1-3 Palmsonn
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Lesepredigt vom 21.03.2021


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Hiob 19,19-27 Judika III 21.03.2021.pdf
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Predigt zum 4. Sonntag der Passionszeit


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Joh.12,20-24 Lätare (III) 14.03.2021.pdf
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Predigt zum Sonntag Okuli


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Eph.5,1-2(3-7)8-9 Okuli III 07.03.21.pdf
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Predigt zum Sonntag Reminiszere



Passionsandacht


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Faltblatt, Passionsandacht 2021-1.pdf
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PRedigt zum Sonntag Invokavit

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Joh.13,21-30 k Invokavit 21.02.21.pdf
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Predigt zum 2. Sonntag vor der PAssionszeit/Sexagesimä


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Lk.8,4-8.pdf
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